Deathbook (German Edition)
herunter. Die beiden fielen in den Dreck.
Torsten rappelte sich auf, blieb aber auf dem Boden sitzen. Seine linke Wange und seine Unterarme schmerzten von den Schlägen seines Freundes.
«Ich war ja wohl nicht der Einzige, der das wollte», schrie er die beiden an. «Von euch habe ich jedenfalls kein Nein gehört. Schiebt mir nicht die Schuld in die Schuhe. Wenn, dann tragen wir alle die gleiche Verantwortung.»
Schwer atmend saßen sie im Dreck und starrten zu Boden. Niemand mochte den anderen ansehen, keiner sprach. Eine Windbö strich über das Brachland, das zwischen ihnen und dem Wohnghetto lag. Staub wirbelte auf. Irgendwo kläffte ein Hund.
Minuten vergingen.
«Was machen wir jetzt?», fragte Marcel schließlich. «Zu den Bullen gehen und das Video zeigen?»
Alle drei hatten so ihre Erfahrungen mit der Staatsgewalt gemacht, und die waren durchweg schlecht. Torsten hatte bereits in Jugendarrest gesessen, die polizeiliche Akte der anderen beiden war ebenfalls gut gefüllt. Meist ging es um Diebstahl, Körperverletzung und Drogendelikte. Das Übliche eben. Dort, wo sie herkamen, ging man nicht zur Polizei. Egal, was war. Man regelte die Dinge unter sich.
«Ja», sagte Tobias, «das müssen wir … vielleicht lebt Julia noch, vielleicht hat er sie rechtzeitig abgeschnitten, kann doch sein, ich meine … kann doch sein, dass er uns nur Angst machen wollte damit wir …»
«Tobi», unterbrach Torsten ihn. «Du hast es auch gesehen. Ich wünschte, es wäre anders, aber Julia lebt nicht mehr.»
«Nein, nein, nein», Tobias schüttelte heftig den Kopf. «Auf dem Video sieht man gar nichts, es kann auch sein …»
«Sie hat sich eingepisst, das hast du auch gesehen … verdammt, sieh der Wahrheit ins Gesicht. Julia lebt nicht mehr.»
Wieder starrte Tobias Torsten an. Aber diesmal war keine Wut in seinen Augen. Nur noch Verzweiflung. Schließlich senkte er den Blick und begann wieder zu weinen.
Im selben Augenblick meldeten Marcels und Torstens Handys gleichzeitig den Eingang einer SMS . Tobias’ Gerät lag irgendwo draußen auf dem Brachland.
«Das ist er wieder», flüsterte Torsten und öffnete die Nachricht.
Die drei Jungs sahen sich an.
«Was machen wir jetzt bloß?», fragte Marcel flüsternd.
«Vielleicht ist Julia dort», sagte Tobias mit schwacher Hoffnung in der Stimme.
Torsten dachte einen Moment nach.
«Wir können die Bullen rufen», begann er. «Aber wir können auch heute Abend dorthin gehen und uns den Kerl schnappen. Für das, was er Julia angetan hat, hat er mehr verdient als nur in den Knast zu gehen. Ich will die Sau krepieren sehen.»
Torstens Augen blitzten vor Wut, als er seine Freunde ansah.
«Was sagt ihr?»
I ch wurde verfolgt. Glaubte ich wenigstens. Aber damit hatte ich ja gerechnet. Die Frage war nur, wer mich verfolgte. Die Polizei? Oder doch jemand anderes? Hätte ich den Wagen überhaupt so schnell bemerkt, wenn es die Profis von der Polizei waren?
Zehn Minuten nachdem ich von zu Hause aufgebrochen war, war mir der Wagen zum ersten Mal aufgefallen. Eine silberne Limousine, ich tippte auf einen VW Passat. Genau konnte ich die Marke nicht erkennen, denn der Wagen hielt einen ausreichend großen Abstand ein. Egal, mit welcher Geschwindigkeit ich selbst fuhr – der silberne Wagen kam weder näher noch fiel er nennenswert zurück.
Ich musste ihn irgendwie loswerden.
Das würde mir am ehesten in der Stadt gelingen. Bis dorthin tat ich so, als hätte ich nichts bemerkt. Ich fuhr sogar zum Bäcker und kaufte ein belegtes Brötchen. Zum einen war ich hungrig, zum anderen würde es Arglosigkeit vortäuschen. Hoffte ich. Als ich in der Bäckerei stand, entschied ich mich, meinen Verfolger ein wenig auf die Folter zu spannen. Ich ließ mir einen Becher Kaffee einschenken, setzte mich an einen Tisch am Fenster und aß dort in Ruhe mein Brötchen. Dabei suchte ich so unauffällig wie möglich nach dem silbernen Wagen. Auf dem großen Parkplatz eines Supermarktes gegenüber standen unzählige silberne Autos. Leider war der Passat kein exotisches Modell.
Nachdem ich das Brötchen zur Hälfte gegessen hatte, fiel mir das Werbeplakat auf der anderen Straßenseite auf. Eigentlich hätte ich es schon früher bemerken müssen, aber ich war zu sehr auf meine Verfolger fixiert gewesen.
Das Plakat war riesig. Eine große weiße Fläche, auf der sich weiter nichts befand als ein schwarzer QR -Code. Darunter ein Fragezeichen. Normalerweise, ohne die Erfahrung, die ich
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