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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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kein Mensch hineinfallen sehen!«, rief ich aus. Bedauernd schüttelte der Erste Offizier den Kopf. »Tut mir Leid - aber wir haben von dem Unfall nichts mitbekommen. Wir hatten dort drüben festgemacht, doch von unseren Leuten war niemand an Deck, als der Krankenwagen eintraf.« Ich war tief enttäuscht. Es erschien mir so - so unfair, dass Champ einfach sang-und klanglos aus dem Leben verschwinden konnte, ohne dass auch nur ein Mensch das beobachtet hatte. Ich kam mir wie ein Idiot vor, als hätte ich den Tag vergeudet. Aber was hatte ich eigentlich erwartet? Meine ganze fiebrige Geschäftigkeit hatte nur einen Grund gehabt: mir nicht eingestehen zu müssen, dass Champ nicht mehr am Leben war.
    Ich schlug Bemis und Winstein vor, nach dem Mann zu suchen, den sie gefeuert hatten, und ihn noch einmal eingehend zu befragen. Außerdem regte ich ein abendliches Treffen im Stadtzentrum an. Dann bat ich den Chefingenieur, mich zum Parkplatz der Eudora zurückzubringen. Dort stieg ich in meinen Wagen und fuhr wieder gen Norden.

7
    Wächter, künd uns von der Nacht
    Meine geräumige Wohnung liegt im billigen obersten Stockwerk eines dreistöckigen Mietshauses in der Halsted Street, nördlich der Belmont Avenue. Jahr für Jahr rücken die gewieften Jungakademiker vom Lincoln-Park mit ihren Eigentumswohnungen, ihren Weinlokalen und ihren todschicken Jog-ginganzügen ein wenig näher und wollen mich weiter in den Norden abdrängen. Bis jetzt dient die Diversey Street, zwei Querstraßen weiter südlich, noch als Trennlinie, aber das kann sich täglich ändern.
    Gegen sieben kam ich erschöpft und ziemlich durcheinander nach Hause. Auf dem endlosen Rückweg, zwei Stunden lang eingekeilt im Stau des Berufsverkehrs, hatte ich versucht, mit meiner Niedergeschlagenheit fertig zu werden. Als ich den Wagen endlich vor meinem grauen Steinhaus parkte, hatte sich meine Stimmung etwas gehoben, und meine Gedanken kehrten zu den seltsamen Vorgängen unten am Hafen zurück.
    Ich schenkte mir gut zwei Fingerbreit Black Label ein und ließ Badewasser einlaufen. Bei Licht besehen war es höchst merkwürdig, dass Champ sich mit dem Kapitän telefonisch zu einem Gespräch über die Sabotage an Bord verabredet hatte und dass er gleich darauf verunglückte. Ich wurde den Gedanken nicht los, dass er irgendeiner Sache auf die Spur gekommen war. Möglicherweise hatte er mich deswegen angerufen -er war nicht verzweifelt, sondern suchte professionellen Rat. Was hatte er wohl entdeckt? Etwas, was auch mich interessieren könnte? Bildete ich mir nur ein, dass er nicht das Opfer eines Unfalls geworden war - oder war mein Verdacht begründet? Ich nahm einen kleinen Schluck Whisky. Meine Gedanken drehten sich im Kreis; es schien mir undenkbar, dass jemand Champ getötet haben sollte, nur um sein Gespräch mit Bemis zu verhindern. Und dennoch: Weshalb diese Spannungen zwischen Grafalk und Bledsoe? Und Champs Unfall unmittelbar nach seinem Anruf bei Bemis? Und die heutige Katastrophe am Kai?
    Ich stieg aus der Wanne, hüllte mich in ein rotes Badetuch und goss mir noch einen Whisky ein. Da draußen am Hafen gab es eine Menge Ungereimtheiten, die zu untersuchen sich durchaus lohnte. Ich könnte ja meinen Kummer überwinden, überlegte ich, während ich den Scotch hinunterstürzte, indem ich Ermittlungen führte. Ist das etwa unvernünftiger, als sich zu betrinken oder sonst etwas Unsinniges zu tun, nur um über den Tod eines geliebten Menschen hinwegzukommen?
    Ich zog mir frische Jeans und ein T-Shirt an und schlenderte hinaus in die Küche. Was für ein trübseliger Anblick - Töpfe und Pfannen im Ausguss, Krümel und benutzte Alufolie auf dem Tisch, und auf dem Herd geschmolzener Käse, das Überbleibsel einer Pasta Primavera von neulich. Ich entschloss mich, abzuwaschen. Es gibt Tage, an denen man Unordnung einfach nicht erträgt. Im Kühlschrank fand sich nichts Aufregendes. Die Uhr neben der Tür zeigte auf neun - zu spät, um, müde wie ich war, noch zum Essen auszugehen. Ich begnügte mich also mit einem Teller Erbsensuppe aus der Dose und etwas Toast. Nach einem weiteren Scotch ging ich schlafen. Als ich gegen sechs aufwachte, begrüßte mich wiederum ein kalter, wolkenreicher Tag - Anfang Mai, aber ein Wetter wie im November. Ich zog meine lange Jogginghose an und lief pflichtbewusst meine acht Kilometer bis zum Belmont-Hafen und zurück. Champs Tod hatte mir in der letzten Zeit als Ausrede für meine Trägheit gedient; deshalb war ich nach der

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