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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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einem Seuchenhaus entweichen, was nicht bereits im Whitewood Creek wäre.
    Das Seuchenhaus wurde von Goldgräbern, Galgenvögeln und Huren genutzt und von jedem gemieden, der ein eigenes Dach über dem Kopf hatte, unter dem er krank sein konnte. In den zwei Jahren zwischen den beiden Ausbrüchen stand das Gebäude leer.
    Die Epidemie 1878 brachte einen anderen Erregerstamm mit sich. Im Frühling hatte es in Sidney, Nebraska, um die hundert Fälle gegeben, von denen vierunddreißig tödlich verlaufen waren. Jane hatte die Kranken dort gepflegt und kam Anfang Juli mit der Postkutsche zurück nach Deadwood.
    Der Aufenthalt in Nebraska hatte ihre Stimmung wieder gehoben – die die Barkeeper der Badlands zwei Jahre lang versaut hatten –, und sie hatte sich nun ganz der medizinischen Versorgung verschrieben. Mit dem Bein, das sie sich in Rapid City gebrochen hatte, hinkte sie noch immer.
    Charley hatte Lead an dem Tag verlassen, an dem er das Bordell weggegeben hatte, und wohnte nun wieder im
Grand Union Hotel
. Er sah Jane aus der Kutsche steigen – sie nahm ihren Hut ab, küsste den Boden, ließ ihren Adlerschrei ertönen und ging ins
Gem Theater
.
    Deadwood veränderte sich unaufhaltsam, und etwas an Janes Art erinnerte ihn daran, wie vorher alles gewesen war. Vor was, konnte er nicht genau sagen. Es wurde über Telefone und Straßenbeleuchtung gesprochen, aber das waren nicht die Veränderungen, die an ihm nagten. Obwohl er froh war, Jane zu sehen, mied er das
Gem Theater
eine ganze Woche lang.
    Aber er hörte von ihr. Ihren Adlerschrei hätte man selbst in einem Hagelsturm die ganze Main Street herunter vernommen, und der Flaschenfreund redete über sie. Sie behauptete, sämtliche Einwohner von Sidney ärztlich versorgt, fast alle Indianer Nebraskas getötet, die Witwe von General George Armstrong Custer besucht und Geschlechtsverkehr mit einem Hahn gehabt zu haben.
    Der Flaschenfreund wiederholte, was Jane erzählt hatte, und fragte, was davon wahr sei. Charley saß in der Wanne in der Nähe der Tür, wo er genug Licht zum Zeitunglesen hatte. »Sie wird die Kranken gepflegt haben«, sagte er. »Jane ist eine gute Krankenpflegerin.« Manchmal dachte er, Deadwood würde sich verändern, und manchmal dachte er, es wäre er selbst. Die Dinge schienen ein wenig dunkler geworden zu sein. Seine Augen sahen, was sie immer schon ge sehen hatten, aber auf eine subtile Art fiel das Licht nun in einem anderen Winkel herein und nie wirklich auf das, was er sehen wollte. Manchmal dachte er an Agnes Lake, als wäre sie bloß außer Sichtweite, manchmal dachte er, er hätte schon zu viel gesehen. Dass er erblindete, kam ihm nicht in den Sinn.
    »Das mit dem Hahn solltest du nicht glauben«, sagte er. »Wenn Jane Hahn gesagt hat, dann wollte sie nur angeben. Es war nichts, was sie ernst meint.«
    »Das ist das, was ich gehört habe«, sagte der Flaschenfreund. Er war über den Winter stark ergraut. Auf Charley wirkte es so, als gäbe es zwei verschiedene Menschentypen, die einen wurden mit den Hills warm und die anderen nicht. Und er war der Ansicht, dass ein Mann, der jede Woche, wenn er in den Spiegel sah, um ein Jahr gealtert war, sich ein neues Klima suchen sollte. Selbst wenn er ein Schwachkopf war.
    Aber die Geschichte der nördlichen Hills war eine Geschichte von Claims, gebrochenen Herzen – selbst jenes des Flaschenfreunds – und gescheiterten Existenzen. Und es gab irgendetwas Unbekanntes, das sie alle hielt, selbst Charley.
    Manchmal dachte er daran, zu gehen und nach Agnes Lake zu suchen, aber die Gedanken an sie waren wie Träume, und in seinen Träumen war sie in Deadwood, und er hatte Angst, sie zu verlieren, wenn er ging.
    Der erste Fall von Pocken trat an einem Freitag auf, zwei Wochen nach Janes Rückkehr. Es war eines der Freudenmädchen aus dem
Gem Theater
. Sie wurde von Al Swearingen in ihrem Bett gefunden, schweißgebadet, mit Pusteln auf der Haut und 41°C Grad Fieber, die Jane – nachdem sie in der Bar unter einem Tisch aus dem Schlaf gerissen wurde – bei ihr maß.
    »Schaff sie weg«, sagte Swearingen, als Jane ihm sagte, was es war. »Davon will ich nichts in meinem Haus haben.«
    Swearingen verließ das
Gem Theater
nicht mehr, eine Vorsichtsmaßnahme, die er wegen des Jungen im Priestergewand getroffen hatte, der gegenüber auf der Straße saß und auf ihn wartete. Er ging nicht einmal mehr ans Fenster. Es war nutzlos, denn er hatte Angst, wenn der Junge da war und wenn er nicht da

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