Deathbook (German Edition)
er der Tod selbst?
In der Abgeschiedenheit ihres Zimmers kamen ihr eine Menge verrückter Gedanken, aber Ann-Christin glaubte nicht wirklich daran. Dafür war ihr die Gestalt mit dem Kapuzenpullover zu menschlich vorgekommen. Allein wie er sich bewegt hatte. So tapsig wie ein Bär. Und dann die Augen hinter den roten Fäden, die auf dem Foto leider gar nicht zu erkennen waren.
Ann-Christin starrte das verwischte Foto an. Ja, es hatte etwas Dämonisches. Sie war versucht, es von ihrem Handy zu löschen, tat es aber nicht. Die Polizei würde es sicher sehen wollen.
Sie legte das Handy beiseite.
Es war bereits spät, aber an Schlaf war nicht zu denken. Vielleicht sollte sie noch ein wenig Internetrecherche betreiben? Sie hatte bereits vorhin damit begonnen, war aber nicht sonderlich erfolgreich gewesen.
Die Google-Suche nach Anima Moribunda hatte keine brauchbaren Ergebnisse gebracht. Ann-Christin hatte ein paar der angezeigten Links angeklickt. Einer hatte sie auf eine Seite geführt, die Satanophia hieß und sich mit World of Warcraft und Gilden beschäftigte. Das sagte ihr alles nichts, und es hatte auch nichts mit dem zu tun, was sie gerade erlebte.
Wonach sollte sie stattdessen suchen?
Sie starrte die Google-Startseite an.
Der blau umrandete weiße Balken mit dem bunten Google-Schriftzug davor passte nicht zu dem, wonach sie suchte. Er vermittelte eine farbige Fröhlichkeit, suggerierte den leichten Zutritt zu einer Welt voller positiver Überraschungen. Wer würde da nicht gern hinein? Aber Ann-Christin hatte in den letzten Tagen erfahren, dass dieser Eindruck täuschte. Je nachdem, welche Wörter man in den weißen Balken eingab, konnte er auch das Tor zu einer Schattenwelt sein. Der Tod, dass wusste sie nun, trieb sich im World Wide Web herum.
Sie tippte das Wort Tod ein, schickte Google aber noch nicht auf die Suche. Das Stichwort war zu beliebig.
Was also noch? Welche Wörter kamen ihr spontan in den Sinn? Was wusste sie über ihren Verfolger?
Sie hatte die Visitenkarte mit dem QR -Code darauf.
Sie warf einen Blick auf ihr Handy. Es war verführerisch. Ein Griff, ein paar Tasten drücken, und sie würde wissen, was Anima Moribunda von ihr wollte, vielleicht sogar, wer er war. Warum nur war der Widerstand in ihr so mächtig? Was hatte sie schon zu befürchten? Er lauerte ihr ja sowieso auf. Vielleicht würde er sogar damit aufhören, wenn sie den Code scannte?
Die Versuchung war groß. Sie kämpfte dagegen an. Das Google-Suchfeld blinkte, und sie musste daran denken, dass es auch nichts anderes war als eine Maske, hinter der sich sowohl alles Gute wie auch alles Böse dieser Welt verbarg.
Statt den Code zu scannen, gab Ann-Christin vier weitere Wörter in den Suchbalken ein. Nun standen fünf Wörter darin.
Tod. Maske. Visitenkarte. Deathbook. QR -Code.
Jetzt durfte Google suchen.
Und was der Bewahrer allen Wissens fand, versetzte Ann-Christin in Erstaunen.
Z uerst war die Spurensicherung eingetroffen, dann Kieling. Ich hatte mich vorher in Manuelas Wagen zurückgezogen. Ein erneutes Zusammentreffen zwischen ihrem Vorgesetzten und mir hielten wir beide nicht für sinnvoll.
In Jans Wohnung gab es ohnehin nichts für mich zu tun. Es sah nicht so aus, als sei die Wohnung Schauplatz eines Verbrechens geworden, es gab keine Einbruchs- oder Kampfspuren. Noch konnte ich mich der Hoffnung hingeben, dass Jan einfach nur unterwegs war. Aber nein, das war Blödsinn, dann wäre mein Handy nicht aus seiner Wohnung vor mein Haus gelangt. Oder hatte er es vielleicht selbst dorthin gelegt? Wusste er vielleicht doch, wo ich wohnte? Ausgeschlossen war es nicht. Dass ich Jan nicht erreichen konnte, musste auch nichts heißen. Ich kannte ja seine Vorliebe für digitale Auszeiten.
Obwohl ich wusste, dass ihm etwas zugestoßen sein musste, wollte ich unbedingt daran glauben, dass er in diesem Moment in seinem Fitnessclub im Whirlpool lag und es sich gutgehen ließ. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Ich holte meinen Laptop unter dem Sitz hervor und öffnete ihn. Es konnte nicht schaden, die Wartezeit zu nutzen und nach E-Mails zu schauen. Astrid Pfeifenberger wartete sicher auch auf eine Antwort.
Neue Mails waren nicht eingegangen. Ich schrieb an die Lehrerin, dass alles in Ordnung sei, ich nur zwei Tage nicht zu erreichen gewesen war und mich bei ihr melden würde, sobald ich Neuigkeiten hätte. Ich bedankte mich für das Foto und schrieb, ich würde es an die Polizei weiterleiten.
Danach loggte
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