Deadwood - Dexter, P: Deadwood
irgendwo zwischen Deadwood und Sioux City stehen«, sagte er. »Jeder ist zwanzigtausend Dollar wert. Dann noch einen nördlich der Stadt, Wind und Wetter ausgesetzt. Wir haben eine Schublade voller Aufträge, überall in den Hills sollen wir Ziegel liefern. Wir müssen Männer einstellen und Rohstoffe bewegen. Es gibt kein Zurück …«
Solomon lächelte ihn an. Er lächelte sonst niemals, wenn es um Geschäfte ging. Er sah wieder aus dem Fenster. »Ich glaube, ich werde auf diesen Berg steigen«, sagte er. Und dann verließ er das Büro, überquerte die Straße und ging in Richtung Süden davon. Er hatte nicht einmal die Tür hinter sich zugemacht.
Bullock setzte sich an Solomons Schreibtisch. Er ging die Papiere durch, die dort lagen, und sah, dass sie auf eine Art und Weise geordnet waren, die er nicht nachvollziehen konnte. Er begriff nicht, wie Solomon arbeitete, er wusste nicht, was er machte.
Ihm war jedoch klar, dass Solomon dafür sorgte, dass alles funktionierte.
Seth Bullock hatte neun Jahre lang erfolgreich als Geschäftsmann gearbeitet, ohne zu wissen, wie man Konten bilanziert oder Bücher führt. Er hatte niemals ein Auftragsformular geschrieben oder einen Preis ausgehandelt.
Er legte Solomons Unterlagen dorthin zurück, wo er sie vorgefunden hatte, und ging hinüber zu seinem eigenen Schreibtisch, wo ihm alles vertraut war. Dort lagen Briefe von Politikern, Gerichtsvollziehern und Witwen. Von Präsidenten der Bergbaugesellschaften in Kalifornien und Colorado. Da lag verkehrt herum ein Stapel von Steckbriefen, in den er einen Blick warf, wenn in der unmittelbaren Umgebung mal wieder Wegelagerer und Straßenräuber ihr Unwesen trieben. Seth Bullock war etwas über ein halbes Jahr Sheriff in Deadwood und davor drei Jahre Deputy Marshal in Bismarck gewesen, und entgegen seinem Ruf brannte er weder darauf, das Dakota-Territorium noch sonst irgendwas aufzuräumen. Er wusste allerdings, wohin er gehen musste, um das erledigen zu lassen, wenn es sein musste.
Den größten Teil des Nachmittags saß er an seinem Schreibtisch und dachte über Solomon Star nach. Über all die Dinge, die bei Männern zu jähen Veränderungen führen – vom Verlust der Kinder bis hin zu einem Sturz auf den Kopf.
Oder Frauen.
Nein. Solomon Star war verheiratet, wie einbeinige Leute Krüppel waren. Für immer. Er dachte an Solomons Frau – sie hatte ein Mienenspiel wie ein missmutiges Kind, und alles, was sie sagte, besaß einen harten Unterton. Er beschloss, ihr zu schreiben, falls Solomons Zustand sich nicht besserte. Sie hatte von Anfang an nicht gewollt, dass Solomon allein in die Hills ging, und brannte darauf nachzukommen. Das wusste er aus ihren Briefen, die Solomon in der oberen linken Schublade seines Schreibtisches liegen hatte. Soweit Bullock sich erinnerte, hatte sein Partner niemals ihren Namen erwähnt, wenn er sich mit jemandem unterhielt. Er hatte Angst vor ihr, und zwar auf eine Art und Weise, an der auch die Entfernung nichts änderte.
Wie er so nachdachte, hoffte Bullock, dass er den Brief nicht würde schreiben müssen. Es gefiel ihm nicht, seinem Partner so etwas anzutun.
Nachdem er sie an die Langnase verkauft hatte, hatte Tan You-chau Ci-an verboten, das Haus zu verlassen, sogar am Morgen. »Was immer du begehrst«, sagte er, »wirst du bekommen.«
Sie wusste nicht, wie viel er von dem Weißen genommen hatte, jedenfalls war Tan nicht mehr in ihre Nähe gekommen, seit der Handel abgeschlossen worden war. Sie nahm an, dass Bismarck sehr reich war. »Und wenn ich spazieren gehen möchte?« fragte sie.
Tan hatte sie angelächelt. »Ich werde dir ein weiteres Dienstmädchen geben«, sagte er. »Und sie wird für dich spazieren gehen und dann in dein Zimmer zurückkehren und dir erzählen, was sie gesehen hat.«
Tan hatte sie nicht mehr geschlagen, seit der weiße Mann in ihr Zimmer gekommen war. Er hatte ihr neue Kleider und Kämme gegeben. Die Kämme hatte sie zuvor schon einmal gesehen, im Haar seiner Ehefrau.
Die Mahlzeiten wurden ihr von der alten Frau aufs Zimmer gebracht, die sie auch zu Tans privatem Abort im hinteren Teil des Hauses begleitete, wo sie sich ihren persönlichen Bedürfnissen widmen durfte. Es gab einen weiteren Abort, größer und abseits des Hauses, wo die andern nach den Mahlzeiten Schlange standen. Zu festgesetzten Zeiten benutzten die Bediensteten diesen Ort, und zu anderen Zeiten Tans Ehefrau und ihre Verwandten. Die alte Frau erkundigte sich bei Tan – in dem Glauben,
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