Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet
Berlin. Am Buffet entdeckte ich kleine Pfannkuchen, von denen ich mir einige nahm. Allerdings konnte ich nirgendwo Sirup entdecken. Ich nahm an, dass es welchen geben musste, weil im Hotel viele Touristen aus dem Ausland waren. Also fragte ich beim Kellner nach, der kurz darauf mit einer frischen Flasche Ahornsirup an unserem Tisch erschien, diese öffnete und daraus zwei winzige Kleckse auf meine Pfannkuchen träufelte. Ich bat ihn, ein bisschen großzügiger zu sein, da er keinerlei Anstalten machte, mir die offenbar äußerst wertvolle Sirupflasche anzuvertrauen. Prompt träufelte er zwei weitere Minikleckse auf meine Pfannkuchen und lächelte mich an. Er schien zufrieden darüber zu sein, dass er die hohe Kunst des Siruptröpfelns beherrschte, um auch die seltsamsten Wünsche ausländischer Gäste zu erfüllen. Dann ließ er mich mit meinen vier Sirupklecksen alleine. Die Flasche nahm er natürlich wieder mit. Wahrscheinlich musste sie noch ein halbes Jahr lang reichen …
Weitgehend angenähert haben sich die deutschen und die amerikanischen Frühstücksgewohnheiten bei Cornflakes oder Müsli, die Ernährungswissenschaftler und Werbefritzen etwas sperrig Cerealien nennen. Für mich ist das Fast Food der relativ gesunden Art. Besonders bewundernswert finde ich die Individualisten hierzulande, die sich die Mühe machen, ihr eigenes Müsli aus verschiedenen Vollkorngetreideflocken, getrockneten Früchten und Nüssen zusammenzurühren.
Ich werde oft gefragt, welche amerikanischen Lebensmittel ich am meisten vermisse. Dazu zählen unter anderem Grape Nuts , Frühstücksflocken aus verschiedenen Getreidearten, Salz und Hefe, die aussehen wie Hasenfutter, aber deutlich besser schmecken, und die ich schon kartonweise nach Deutschland geschleppt habe. Ich frage mich, weshalb all die gezuckerten Cornflakes aus den USA es hierher geschafft haben, nicht jedoch die vergleichsweise gesunden Grape Nuts . Wahrscheinlich weil es hier Müsli gibt …
Wer in ein fremdes Land zieht, vermisst vor allem in der Anfangszeit die vertrauten Lebensmittel und deckt sich bei jedem Besuch in der alten Heimat mit einem Vorrat ein, den er im Koffer in die neue Heimat schleppt. Tatsächlich besorge ich immer Chocolate Chips , Limonadenpulver und Melassesirup, wenn ich in Amerika bin, denn auf diese Lebensmittel, die in Deutschland nirgendwo erhältlich sind, möchte ich nicht verzichten.
Mittlerweile macht es mir jedoch Sorgen, dass ich, sollte ich eines Tages nach Amerika zurückgehen, auf die deutschen Lebensmittel verzichten muss, die ich lieb gewonnen habe. Deutsche Brot- und Brötchensorten sind nur schwer nachzumachen, und die Käseauswahl, die Kräuterquarksorten und alldie anderen Leckereien, die Bestandteil meiner täglichen Ernährung sind, wären nicht so einfach durch amerikanische Produkte zu ersetzen.
Denn je länger ich in diesem zunächst fremden Land lebte, desto mehr gewöhnte ich mich – bis auf wenige Ausnahmen – an die hiesigen Lebensmittel. Inzwischen habe ich mich an das Sortiment so angepasst, dass ich mich in amerikanischen Supermärkten verloren fühle. Und nicht nur das. Mir ist auch aufgefallen, dass das Einkaufen in Deutschland eher altmodischen Regeln folgt.
Vor einiger Zeit besuchte ich einen Supermarkt in Ohio, wo man seine Waren selbst scannen und bezahlen konnte, ohne auf eine Kassiererin angewiesen zu sein. Von meinen amerikanischen Freunden weiß ich, dass das in den USA mittlerweile gang und gäbe ist und keinen mehr erstaunt. Doch mir und meiner kleinen Familie war dieses System neu und fremd. Wir kamen uns vor, als wären wir in die Zukunft gereist.
Wieder zurück in Deutschland stellte ich enttäuscht fest, dass es hier nirgendwo Selfscanner gab. Dabei macht es richtig Spaß, sein eigener Kassierer zu sein.
15 BLAUER DUNST
Als ich dieses Buch über Deutschland zu schreiben begann, hätte ich nie gedacht, dass das Kapitel über das Rauchen schwieriger sein würde als das über den Zweiten Weltkrieg. Ich riskiere damit, viele meiner Freunde, der Leser und Politiker zu beleidigen. Dabei läge mir nichts ferner. Dennoch möchte ich von meinen in Deutschland gesammelten Erfahrungen und Beobachtungen über Raucher berichten, selbst wenn Deutschland inzwischen Schritte in die Richtung des besseren Schutzes von Nichtrauchern macht.
Es ist kein Geheimnis, dass die USA weltweit Vorreiter in Sachen Nichtraucherschutz sind. Dort würde niemandem einfallen, sich in öffentlichen Gebäuden eine
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