Deadwood - Dexter, P: Deadwood
hänge zurück, setzte sich auf das Bett und schaute auf die Straße.
Der Junge war verschwunden, aber er würde wiederkommen.
Der zweite und dritte Fall von Pocken wurden am nächsten Tag aus dem
Bella Union
gemeldet, gegenüber vom
Gem
. Es waren ein weiteres Freudenmädchen und ein Spieler, beide mittellos. Dr. H. Wedelstaedt wurde am frühen Nachmittag in die Bar gerufen und ordnete an, sie im Seuchenhaus unter Quarantäne zu stellen.
Er hatte sie nicht einmal angefasst, wurde Jane berichtet, als sie an jenem Abend in der Bar vorbeischaute. Sie hatte am Nordende der Stadt eine kleine, von Kindern gebaute Hütte gefunden und diese in Besitz genommen. Sie wusste, dass es Kinder gewesen sein mussten, weil sie auf einem Hügel mit der Öffnung nach oben gebaut worden war – ein Abendschauer konnte einen ersäufen – und weil sie einen kaputten Kreisel darin gefunden hatte. Die Hütte war nicht schlecht, aber sie dachte, Eltern sollten ihren Kindern beibringen, dass der Eingang einer Hütte bergabwärts zeigen musste.
Sie stand mit einem Ellbogen an den Tresen gelehnt, um ihr Bein zu entlasten, und hörte zu, wie eine Hure erzählte, Dr. Wedelstaedt hätte keinen der Kranken berührt. »Der Doktor hat Angst, mit den Pocken in Berührung zu kommen«, sagte Jane.
Das Mädchen war fett und gewöhnlich. »Dr. Wedelstaedt ist der Einzige, der die Chinesen behandelt«, sagte sie, »deswegen haben sie ihn jetzt gerufen.«
Jane seufzte. Sie blickte auf ihre Hände, die weich waren und schwarze Ränder unter den Nägeln hatten. »Aus irgendeinem Grund, den ich nicht kenne, hat Gott mir die Gabe geschenkt, die Kranken zu heilen, und ich kümmere mich jetzt besser ums Geschäft.«
Sie war müde und betrunken, machte sich aber dennoch auf den Weg und folgte dem Whitewood bis zum Seuchenhaus. Es war eine kleine, fensterlose Bruchbude, die im Matsch neben den Bächen stand. Die Tür war verschlossen, und draußen war ein Schild angenagelt, auf dem stand: UNTER QUARANTÄNE AUF ANORDNUNG VON DR. H. WEDELSTAEDT. BLEIBT JA DRAUSSEN .
Jane entzifferte langsam das Schild und trank einen Schluck von ihrer Mixtur. Sie lachte laut, warf den Kopf zurück und stieß einen Adlerschrei aus, den selbst Bill oben auf dem Friedhof gehört hätte. »Ich bin ein schreiender Adler vom Bitter Creek, je höher man kommt, desto bitterer wird er«, sagte sie. »Und ich, ich komm von ganz weit oben. Jetzt verpiss dich, bevor ich dir die Zehen wegballere.« Sie nahm das Schild von der Tür ab, zerriss es und ging hinein.
Das einzige Licht fiel durch die Tür, und sie brauchte einen Moment, um ihre Schützlinge zu entdecken. Sie waren in gegenüberliegenden Ecken auf zwei schmale Pritschen gelegt worden. Der Spieler hob den Kopf, um zu sehen, wer es war, aber das Mädchen lag still da. Zuerst ging sie zu ihm. Seine Kleidung und die Laken waren schweißnass, und er war von Pusteln übersät.
Er bat um Wasser.
Im Seuchenhaus gab es sechzehn Pritschen. Sie zog eine zu ihm heran und setzte sich, um ihn zu heilen. »Das ist nicht das, was du brauchst«, sagte sie. Sie hatte keine Lappen mitgebracht, also riss sie welche aus dem Laken, auf dem sie saß. Dazu benutzte sie ihre Zähne auf der rechten Seite, der einzigen Stelle, wo sie oben und unten noch Zähne hatte, und als sie damit fertig war, schmeckte sie Blut im Mund. Sie steckte ihren Finger in den Mund und fand zwei Zähne, die wackelten.
»Iss nie Früchte«, sagte sie. Der Spieler lächelte, aber sie sah, dass er nichts verstand. »Ich hatte die hübschesten Zähne des Westens«, sagte sie, »aber Früchte haben mein Zahnfleisch verrotten lassen.« Sie schüttete ihre Mixtur über einen Lappen und wischte dem Spieler damit die Stirn ab. Schon einige Zentimeter vor seinem Kopf spürte sie das Fieber.
Auf der anderen Seite des Raums begann das Mädchen sich im Schlaf zu winden. Es weinte. Jane tränkte einen weiteren Lappen und legte ihn dem Spieler auf die Brust. »Ich muss mich um das arme Mädchen kümmern«, sagte sie.
Sie ging durch den Raum, wobei der Boden unter ihren Füßen bei jedem Schritt nachgab. Es war heiß und stickig, und Jane brach auf der Stirn und unter den Achseln der Schweiß aus. Sie wischte ihn fort und trank aus ihrer Flasche. So reinigte sie ihr Inneres mit der Mixtur und blieb immun. Das war auch das Geheimnis der Kur. Der Trick war, zu wissen, wann man sie am besten verabreichte. Auf dem Höhepunkt der Krankheit hatte sie bislang immer geholfen.
In seinen
Weitere Kostenlose Bücher