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Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet

Titel: Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Kloeppel
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Vielmehr ist es so, dass die Kleinen sabbernd auf dem Boden herumkrabbeln und Bazillen austauschen, während die Mütter die Stunde damit verbringen, Baby-Erfahrungen auszutauschen.
    Während die anderen Mütter sich aktiv einbringen konnten, war ich die Einzige, die die deutschen Spiele und Lieder nicht kannte. Was war aus Round and round the garden, like a teddybear oder eye-winker, nose-smeller, chin-chopper, chin-chopper, chin-chopper geworden? Das sind die Reime, mit denen wir in den USA die toddler , unsere Krabbelbabys, bei Laune halten. Ich kam mir in der Krabbelgruppe absolut fehl am Platze vor. Ich war erleichtert, als mein Mann mir gestand, sich dort genauso unwohl zu fühlen wie ich, nachdem er einmal für mich eingesprungen war.
    Zum Glück begann ich kurze Zeit darauf wieder zu arbeiten, und von da an ging die Tagesmutter mit Geena in die Krabbelgruppe. Die deutschen Kinderlieder habe ich trotzdem gelernt – durch den jeder Mutter wohlvertrauten Kinderliedersänger Rolf Zuckowski.
    Nachdem Geena laufen gelernt hatte, war es an der Zeit, zum Spielplatz zu gehen, damit sie ihre ersten kulinarischen Erfahrungen mit Sand machen konnte.
    Während sie dort spielte, konnte ich beobachten, wie deutsche Eltern ihren Nachwuchs erziehen. Dabei fiel mir auf, dass viele deutsche Eltern strenger mit ihren Kindern umgehen als wir Amerikaner. Ich hörte häufig barsche Worte, wie zum Beispiel »Steh auf, dir fehlt nichts!«, in Situationen, in denen ich eine Umarmung und ein paar tröstende Worte angemessener gefunden hätte. Vielleicht war das Verhalten der deutschen Eltern auf dem Spielplatz Teil des Konzepts, Kinder bereits im frühen Alter dahingehend zu erziehen, sich durchzusetzen, selbstständig zu werden und auf sich selbst aufzupassen.
    Ein deutscher Vater erzählte mir, dass er seine Jungs bereits im frühen Kindesalter daran gewöhnt hatte, von den Eltern getrennt zu sein. Er sagte: »Schließlich werden unsere Kinder später einmal flügge und verlassen irgendwann das Elternhaus, und da kann es nicht schaden, sie früh genug darauf vorzubereiten.«
    Natürlich finde ich auch, dass Kinder zur Selbstständigkeit erzogen werden sollten, aber ich glaube, Amerikaner legen mehr Wert darauf, den Jüngsten eine angenehme und sorgenfreie Kindheit zu ermöglichen, und rücken die Erziehung zur Selbstständigkeit erst später in den Mittelpunkt.
    Für das deutsche Konzept des Sichdurchsetzens gibt es im Englischen kein Pendant, man kann es noch nicht einmal wörtlich übersetzen. Doch hier war Sichdurchsetzen zu der Zeit ein Modewort, als ich mich in der Kleinkinderwelt durchwurschtelte. Aus diesem Grund wunderte mich das Ergebnis einer repräsentativen Untersuchung, die ich in diesem Zusammenhang entdeckte, keineswegs. 1991 hatte man zum ersten Mal deutsche Eltern befragt, auf welche Eigenschaften sie bei der Kindererziehung besonderen Wert legen. Auf Platz eins landete mit 75 Prozent das Durchsetzungsvermögen. Höflichkeit und gutes Benehmen folgten mit 68 Prozent erst an zweiter Stelle. Fünfzehn Jahre später wurde diese Umfrage wiederholt, und glücklicherweise – wie ich finde – landete dieses Mal die Höflichkeit mit 89 Prozent auf Platz eins. Allerdings kam das Durchsetzungsvermögen gleich danach mit 75 Prozent.
    Meiner Meinung nach sollten wir unseren Kindern vor allem beibringen, Respekt und Toleranz füreinander zu haben, aufeinander aufzupassen, sich gegenseitig zu helfen und Mut zu machen. Mir erschien dieses Konzept des Sichdurchsetzens immer ein klein wenig zu rabiat.
    Nicht nur bei den Erziehungskonzepten, sondern auch bei der Auswahl des Spielzeugs für den Nachwuchs gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Deutschen und den Amerikanern.
    Viele Deutsche favorisieren im Gegensatz zu meinen Landsleuten Holzspielzeug für ihren Nachwuchs. Manchmal scheint es mir, als gebe es die Devise: Alles, bloß kein Plastik.
    Andererseits frage ich mich aber: Woher kommen dann die lauten roten Bobbycars? Bobbycars sind nämlich das schrecklichste Plastikspielzeug, das je erfunden wurde. Von der Existenz dieser Nervtöter wusste ich vor meinem Umzug nach Deutschland nichts.
    Doch das sollte sich bald ändern: Eines Abends hörte ich ein furchtbares Grollen auf dem Nachbargrundstück, das ich absolut nicht einordnen konnte. Ich dachte, dass ein Flugzeug auf unser Haus stürzt, rannte nach draußen und suchte vergeblich den Himmel ab. Weit und breit war kein Flieger in Sicht. Ich spitzte die Ohren; der Krach

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