Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet
industrialisierte Land in der Welt sind, das keinen bezahlten Mutterschutz kennt. Die Mütter haben dort lediglich einen gesetzlichen Anspruch auf zwölf Wochen Babyurlaub mit Jobgarantie, und selbst diese Regelung wird nur in größeren Firmen angewandt. Da das volle Gehalt während dieser Zeit nur in Ausnahmefällen gezahlt wird, sparen Frauen ihre gesamten Urlaubstage und sonstigen Ansprüche auf freie Zeit auf, damit sie in der Babypause wenigstens etwas Geld bekommen.
Auch Kindergeld ist in Amerika unbekannt. Wenn das Baby drei Monate alt ist, müssen die Eltern, wenn sie beide berufstätig sind, eine Kindertagesstätte finden und selbst bezahlen, bis das Kind fünf Jahre alt ist und in die Schule kommt.
Angesichts dieser eher harten Regelungen kann ich nicht verstehen, wenn die Deutschen sich über zu niedriges Kindergeld beschweren oder der Meinung sind, man müsste noch mehr Freizeitgarantien und größere Arbeitsplatzsicherheit bekommen.
So wichtig es ist, die gesetzlichen Grundlagen für das Kinderkriegen festzuschreiben, so klar muss man auch sagen, dass solche Gesetze leider fehlen, wenn es um den anstrengenden Alltag mit Babys geht.
Weder die Deutschen noch die Amerikaner haben ein Patentrezept für Babys, die die ganze Nacht hindurch schreien. Die Babys hierzulande sind wie überall auf der Welt: Sie trinken, machen Bäuerchen, weinen und schreien, wann sie wollen.
Der Standardratgeber für schlaflose Eltern war und ist Jedes Kind kann schlafen lernen . Peter und ich liehen uns das Buch von Freunden, aber leider hat es unser Leben nicht entscheidend verändert. Hätte unser Baby den Ratgeber selbst gelesen, hätte es vielleicht die Theorie verstanden und beherzigt. Diese Hoffnung gaben wir aber schnell auf. Der beste Trick, um Geena zum Schlafen zu bringen, stand ohnehin in keinem Buch.
Wie Peter und ich irgendwann herausfanden, war die Lösung des Problems die Doonst-up-zoogs-how-ba oder – auf gut Deutsch – die Dunstabzugshaube. Es war das längste deutsche Wort, das ich ganz schnell auswendig lernte. Denn es war wichtig, unserem deutschen Babysitter zu erklären, was für eine segensreiche Nebenwirkung diese technische Errungenschaft hatte: Wenn mir nichts mehr einfiel, um mein Kind zu beruhigen (ganz zu schweigen von mir), legte ich die Kleine in den Buggy und schob sie in die Küche, wo ich das Doonst-ab-zoogs-Dingens anschaltete. Das monotone Geräusch wirkte sofort beruhigend auf Geena, deren Augen immer schwerer wurden und schließlich zufielen.
Natürlich war die How-ba ungefähr so laut wie ein Hochgeschwindigkeitszug, aber bis heute gibt es keine Anzeichen, dass meine Tochter einen Hörschaden davongetragen hat. Außerdem freute ich mich darüber, dass die schicke Dunstabzugshaube in unserer Küche endlich auch einen vernünftigen Zweck erfüllte, statt einfach nur dekorativ von der Decke herunterzuhängen.
Doch nicht nur bei Schlafproblemen halfen Hausmittel. Ich lernte schnell, dass deutsche Eltern lieber auf altbewährte Heilmittel statt auf die konventionelle Medizin zurückgreifen, wenn ihre Kinder krank sind. Meiner Meinung nach ist das sehr interessant und auch sehr gut.
Was macht man zum Beispiel, wenn das Baby eine Kolik hat? Ich weiß zwar nicht, zu welchem Mittel in Amerika bevorzugt gegriffen wird, aber in Deutschland wurde mir geraten, meinem Kind regelmäßig ein Fläschchen Fencheltee mit einem Schuss Apfelsaft oder einer Messerspitze Traubenzucker zu geben, weil dies die Verdauung und den Magen-Darm-Trakt anrege. Deutsche Mütter dürften das für ganz normal halten, aber für mich war es eine großartige Entdeckung. Geena trank begeistert ihren Fencheltee, es war ihr Lieblingsgetränk bis zum Kindergartenalter.
Wenn ich amerikanischen Bekannten von diesem Zaubertrank erzähle, wundern sie sich immer darüber, dass Babys in Deutschland Tee trinken. Es ist für sie besonders schwer vorstellbar, dass ein Baby Geschmack an Fenchel findet. Das kann ich gut nachvollziehen, aber Geena hat dieser Tee geholfen und geschmeckt.
Die große Auswahl an Heilbädern gefällt mir auch sehr gut. Die kennt man in Amerika nämlich nicht. Inzwischen habe ich mich aber so daran gewöhnt, dass ich mich frage, was ich heute ohne das klassische Erkältungsbad machen würde. Für ein Kind mit Schnupfen und Husten gibt es kaum etwas Angenehmeres, und auch als Mutter habe ich ein besseres Gefühl, leichte Krankheiten mit pflanzlichen Mitteln zu bekämpfen als mit der chemischen
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