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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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fühlt er sich in seiner Gastronomenehre gekränkt. Niels bringt Glanz in seine Hütte. Martin schneidet sich die Hand auf, und Niels bekommt gratis eine Flasche Wein serviert, damit er nicht beleidigt ist und vielleicht nicht mehr kommt.«
    Grafalk lachte. »Sie haben Recht. Die unerträglichsten Snobs sind die Gefolgsleute der Reichen. Wenn wir unseren Glanz verlieren, verlieren sie ihre Existenzgrundlage.«
    Während wir uns unterhielten, blickte Phillips mehrmals auf seine Uhr und sagte leise: »Äh, Niels.« Er erinnerte mich an ein Kind, das seine Mutter verstohlen am Rockzipfel zieht, ohne dass sie deswegen ihr Gespräch unterbricht; auch Grafalk schenkte ihm nicht mehr Aufmerksamkeit. Schließlich erhob er sich. »Äh, Niels, ich muss jetzt gehen. Ich erwarte -äh - Rodriguez.«
    Grafalk sah auf die Uhr. »Ich glaube, wir sollten alle langsam aufbrechen. Miss Warshawski, ich werde Sie zu Percy MacKelvy begleiten und mich erkundigen, wo sich die >Bertha Krupnikx jetzt befindet.« Er bekam vom Kellner die Rechnung präsentiert und zeichnete sie ab, ohne sie zu prüfen. Höflich wartete er, bis ich meine Mahlzeit beendet hatte.
    Trotz seiner Verabredung schien sich Phillips nicht sofort von uns trennen zu wollen. Vielleicht wartete er auf ein Zeichen von Grafalk, auf ein kleines Lob etwa, das ihm erlaubte, beruhigt seiner Wege zu gehen. Die Macht der Reichen, anderen Leuten Prestige zu verleihen, verfehlte also auch bei Phillips nicht ihre Wirkung.
    »Hatten Sie nicht einen Termin, Phillips?«, fragte Grafalk. »Äh, ja. Natürlich«, antwortete er und ging zu seinem Alfa hinüber. Sheridan leistete mir auf dem Weg zu Grafalks Büro Gesellschaft. »Kommen Sie doch auf die >Lucella<, und reden Sie mit Kapitän Bemis, wenn Sie hier fertig sind«, schlug er vor. »Wir würden gern wissen, ob Sie uns etwas darüber sagen können, was Ihr Vetter mitteilen wollte.«
    Natürlich konnte ich nicht - aber ich wollte von ihnen Näheres über Champ erfahren; der Vorschlag kam mir sehr gelegen.
    Unser Besuch in Grafalks Büro verlief nicht ungestört. Reporter, ein Fernsehteam der NBC sowie ein besorgter Anruf des Direktors der Ajax, bei der Grafalk versichert war, sorgten ständig für Unterbrechungen.
    Grafalk wurde mit allem spielend fertig. Er behandelte mich wie einen hoch geschätzten Gast und bat das Kamerateam um etwas Geduld, während er gleichzeitig meine Fragen beantwortete. Den Anruf des Versicherungsdirektors nahm er in MacKelvys Büro entgegen; auch ihn ließ er warten; er bat MacKelvy, die »Bertha Krupnik« ausfindig zu machen. Sie befand sich unterwegs auf den Großen Seen, sollte in Cleveland Kohle für Detroit bunkern und anschließend Kurs auf Thunder Bay nehmen. In zwei Wochen wurde sie in Chicago zurückerwartet. MacKelvy bekam den Auftrag, den Kapitän anzuweisen, dass er und die Mannschaft sich zu meiner Verfügung zu halten hätten. Grafalk wollte von Dank nichts hören; schließlich sei Champ ein tüchtiger junger Mann gewesen -genau von dem Kaliber, wie es sich die Frachtschifffahrt wünschte. Sollte ich irgendwelche Hilfe brauchen, so sei er jederzeit für mich da. Die Audienz war beendet, ich ging allein zum Ausgang. Sheridan hatte auf mich gewartet, in einigem Abstand von den Reportern und den Fernsehleuten. Als ich vor die Tür trat, hielt mir der Kameramann ein Mikrofon unter die Nase: Ob ich Zeuge des Unglücksfalls gewesen sei, und wie ich dazu stünde - all diese idiotischen Fragen, die Reporter nach einer Katastrophe stellen. »Eine Tragödie sondergleichen«, entgegnete ich. »Mister Grafalk wird Ihnen die Einzelheiten mitteilen.«
    Sheridan grinste. »Sie sind schlagfertiger als ich. Mir ist auf die Schnelle keine forsche Bemerkung eingefallen.«
    Wir liefen den Kai entlang zu seinem Wagen. Er erkundigte sich, ob mir Grafalk die gewünschten Informationen gegeben habe.
    »Ja. Er war sehr entgegenkommend.« Geradezu überwältigend, wenn ich's mir überlegte. Ob ihm wohl daran gelegen hatte, einen ungünstigen Eindruck zu verwischen, den ich vielleicht wegen seines Schlagabtauschs mit Bledsoe bekommen haben könnte? »Weshalb wurde Bledsoe durch Grafalks Anspielung auf seine Schule so fürchterlich wütend?«, fragte ich unvermittelt. »Hat ihn das auf die Palme gebracht? Was hat Grafalk denn eigentlich gesagt?« »Wörtlich: >In Martins Schule legte man großen Wert aufs Auswendiglernens Und dann etwas in der Richtung, dass man an ihn selbst - als Gentleman - keine besonderen Ansprüche

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