Deadlock
eingeschlagen und ihn in eine Frachtluke geschoben haben. Er war einfach auf das Frachtgut gefallen und bei der Entladung auf dem Förderband gelandet. Sehr geschickt. »Wer wusste, dass die >Gertrude Ruttan< übers Wochenende hier vor Anker lag?«
Er zuckte die Achseln. »Eigentlich jeder, der über den Hafenbetrieb informiert ist.«
»Was den Personenkreis natürlich enorm einschränkt«, bemerkte ich sarkastisch. »Das Gleiche wie bei meinem Wagen und wie bei dem Mord an Champ. Eigentlich hatte ich deswegen Phillips in Verdacht, aber der ist ja jetzt auch tot. Bleiben nur noch ein paar übrig, die in Frage kämen: Grafalk, Bemis, Sheridan - und Sie.«
»Ich war gestern den ganzen Tag an der Schleuse.«
»Stimmt. Sie hätten allerdings jemanden beauftragen können.«
»Das gilt auch für Niels«, stellte er fest. »Sie arbeiten doch nicht für ihn, oder? Hat er Sie beauftragt, mich aufs Kreuz zu legen?« Ich schüttelte den Kopf.
»Für wen arbeiten Sie denn dann, Miss Warshawski?« »Für meinen Vetter.« »Champ? Der ist doch tot.«
»Ich weiß. Gerade deshalb. Champ und ich hatten ein Abkommen: Jeder musste auf den anderen aufpassen. Er wurde von jemandem unter die >Bertha Krupnik< gestoßen, und er hat einen Beweis für den möglichen Grund hinterlassen, den ich gestern Abend gefunden habe. Dieser Beweis deutet teilweise auch auf Sie hin, Martin. Mich würde interessieren, weshalb Sie zugelassen haben, dass Ihnen Grafalk so viele Frachtverträge mit der Eudora weggeschnappt hat.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich hab' mir die Verträge angesehen. Damit hatte alles seine Ordnung.«
»Alles hatte seine Ordnung - außer dass Sie zuließen, dass Grafalk etliche Aufträge erhielt, bei denen Sie selbst günstigere Angebote gemacht hatten. Sind Sie jetzt bereit, mir den Grund hierfür zu nennen, oder muss ich zum Büro der Pole Star gehen und Ihre Angestellten befragen oder Ihre Bücher durchsehen und mit dem ganzen langweiligen Kram noch mal von vorn anfangen?« Er seufzte. »Ich habe Ihren Vetter nicht umgebracht, Miss Warshawski. Falls es jemand getan haben sollte, dann Grafalk. Weshalb konzentrieren Sie sich nicht auf ihn? Weshalb finden Sie nicht einfach heraus, wie er mein Schiff in die Luft gejagt hat, und vergessen diese Verträge?«
»Martin, Sie sind doch nicht auf den Kopf gefallen. Überlegen Sie mal. Es sieht so aus, als seien Sie und Grafalk bei den Frachtaufträgen als Konkurrenten aufgetreten. Mattingly ist mit Ihrem Flugzeug nach Chicago zurückgeflogen, und Phillips' Leiche wurde auf Ihrem Schiff entdeckt. Als Polizeibeamter würde ich keine großen Ermittlungen mehr führen, wenn ich das alles wüsste.« Er machte eine unbeherrschte Bewegung mit dem rechten Arm. »Also gut - es stimmt!«, brüllte er. »Ich habe Niels ein paar Aufträge überlassen. Wollen Sie mich dafür einlochen?« Ich schwieg. Nach einer kurzen Pause fuhr er ruhiger fort: »Ich war gerade dabei, die Gelder für die >Lucella< aufzutreiben, und Niels brauchte dringend Aufträge. Die Rezession beim Stahl machte allen zu schaffen, aber Grafalk erwischte es voll, mit seinen verdammten kleinen Frachtern. Er drohte mir, sich in Finanzkreisen über meine Vergangenheit auszulassen, falls ich ihm nicht einige meiner Aufträge zuschob.«
»Hätte Ihnen das tatsächlich schaden können?«
Er lächelte verzerrt. »Ich wollte es nicht unbedingt drauf ankommen lassen. Schließlich musste ich fünfzig Millionen Dollar aufbringen, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass mir der Fort Dearborn Trust auch nur einen einzigen Cent gegeben hätte, wenn ihnen meine Vergangenheit bekannt gewesen wäre.« »Ich verstehe. Und was geschah dann?«
»Oh, gleich nach dem Stapellauf der >Lucella< sagte ich zu Niels, er solle ruhig alles ausposaunen und sich zum Teufel scheren. Solange ich gut verdiene, kümmern sich die Leute einen Dreck um mein Strafregister. Wenn man Geld braucht, muss man sich den Geldgebern mit Haut und Haar verschreiben, bevor man's kriegt. Aber wenn man's hat, spielt es keine Rolle, woher. Niels war jedenfalls sehr aufgebracht.«
»Trotzdem ist es ein Riesenunterschied, ob er nur ein paar Aufträge von Ihnen erpresst oder Ihr Schiff in die Luft jagt.«
Halsstarrig blieb er bei seiner Ansicht, dass Grafalk als Einziger in Frage kam. Wir unterhielten uns noch mindestens eine halbe Stunde darüber, aber er wich nicht von seiner Meinung ab. Schließlich versprach ich ihm, auch bei Niels nachzuforschen. Wir standen auf und
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