Deathbook (German Edition)
musst du dir ein neues zulegen. Und noch etwas …»
Jan sah mich eindringlich an.
«Was?»
«Ich an deiner Stelle wäre verdammt vorsichtig. Wer auch immer hinter dir her ist, der hat es richtig übel drauf.»
I ch will auf der Stelle diesen verdammten Schreiberling sprechen! Was machen Sie da eigentlich?»
Erschrocken sah Manuela auf. Seit zwei Stunden hockte sie im Präsidium vor dem steinalten Röhrenbildschirm, der auf einem schmalen Ecktisch im Eingangsbereich eines Großraumbüros stand. Darin befanden sich noch sechs weitere Schreibtische mit modernen Rechnern, doch an die durfte Manuela natürlich nicht. Ihr Status war merkwürdig: Sie gehörte dazu, aber auch wieder nicht. Keiner der Kollegen, denen sie bisher begegnet war, hatte mehr für sie übrig gehabt als ein Nicken oder einen neugierigen Blick. Das störte Manuela nicht weiter. So konnte sie wenigstens in Ruhe arbeiten. Da Kieling ihr keinen konkreten Auftrag gegeben hatte, hatte sie sich an diesen Arbeitsplatz zurückgezogen, um online zu recherchieren. Darin war sie eigentlich ganz gut. Wenn es online etwas zu finden gab, fand sie es auch. Beim Deathbook war sie allerdings nicht weit gekommen. Es gab diese eine Startseite mit dem Maskensymbol, aber von dort kam man nirgends hin. Es schien so, als benötige man einen speziellen Code, um sich die Seite anschauen zu können. Einen Code, den der Täter an einen ausgewählten Personenkreis verschickte.
Von so einer Sache hatte Manuela noch nie gehört. Das war unheimlich, und es machte ihr Angst. Deshalb war sie so erschrocken, als Kieling plötzlich hereinplatzte.
«Online-Recherche», beantwortete Manuela seine Frage. «Ich versuche, mehr über dieses ominöse Deathbook herauszufinden.»
«Unfug!», stieß Kieling aus. «Für so etwas haben wir Experten beim BKA , die kennen sich mit diesem Internetkram aus. Für Sie habe ich andere Aufgaben. Holen Sie mir diesen Winkelmann her.»
Manuela warf einen Blick auf die Uhr.
«Es ist beinahe siebzehn Uhr.»
«Ja und? Müssen Sie pünktlich Feierabend machen, oder was?»
Kieling machte einen äußerst ungehaltenen Eindruck auf Manuela. Wahrscheinlich bekam er bereits Druck von oben.
«Nein, das nicht, aber ich dachte …»
«Das Denken überlassen Sie bitte mir. Ich will noch heute Abend die Unterschrift dieses Schriftstellers unter seiner Aussage. Außerdem habe ich noch ein paar Fragen. Wussten Sie zum Beispiel, dass es nicht so gut läuft für ihn bei seinem Verlag?»
Manuela zog die Augenbrauen in die Höhe.
«Nein, wusste ich nicht.»
Kieling nickte selbstzufrieden.
«Man kann auch das gute alte Telefon zur Recherche nutzen. Ich habe mit seiner Lektorin dort telefoniert. Eine Frau Naumann. Sehr sympathisch. Sie berichtet, Winkelmann hätte schon vor Wochen ein neues Buch abgeben müssen. So lange in Verzug war er noch nie, sagt sie. Zudem verhält er sich merkwürdig, wimmelt sie ab, hält Zusagen nicht ein. So etwas kennt sie nicht von ihm.»
«Aha», sagte Manuela. Sie wusste nicht, was sie mit dieser Information anfangen sollte. Für Kieling hingegen schien sie ein weiteres Puzzleteil zu sein, das sich nahtlos einfügte in sein Bild eines durchgeknallten Thriller-Autors.
«Also, worauf warten Sie? Bringen Sie den Mann her.»
«Auch dafür könnte man das gute alte Telefon nutzen», sagte Manuela und ärgerte sich im gleichen Moment über ihre schnippische Antwort. Bei Kieling durfte sie sich nichts erlauben.
«Was Sie nicht sagen. Und wenn ich das bereits getan habe, der Schreiberling aber nicht rangeht? Holen Sie ihn nun her, oder soll ich eine Streife schicken?»
«Nicht nötig, ich mach das schon.»
Manuela loggte sich aus, schnappte sich Tasche und Jacke und drückte sich an Kieling vorbei, der immer noch selbstzufrieden lächelte.
«Was ist mit dem Verbrennungsopfer?», fragte sie dabei. «Kennen wir schon die Identität?»
Kieling schüttelte den Kopf. «Und das kann auch noch eine Weile dauern. Ist ja nicht viel übrig.»
Eine eiskalte Hand legte sich ihr in den Nacken: Was für ein entsetzlicher Tod. Während sie die Treppen hinunterlief, dachte sie an Kathi, Andreas Nichte. Wenn sie wirklich nicht freiwillig in den Tod gegangen war, wenn sie wehrlos auf den Gleisen gelegen und den Zug kommen gesehen hatte, dann war das an Grausamkeit nicht zu überbieten. Manuela musste unbedingt noch einmal mit Kieling über Kathi reden. Bisher weigerte er sich, den Fall wiederaufzunehmen.
Sie verließ das Präsidium im
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