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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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»Gertrude«. Von hier aus konnte man gut beobachten, mit welcher Schnelligkeit die großen Kohlebrocken über das breite Förderband aus den Frachträumen herausgebracht wurden. Ich verstand jetzt, warum auf diese Weise das Löschen der Fracht nur acht Stunden dauerte, Arbeiter dagegen zwei volle Tage brauchten.
    Bledsoe wirkte nervös. Ziellos lief er hin und her, wechselte kurz ein paar Worte mit der Besatzung und ballte die Fäuste. »In Zukunft«, meinte er, als er meinen nachdenklichen Blick bemerkte, »komme ich erst zur Ruhe, wenn die Ladung gelöscht ist und das Schiff den Hafen verlassen hat.« »Wie läuft's bei der >Lucella< weiter?«, fragte ich.
    Er verzog das Gesicht. »Die Küstenwache, der Technische Überwachungsverein und das FBI führen groß angelegte Untersuchungen durch. Aber solange das Schiff in der Schleuse festsitzt und sie deshalb nicht einmal wissen, um welchen Sprengstoff es sich handelt, kommen sie nicht voran.« »Wie lange brauchen sie zur Bergung?«
    »Gute zehn Monate. Die Schleuse wird den ganzen Sommer über geschlossen bleiben, und für die Reparatur der Schleusentore braucht man fast das ganze nächste Jahr.«
    »Ist das Schiff noch zu retten?«
    »Ich glaube schon. Mike hat sich mit den Leuten der Costain-Werft, wo es gebaut wurde, alles genau angesehen. Sie wollen sie stückweise herausholen, nach Toledo schleppen und dort wieder zusammenschweißen. Bis Ende nächsten Sommers kann sie wieder im Einsatz sein.«
    »Wer zahlt die Reparaturkosten für die Schleuse?«
    »Keine Ahnung. Ich bin jedenfalls nicht dafür verantwortlich, dass das verdammte Ding in die Luft geflogen ist. Die Armee muss das reparieren. Es sei denn, der Untersuchungsrichter verdonnert mich dazu - aber das müsste ja wirklich mit dem Teufel zugehen!«
    Wir mussten beinahe schreien, um uns bei dem Gerassel des Förderbandes und dem Krach, den die herabfallende Kohle verursachte, verständlich zu machen. Während Bledsoe redete, kehrte etwas von seiner alten Energie zurück. Er war eben dabei, mir die rechtliche Lage ausführlich zu erklären, da ertönte ein durchdringender Pfiff. Der Lärm verstummte schlagartig, das Förderband stand unvermittelt still. Eine Gestalt beugte sich über die Ladeöffnung und fragte laut in herrischem Ton nach dem Grund der Unterbrechung.
    »Höchstwahrscheinlich nur eine Überlastung auf einem der Zubringerbänder«, murmelte Bledsoe besorgt.
    Aus dem Laderaum hörte man einen gedämpften Ausruf, und dann stürzte ein junger Mann in blauem Overall an Deck. Sein Gesicht war unter der Schicht Kohlestaub von grünlicher Blässe; er schaffte es gerade noch bis zur Bordwand, dann übergab er sich.
    »Was ist los?«, brüllte der Mann an der Luke.
    In den Frachträumen schrien ein paar Leute durcheinander. Ich warf Bledsoe einen Blick zu und kletterte das Fallreep hinab; Bledsoe folgte dicht über mir. Sechs oder sieben Gestalten mit Schutzhelmen drängten sich an der Anschlussstelle eines Zubringerbandes um das Hauptförderband. Ich schob mich durch die Leute; Bledsoe spähte mir über die Schulter.
    Da lag Clayton Phillips und starrte mich aus offenen hellbraunen Augen an. Sein Körper war mit Kohlebrocken bedeckt. Das kantige Kinn wirkte verkrampft, geronnenes Blut klebte an seinen Backenknochen. Ich bat die Leute, Platz zu machen, und beugte mich hinab, um mir seinen Kopf genauer anzusehen. Eine große Wunde an der linken Schläfe war dick mit Kohlenstaub bedeckt, und der hatte sich mit dem geronnenen Blut zu einer rotschwarzen schauerlichen Masse verbunden.
    »Phillips«, stieß Bledsoe mit gepresster Stimme hervor.
    »Ja. Wir müssen die Polizei verständigen. Wir beide haben ein paar Fragen zu klären, Martin.« Ich wandte mich zu den Männern um. »Wer ist hier unten verantwortlich?«
    Ein Mann mittleren Alters mit wuchtigen Kinnbacken sagte, er sei der Chefingenieur.
    »Sorgen Sie dafür, dass weder die Leiche noch sonst irgendetwas hier berührt wird. Wir rufen die Polizei.«
    Bledsoe folgte mir gehorsam. »Da unten ist was passiert«, sagte ich zu dem Schichtleiter von Plymouth. »Wir holen die Polizei. Mit dem Löschen der restlichen Ladung wird's wohl noch eine Weile dauern.« Der Schichtleiter führte uns in ein kleines Büro. Von dort aus rief ich die Polizei des Bundesstaates Indiana an.
    Bledsoe und ich stiegen in meinen Wagen. Schweigend verließen wir das Firmengelände. Ich fuhr zurück auf die Interstate und dann ein paar Kilometer weiter bis zum Indiana Dunes

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