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Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer

Titel: Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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im Auto saßen und zur Straße hinaus fuhren. »Eine kleine Verschwörung? Ehefrau deckt ihren Mann, obwohl er fremdgeht?«
      Gemma schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Vielleicht bin ich naiv, aber ich kann mir Reid nicht als treulosen Schürzenjäger vorstellen. Die beiden leben gut zusammen, und die Zuneigung zwischen ihnen wirkt echt.«
      »Gilberts Beschuldigungen waren ihm peinlich, aber er war überhaupt nicht nervös. Ist Ihnen das aufgefallen?«
      »Was ist mit dem Liebhaber, von dem Valerie gesprochen hat?« fragte Gemma. »Glauben Sie, daß sie das nur gesagt hat, um uns von ihrem Mann abzulenken? Wer könnte es sein?«
      »Percy Bainbridge?« meinte Kincaid. »Nein, ich würde denken, der zieht kleine Jungen vor.«
      Gemma spielte mit. »Die Pfarrerin?«
      »Hm, das ist ein Gedanke. Sie ist eine hübsche Person.« Er warf ihr einen schnellen Seitenblick zu und zog eine Braue hoch.
      Gemma, die nicht wußte, wie die Pfarrerin aussah, verspürte einen Anflug von Eifersucht. »Wie wär’s mit Geoff?« fragte sie. »Vielleicht hat sie ein Faible für junges Blut. Oder vielleicht ist es . . .«
      »Brian?« riefen sie wie aus einem Mund in ungläubigem Ton. Kincaid sah sie an, und sie lachten beide.
      »Tolle Kombinationsgabe«, sagte er und schaltete vor der nächsten Kurve herunter.
      »Aber darauf wäre ich nie gekommen. Brian scheint mir überhaupt nicht Claires Typ zu sein. Da würde Reid viel besser zu ihr passen.«
      »Man darf die Wirkung täglicher Nähe nicht unterschätzen«, sagte Kincaid ruhig. »Und auch nicht die unberechenbare Natur des menschlichen Herzens. Was ...« Sein Handy dudelte, und er hielt inne, während er es aus der Tasche zog. »Kincaid.«
      Nachdem er einen Moment schweigend gelauscht hatte, sagte er: »Gut. In Ordnung. Ich gebe es weiter.« Er schaltete den Apparat aus. Mit einem bedauernden Blick zu Gemma sagte er: »Ich werde wohl ohne Sie mit Brian Genovase reden müssen. Jackie Temple hat versucht, Sie zu erreichen - sie sagt, sie muß Sie dringend sehen.«
     
    Gemma betrachtete Wills große, kantige Hände, die leicht auf dem Lenkrad lagen, und dachte darüber nach, ob andere ihn ebenso angenehm und beruhigend fanden wie sie. Er war auf einen Anruf bei der Dienststelle Guildford ins Dorf gekommen, um sie zum nächsten Londoner Schnellzug nach Dorking zu fahren. Er hatte keinen Versuch gemacht, sie aus ihrer Nachdenklichkeit zu reißen, doch sein Schweigen hatte nichts Gekränktes.
      Sie sah wieder zum Fenster hinaus, als der Wagen eine langgezogene Kurve umrundete. Hohe Bäume mit silbrig glänzenden Stämmen drängten auf beiden Seiten zur Straße, und die fallenden Blätter schwirrten durch die Luft wie Schwärme goldener Bienen. Die Schönheit berührte sie tief - scharfund süß -, und einen Moment lang fühlte sie sich weit offen und durchsichtig.
      Sie hatte wohl unwillkürlich einen Laut von sich gegeben; denn Will warf ihr einen raschen Blick zu und sagte: »Alles in Ordnung, Gemma?«
      »Ja. Nein. Ich weiß nicht.« Sie holte Atem und sagte das erste, was ihr in den Sinn kam. »Will, glauben Sie, daß wir je einen anderen wirklich kennen? Oder sind wir so geblendet von unseren eigenen Wahrnehmungen, daß wir nicht an ihnen vorbeisehen können? Ich habe versucht, mir Brian als liebenden Vater vorzustellen, der fähig wäre, alles zu tun, um seinen Sohn zu schützen. Aber das war nur eine Dimension, und durch sie wurde ich verhindert zu erkennen, daß er vielleicht Claires Liebhaber ist, ein Mann, der Alastair Gilbert aus Gründen getötet haben könnte, die mit seinem Sohn nicht das geringste zu tun haben. Und ich habe Claire nicht - ach was, schon gut.«
      Will lachte leise. »Sie haben Claire nicht als eine Frau von Fleisch und Blut gesehen, die so starke Wünsche und Sehnsüchte hat, daß sie mindestens die gesellschaftliche Achtung riskieren würde, um sie zu befriedigen.«
      »Sie scheint aber auch nichts zu überraschen«, stellte Gemma fest.
      »Nein, ich glaube nicht. Aber ich bin auch kein Zyniker. Dieser Beruf lehrt uns, einem Menschen zu vertrauen. Aber was bleibt denn sonst? Ich bin immer noch bereit, im Zweifelsfall an das Gute zu glauben.«
      »Das ist eine Gratwanderung«, sagte sie bedächtig. War sie selbst fähig, sie zu schaffen? Unter gesenkten Lidern hervor betrachtete sie Will verstohlen und fragte sich, ob sie sich wieder einmal von ihren vordergründigen Wahrnehmungen

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