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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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vor ihm im Matsch lag.
    Charleys Hose war zerrissen, und Blut rann an seinem Bein herunter in seine Mokassins. Er setzte sich auf die Stufen, um die Wunde zu untersuchen. Aus seiner Hüfte war ein Stück Fleisch herausgerissen, das nur noch an einem Hautfetzen hing und aussah wie eine Zunge, und Charley drückte es zurück in das Loch und drückte so lange darauf, bis die Blutung nachließ.
    Er blickte über die Schulter zu Lurline, die immer noch im Türrahmen stand. »Ich brauche Verbandsmull«, sagte er.
    »Ich glaube, wir haben keinen«, sagte sie. Ihre Stimme klang verängstigt.
    »Wir müssen doch Bandagen haben«, meinte er, »es ist doch ein Bordell.« Boone lag mit dem Gesicht nach unten auf der Straße.
    Lurline verschwand und kam mit einer Bandage und einer Flasche Fusel zurück. Charley blickte erst die Flasche an und dann sie. »Ich kann auch den guten Whiskey holen«, sagte sie. »Ich wusste nicht, dass du den guten haben wolltest …«
    Er hatte sie noch nie zuvor so eingeschüchtert erlebt und vermutete, dass es wegen des Bluts war. Er nahm das Messer aus seinem Gürtel und schnitt seine Hose auf. Es war bedauerlich, dass er seine Kleidung derart ruinieren musste. Dann nahm er Lurline die Flasche aus der Hand und schüttete die Hälfte davon auf die Wunde. Das Brennen setzte eine Sekunde später ein, und Charley schloss die Augen, bis es vorüber war.
    Als er sie wieder öffnete, war Boone auf Händen und Knien und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Es war, als wollte man eine Wespe totschlagen. Charley nahm Lurline die Bandage ab und wickelte sie langsam um sein Bein, vier Mal und so fest, dass er den Puls darunter spüren konnte.
    Boone stand auf und hielt sich am Hinterkopf. Die Schaulustigen wichen zurück, als sie Boone im Matsch schwanken sahen. An seinem Kinn war Blut, seine Glubschaugen standen hervor. Charley stand auf. Ein Gefühl von Reinheit breitete sich in ihm aus.
    Boone zeigte mit einem Finger auf ihn, der so dunkel und so groß war wie ein Gewehrlauf. »Der Tod ist auf dem Weg«, sagte er, »und nichts kann dir helfen, Schnuckel, weil es mehr Wege gibt, zu sterben, als am Leben zu bleiben.«
    Er fühlte etwas, das Bill auch gefühlt haben musste. Es war weder Hass noch Liebe, Reue oder Bedenken, eher wie eine Bestimmung, auf die er zusteuerte. Er stellte den linken Fuß hinter den rechten, um so weniger Angriffsfläche für eine Kugel zu bieten, und nahm seinen Revolver aus dem Holster.
    Es gab keinen Grund zur Eile, Boone redete immer noch. Er spannte den Hahn, und Boones Augen flutschten zurück in seinen Kopf. Er hielt eine Hand hoch. »Oh, Mann, der Tod ist auf dem Weg, aber nicht heute. Heute ist noch nicht unser Tag.«
    Und dann verlor Boone sein Gleichgewicht und fiel um. Charley verlor die Lust, ihn zu erschießen. Erschießen war zu gut für Boone May.
    Der Schmerz in Charleys Bein sammelte sich und übermannte ihn. Er hinkte zur Bank vor der Bäckerei und setzte sich hin. Boone kam wieder auf die Beine und folgte ihm lächelnd. Er setzte sich vor ihn auf die Straße.
    »Wie willst du auf all die Mädchen aufpassen und gleichzeitig mich im Auge behalten?« fragte er.
    Charley sah ihn an, wie er so dasaß, und erkannte, dass er verletzt war, und auch, dass er recht hatte. Und was er selbst jetzt tun musste. Innerhalb von zwei Sekunden hatte er sich entschieden. »Werde ich nicht«, sagte er. »Hier und heute übergebe ich öffentlich und rechtlich fünfzig Prozent des Geschäftes an dich und den Rest an Lurline Monti Verdi.«
    Boone blickte ihn an, sah, dass er es ernst meinte, und begann zu lächeln. »Du bist ein schräger Vogel, Schnuckel«, sagte er.
    Charley ging hinein, um seine Sachen zu holen. An der Tür begegnete er Lurline. Auch sie lächelte, mit Tränen in den Augen. »Noch nie in meinem Leben hat einer halbe-halbe mit mir gemacht«, sagte sie.
    Und er fühlte sich fast schlecht dabei, sie so dankbar zu sehen.
    Im Sommer 1878 erreichten die Pocken die nördlichen Hills. Es hatte schon vor zwei Jahren ein paar Fälle gegeben, die drei Menschenleben gekostet hatten, einen Monat bevor Bill und Charley nach Dead wood gekommen waren. Damals war ein Seuchenhaus gebaut worden, erst neben der Brauerei am Spring Creek, in Elizabethtown, eine Meile vor Deadwood, dann in der Spearfish Road und schließlich in South Deadwood, wo der Deadwood und der Whitewood Creek zusammenflossen. Über den letzten Standort war man sich schnell einig geworden, denn nichts könnte aus

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