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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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als er in Charleys Bett lag, begann sie ihm zu entgleiten, die normale Welt. Der Junge wehrte sich nicht dagegen, es schien nicht etwas zu sein, wogegen man ankämpfen musste.
    Charley überlegte, ob er Matilda einen Brief schreiben sollte. Er begann am Abend des dritten Tages, den der Junge im Wagen lag.
    Meine liebe Frau,
    ich möchte Dich nicht verstimmen, aber Deinem Bruder ist ein harmloser Unfall passiert, deren Hintergründe ein Mysterium sind. Gab es in Eurer Familie Zungenbeißer?
    Als Charley bis dahin gekommen war, entschied er sich gegen einen Brief. Selbst wenn er ihr alles, was er wusste, schreiben würde – was nicht viel war –, würde es sie in keiner Weise zufriedenstellen, sondern nur in der Annahme bestätigen, dass sie einen schrecklichen Fehler begangen hatte, als sie ihm ihren Bruder anvertraut hatte. Andererseits hatte er ein Bild vor Augen, wie seine Frau eines Tages unerwartet auf der Bildfläche erschien und Malcolm im Wagen vorfand, mit einer geschwollenen Zunge, die ihm aus dem Mund hing, und einem Hirn wie ein gegrilltes Eichhörnchen.
    »Das sieht Matilda gar nicht ähnlich, hier unerwartet aufzutauchen«, erzählte er Bill später, »aber unmöglich ist es nicht. Sie hat das schon mal gemacht.«
    Bill dachte kurz darüber nach. »Wenn ich du wäre«, sagte er, »würde ich ihr einen Brief schreiben und ihn immer bei mir tragen. Wenn sie aufkreuzt und dem Jungen geht es nicht besser, würde ich ihn ihr geben und sagen, dass ich es nicht übers Herz gebracht hätte, ihr früher zu schreiben, weil ich sie nicht beunruhigen wollte.«
    Das hörte sich ganz vernünftig an. Charley hatte sich nie als Gefangenen der Liebe gesehen, aber Matilda hatte etwas an sich, das er mochte, besonders wenn er fort gewesen war, und er enttäuschte sie nicht gerne.
    »Weißt du«, sagte Bill, »du und Matilda, ihr seid nicht auf gleicher Höhe. Ein Mädchen wie sie kann Leute wie uns nicht verstehen.«
    Charley nickte, obwohl ihm das, was Matilda nicht verstand, keine Sorgen bereitete. Bill sagte: »Man wird nie erleben, dass meine Agnes reizbar ist. Da sie selbst berühmt ist, kennt sie die Situationen, in die man hineingeraten kann. Weil sie das versteht, ist sie anders. Es gibt nichts, was Agnes nicht versteht.«
    Aber Charley hörte heraus, dass dies nur ein Wunsch war.
    Mit dem Jungen ging es bergab. Er lag still, schaute an die Decke und tat nichts, außer zu sabbern und mit den Achseln zu zucken.
    Charley kaufte Milch bei einer Witwe, deren Mann kurz nach ihrer Ankunft in den Hills vom Blitz erschlagen worden war. Sie hatte vier Kinder – alles Mädchen, das jüngste war noch zu klein zum Sprechen –, und wenn Charley morgens ging, um die Milch zu holen, kamen sie angelaufen, nahmen ihn bei der Hand und begleiteten ihn nach hinten, wo die Frau mit der Kuh wartete. Charley fragte sich, was sie in den Hills hielt, aber sie selbst fragte er nie. Er löste seine Hände von denen der Kinder, bezahlte mehr für seine Milch, als sie verlangte, und ging wieder. Das Gefühl der Kinderhände, die sich um seine Finger klammerten, ließ ihn den ganzen Tag über nicht los.
    Im Wagen hob er Malcolms Kopf an und träufelte ihm die Milch in den Mund, immer ein bisschen. Manchmal kam Bill aus dem
Nuttall and Mann’s Number 10
zurück und wohnte der Fütterung bei. Dorthin ging er auf seinen Morgencocktail und zur täglichen Demonstration seines Könnens, Schwachköpfen und Besoffenen Flaschen vom Kopf zu schießen.
    Er zog immer sein Hemd aus, wusch sich im Whitewood und rieb sich dann die Brust mit Quecksilber ein, bis hinunter in die Hose zu seinem Gemächt. Dann zog er ein sauberes Hemd an und stellte sich ans Ende des Wagens, wo Charley den Jungen fütterte.
    »Wie geht’s ihm?« fragte er.
    Charley schüttelte immer den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
    »Nun«, sagte Bill dann, »er ist noch nicht bereit für die andere Seite.« Und als wollte er seinen Worten Taten folgen lassen, machte er sich auf den Weg in die Stadt, um Karten zu spielen oder den Reisenden Geschichten zu erzählen. An manchen Tagen gab ihm Charley zwanzig Dollar, manchmal brauchte Bill das Geld auch nicht. Es machte Charley nichts aus, er hatte noch nie im Leben Probleme gehabt, mehr davon aufzutreiben.
    Er brauchte eine Stunde, um einen Liter Milch aus der Flasche in Malcolm hineinzubekommen. Natürlich verschüttete Charley einiges, aber er hatte immer einen feuchten Lappen dabei, um das abzuwischen, was danebenging. Trotzdem breitete

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