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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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war.
    Swearingen hatte den Plan aufgegeben, den Jungen erschießen zu lassen – es gab Galgenvögel, die für hundert Dollar ihren eigenen Zeh abschießen würden, aber sich weigerten, einem Priester eine Kugel in den Leib zu jagen –, und fand stattdessen Schutz in seinem Haus. Er blieb im Obergeschoss, wo er ein Eckzimmer belegte. Verschiedene Male hatte er angefangen, die Bibel zu lesen, aber er konnte nicht genug Worte lesen, um gegen den Jungen anzukommen.
    Dass es in seinem eigenen Haus einen Fall von Pocken gab – zwei Zimmer von seinem eigenen entfernt –, war für Swearingen ein Zeichen, dass der Junge und die Bibel ihn vertreiben wollten. Während Jane sich um das Mädchen kümmerte, stand er im Türrahmen und fragte sich, wie alles nur so grundfalsch laufen konnte. Jane tränkte einige Lappen in einer geheimen Mixtur, die sie selbst gebraut hatte, und drückte sie dem Mädchen mit einer Hand gegen die Stirn, während sie mit der anderen die Mixtur nahm und davon trank.
    »Es sind definitiv die Pocken«, sagte sie stolz. »Genau wie vorher in Sidney und in Elk Point. Was für ein Glück, dass ich hergekommen bin, denn die normalen Knochensäger haben Schiss davor, sie zu behandeln.«
    »Schaff sie weg«, sagte er.
    Jane schüttelte den Kopf. »Kommt nicht infrage. Ich bringe dieses arme Kind nicht ins Seuchenhaus.« Sie wischte dem Mädchen über die Stirn und tätschelte ihm die Wange. Die Augen des Mädchens waren glasig, sein Blick abwesend.
    »Es ist Gottes Wille«, sagte Jane, »dass er mich an einen Ort geführt hat, an dem ich die Kranken pflegen kann.«
    »Das hier ist mein Laden.«
    Sie blickte ihn noch nicht einmal an, als sie antwortete. »Ich bin ein schreiender Adler vom Bitter Creek, je höher man kommt, desto bitterer wird er, und ich, ich komm von ganz weit oben. Jetzt verpiss dich, bevor ich dir die Zehen wegballere.«
    Seit ihrer Rückkehr aus Nebraska sagte Jane das immer, wenn sie vergnügt war.
    Swearingen rann eine Schweißperle über die Stirn, und seine Hände begannen zu zittern. Er verließ den Raum und sah vom Flur aus zu, wie Jane sich um die Hure kümmerte. Er spürte, wie die Bazillen ihn angriffen – sein Todesurteil, bevor er dazu bereit war –, und berühr te seine Wange, um zu prüfen, ob er schon Fieber hatte. Jane hatte angefangen zu summen. Das Mädchen zerrte an seinem Nachthemd, an seinem Kinn klebte eine Speichelblase. Swearingen zog ein Taschentuch aus seiner Gesäßtasche und drückte es sich vors Gesicht. Durch das Tuch spürte er das Zittern seiner Hände.
    Jane schüttete frische Mixtur über den Lappen und nahm wieder einen Schluck.
    »Das hier ist mein Haus«, wiederholte er.
    Sie lachte darüber. »Dann bring sie selbst weg«, sagte sie. »Wenn du dieses Kind berührst, bist du in drei Wochen tot.«
    Die Augen der Hure wurden einen Augenblick lang klar, und ihr Atem ging schneller und flacher. »Hab keine Angst«, sagte Jane und legte ihr den Lappen auf die Stirn. »Ich habe das schon sechshundert Mal mitgemacht, und du bleibst am Leben. Dich hat es nicht so schlimm erwischt.« Sie begutachtete die Pusteln auf dem Gesicht des Mädchens und schüttelte den Kopf. »Obwohl sicher etliche Narben zurückbleiben werden …«
    »Ich gebe dir eine Stunde«, sagte Swearingen.
    Jane zog ihren Revolver aus dem Holster, entsicherte ihn und legte ihn neben das Mädchen aufs Bett. »Niemand bringt dieses Mädchen ins Seuchenhaus«, sagte sie. »Niemand, der weiterleben will.«
    Er starrte auf das Mädchen. In der einen Minute wand sie sich im Fieber, in der nächsten lag sie so still, als wäre sie tot. Er versuchte zu erkennen, ob der Junge dahintersteckte, aber das Bild des Mädchens war deutlich und klar und würde auch nicht zur Seite rutschen, damit er dahinter schauen konnte.
    »Ich brauche ungefähr sechs Helferinnen«, sagte Jane. »Bring mir einfache Mädchen ohne medizinische Ausbildung. Ich kann hier keine Widerworte gebrauchen. Sie können sich dabei abwechseln, hier zu sitzen und die Bettpfanne zu leeren.«
    Swearingen schloss die Tür und ging hinunter in die Bar. Die Huren hatten das Leiden des Mädchens mitbekommen und drängten sich nun um ihn, um zu fragen, was es wäre. Eine meinte, wenn es Gift sei, wüsste sie, wer es getan habe.
    Er schob sich zwischen ihnen hindurch, hinter die Theke. Dort nahm er sich eine Flasche Whiskey und ein Glas. »Ist sie tot?« fragte eines der Mädchen.
    Er ging hoch in sein Zimmer, schloss die Tür ab, zog die Vor

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