Deathbook (German Edition)
wahrscheinlich die Heizung. Ansonsten war es still. Er fragte sich, was ihn geweckt haben konnte.
Sein Herz schlug viel zu schnell.
«Hör auf mit dem Quatsch», sagte er laut zu sich selbst und ging ins Wohnzimmer hinüber. Vor dem Regal stutzte er. Ein Film war nicht ordentlich in die lange Reihe einsortiert, sondern lag davor: «Der Feuerteufel» mit der kleinen Drew Barrymore auf dem Cover. Tommy konnte sich nicht erinnern, den Film vorhin aus der Reihe genommen zu haben, aber so musste es ja gewesen sein. Er steckte beide Filme zurück und wandte sich ab. Dabei fiel sein Blick auf die Terrassentür.
Tommy schrie auf und stolperte einen Schritt zurück.
Da stand jemand in der Dunkelheit direkt vor der Scheibe! Eine große schwarze, reglose Gestalt. Tommy taumelte rückwärts in Richtung Flur, ließ dabei die Gestalt nicht aus den Augen, und als er merkte, dass sie sich überhaupt nicht rührte, blieb er stehen. Nein, da stand keine Person. Jetzt fiel es ihm wieder ein. Es war einer der schwarzen Anzüge seines Vaters, der fein säuberlich auf einem Bügel zum Lüften draußen hing.
Tommy atmete stoßweise aus, presste die Hand auf den Brustkorb und musste kichern. So weit war es also schon gekommen: Er machte sich wegen eines Kleidungsstückes vor Angst in die Hose. Vielleicht sollte er doch auf seine Mutter hören und auf diese Splattervideos verzichten.
Er ging hinauf in sein Zimmer und setzte sich vor den Rechner. Jetzt war er hellwach und würde nicht wieder einschlafen können. Also checkte er seinen Facebook-Account: Keine Nachrichten. Tote Hose heute. Aber ein paar Mails waren eingegangen. Tommy öffnete den Eingangsordner, klickte auf die erste Mail und bekam abermals einen Schreck.
Es war ein Video.
Der Absender war wieder Anima Moribunda.
Wie ferngesteuert öffnete Tommy das Video. Was er sah, ließ das Blut in seinen Adern stocken und trieb ihm gleichzeitig den Schweiß auf die Stirn.
Die Kamera zeigte den Flur im Erdgeschoss. Die Garderobe mit dem Spiegel, an dem Tommys Mutter vorhin ihre Frisur überprüft hatte. Dann wechselte die Perspektive, und die Kamera bewegte sich in Richtung Küche. Von der Tür aus schwenkte sie einmal durch den Raum und zeigte den Deckel von der Nachoschüssel auf dem Tisch, den Tommy abgerissen und achtlos dort liegen gelassen hatte.
Die Kamera drehte sich und bewegte sich langsam durch den Flur auf das Wohnzimmer zu. Dort zeigte sie kurz den bedrohlich aussehenden Anzug vor der Terrassentür, bevor sie an dem Video-Regal stoppte. Die DVD -Rücken kamen ins Bild. Eine Hand erschien, griff in die Reihe, zog eine DVD heraus und hielt das Cover ins Bild. Es handelte sich um «Der Feuerteufel», eine Stephen-King-Verfilmung. Dann legte die Hand die DVD ab. Die Kamera verließ das Wohnzimmer. Langsam, Schritt für Schritt, stieg sie die mit dickem Teppich belegte Treppe ins Obergeschoss hinauf. Dabei entstand nicht das kleinste Geräusch. Oben vollführte sie einen Schwenk durch den Flur, bevor sie sich Tommys Zimmer zuwandte. Sie zeigte Tommy mit den Nachos auf dem Bauch auf seinem Bett liegend. Sein Mund stand offen, die Augen waren geschlossen und zuckten wild hin und her. Er schien lebhaft zu träumen. Die Kamera schwenkte zum Fernseher. Ein riesiger Kerl mit einer Kettensäge verfolgte Jessica Biel durch den Wald. Das Kreischen der Kettensäge war infernalisch.
Die Kamera löste sich von dem Bild und fuhr auf den Wandschrank an der rechten Seite des Zimmers zu. Die beiden Flügeltüren wurden aufgezogen. Die Kamera zeigte Tommys Kleidung. Dann tauchte sie darin ein, wurde gedreht und zeigte die beiden Türhälften, wie sie sich langsam wieder schlossen.
Tommy starrte den Bildschirm an. Das Video war zu Ende. Jeder einzelne Muskel in seinem Körper hatte sich verkrampft, er konnte kaum atmen. In dem in schwarzem Klavierlack gehaltenen Rand des Bildschirms sah er den Ausschnitt einer Spiegelung seines Zimmers. Er sah die Türen des begehbaren Kleiderschranks. Sah, wie sie ganz langsam geöffnet wurden. Von irgendwoher nahm Tommy die Kraft, sich umzudrehen.
Aus dem Schrank stieg eine massige Gestalt in schwarzer Kleidung.
Anstelle eines Gesichts trug sie die Maske mit den Blutfäden vor den Augen.
Als sie zu sprechen begann, wurde es Tommy schwarz vor Augen.
«Leiste deinen Beitrag …»
U m Viertel vor neun am Abend traf ich an der Adresse ein, zu der M. A. Thaunn mich bestellt hatte. Lazarettstraße 11 , Lechfelden.
Wie versprochen hatte er sich via
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