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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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antwortete Boone. Er schaute Solomon Star an und war dankbar, dass es doch noch jemanden gab, den ein menschlicher Kopf interessierte. Er wusste nicht, in welcher Beziehung der Papierkragen und der Sheriff zueinander standen, aber da sie dasselbe Büro hatten, entschied er, die Sache auch zu Solomon Stars Angelegenheit zu machen. »Der Sheriff will mir dafür keine Belohnung zahlen, aber ich glaub, dazu ist er verpflichtet.«
    Solomon Star setzte sich an seinen Schreibtisch und blickte auf die Papiere, die darauf lagen. Nicht so, als läse er sie, sondern eher, als versuche er, sich daran zu erinnern, was sie waren.
    »Er hat einer Schmalzlocke vor gerade mal einer Stunde zweihundertundfünfzig Dollar gegeben«, sagte Boone.
    Seth Bullock griff in seine Schreibtischschublade und holte eine Feuerzange heraus, hergestellt in Baltimore, Maryland. Für Boone sah sie aus wie eine gigantische Pinzette. Der Sheriff betätigte das schmale Ende, das andere Ende öffnete sich weiter, als Frank Towels’ Kopf breit war, und umfasste ihn. Er hob den Kopf mit der Pinzette hoch und ließ ihn auf Boones Schoß fallen.
    »Wenn ich dich für irgendetwas brauche«, sagte Bullock, »dann komme ich dich holen.«
    Boone dachte, es passte zu Seth Bullock, dass er eine Kopfzange in einer Schublade hatte.
    »Du findest mich in Cheyenne«, sagte er, packte den Kopf in den Beutel, zog an der Kordel und band ihn zu. »Und ich werd nicht vergessen, wer mir diese Unannehmlichkeiten bereitet hat.« Das klang allerdings nicht wie eine Drohung. Eher wie eine Frage.
    Der Sheriff starrte ihn regungslos an. Boone stand auf und suchte nach Worten. Er mochte es nicht, wenn Dinge am Ende wie eine Frage klangen. Und er mochte es nicht, wenn ihn jemand so ansah wie jetzt Seth Bullock.
    »Ich würde nicht allzu sehr auf Wild Bill zählen«, sagte er.
    Bullock gab keine Antwort.
    »Ich würde auf gar nichts zählen«, sagte Boone. Aber irgendwie hörte es sich immer noch nicht so an, wie es sollte.
    Boone ging hinaus, vorbei an dem Papierkragen, der immer noch dasaß und auf die Tischplatte starrte. Im Vorbeigehen streifte er ihn mit dem Beutel am Ohr. Solomon machte einen Satz zur Seite.
    Als die Tür sich schloss, stand Solomon Star auf und eilte in den hinteren Teil des Ladens. Dort hatte er stets einen Eimer Wasser stehen sowie eine Schüssel und schwarze Seife auf einem Schränkchen, dem einzigen Möbelstück, das er aus seinem Büro in Bismarck mitgenommen hatte. Seth Bullock hatte versprochen, sie würden den Rest bald nachholen.
    Bullock folgte ihm nach hinten. Solomon schüttete Wasser in die Schüssel und rieb dann Seife hinein, bis die Oberfläche dunkel und schaumig war. Er holte einen Waschlappen aus einer der Schubladen und stülpte ihn sich über die Hand. Er ballte die Hand zur Faust und begann, sein Ohr abzuschrubben.
    Bullock betrachtete das verblichene gelbstichige Bild, das Solomon an die Wand gehängt hatte. Es zeigte ihn auf dem Schoß seiner Mutter. Sie hatte eine Kieferpartie, wie er sie sonst nur noch bei Pink Bufords Bulldogge gesehen hatte.
    »Boone May ist eine Laune der Natur«, sagte Bullock nach einer Weile. »Es gibt Schlimmere hier als ihn, Leute, die man in überhaupt keine Richtung lenken kann.«
    Solomon hörte gerade so lange mit dem Schrubben auf, um zu sagen: »Er hat mit einem menschlichen Kopf unsere Geschäftsräume betreten.«
    »Wenn etwas tot ist, Solomon, dann ist es tot.«
    Solomon fing wieder an zu schrubben. Sein Ohr und die Haut drum herum wurden langsam rot. »Es war ein gesuchter Mann«, sagte Bullock. »Ein Mörder … ein Dieb. Er hätte die Kutsche überfallen können, mit der wir das Geld für die Brennöfen geschickt haben.« Bullock wusste, das dieses Argument bei seinem Partner schwerer wog, als wenn er nur ein Mörder wäre. Sie hatten sechzigtausend Dollar – Bullock hatte sich seinen Anteil von Solomon geliehen – für die drei Öfen aufgebracht. Das Geld war jetzt auf dem Weg aus Sioux City. Bullock sah schon den Tag vor sich, an dem die ganze Stadt aus Ziegelsteinen bestehen würde.
    Die Seife war in Solomons Haar geraten, und das klebrige Zeug, das er benutzte, um es glatt zu kämmen, rann seinen Nacken hinunter in den Kragen hinein. »Es ist ja nicht so, dass in Bismarck nie jemand gehängt wurde«, meinte Bullock.
    Solomon nahm den Waschlappen vom Ohr, das inzwischen die Farbe einer alten Frostbeule hatte, und begann sich mit einem Handtuch abzutrocknen.
    »Das ist Erhängen«, sagte er.

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