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Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer

Titel: Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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gewußt hat, wovon sie redet, nicht wahr?«
      »Aber Sie haben doch sicher Freundinnen, mit denen Sie sprechen können«, meinte Kincaid, der auf die letzte Frage keine tröstliche Antwort wußte.
      »Die wollen auch nichts davon wissen. Man könnt meinen, ich wär eine Aussätzige - die tun so, als hätten sie Angst, sie könnten sich bei mir anstecken.« Sharon schniefte und sagte leiser: »Ich will sowieso nicht mit ihnen über Con reden. Das, was war, war nur zwischen uns, und so soll’s auch bleiben.«
      »Ja, das kann ich verstehen.«
      Ein paar Minuten saßen sie schweigend nebeneinander. In den kleinen Häusern gegenüber gingen die ersten Lichter an. Schattenhafte Gestalten bewegten sich hinter den Spitzenvorhängen, und hier und dort trat eine alte Frau aus der Tür, um die Milchflaschen hinauszustellen oder einen vergessenen Gegenstand hereinzuholen. Kincaid mußte an die Uhren denken, bei denen mit jedem Stundenschlag ein Figürchen aus dem Gehäuse tritt. Er sah die junge Frau an, die mit gesenktem Kopf neben ihm saß. »Ich sehe zu, daß Sie Ihre Sachen zurückbekommen, Sharon. Mrs. Swann möchte das auch.«
      Ihre Reaktion überraschte ihn. »Das, was ich da neulich abend gesagt... Ich hab inzwischen Zeit zum Nachdenken gehabt.« Im schwindenden Licht sah er flüchtig den Glanz ihrer Augen, ehe sie wieder von ihm wegschaute. »Was ich da gesagt hab, war nicht in Ordnung. Sie wissen schon. Über sie ...«
      »Sie meinen, als Sie sagten, Julia hätte Connor getötet?«
      Sie nickte. »Ich weiß nicht, warum ich das gesagt hab. Ich wollte wahrscheinlich einfach irgend jemandem weh tun.« Nach einer kurzen Pause sagte sie in einem Ton, als hätte sie eine ganz neue Entdeckung gemacht: »Ich glaube, ich wollte unbedingt glauben, daß sie wirklich so gemein ist, wie Con gesagt hat. Das hat mir gutgetan. Da hab ich mich sicherer gefühlt.«
      »Und jetzt?« fragte Kincaid. Als sie nicht antwortete, sagte er: »Sie hatten keinen Grund zu diesen Beschuldigungen? Con hat nie etwas gesagt, das Ihnen Anlaß gab zu glauben, Julia habe ihm gedroht?«
      Sie schüttelte den Kopf und sagte so leise, daß er sich zu ihr hinunterneigen mußte, um sie zu hören: »Nein.« Sie roch nach Kernseife, und die gute, saubere Alltäglichkeit dieses Geruchs weckte plötzliche Wehmut in ihm.
      Das Zwielicht begann sich zu verdunkeln, und hinter einigen der Fenster gegenüber war das bläulich flackernde Licht von Fernsehapparaten zu sehen. Kincaid stellte sich vor, daß die Alten dort drüben, lauter Frauen, soweit er gesehen hatte, jetzt schon ihr Abendessen einnahmen, damit sie es sich dann ungestört, isoliert von sich selbst und voneinander vor der Flimmerkiste bequem machen konnten. Es fröstelte ihn innerlich bei dem Gedanken, und er mußte eine plötzliche Anwandlung von Melancholie abschütteln. Aber warum sollte er ihnen ihr einsames Vergnügen verübeln?
      Sharon richtete sich ein wenig auf und zog ihre Strickjacke enger um sich. Sich die Hände reibend, um sie zu wärmen, wandte er sich ihr zu und sagte: »Eines noch, Sharon, und dann gehen Sie lieber wieder hinein, ehe Sie sich erkälten. Wir haben einen Zeugen, der sicher ist, Connor an dem fraglichen Abend im Red Lion in Wargrave gesehen zu haben. Nachdem er bei Ihnen weggegangen war. Connor traf sich mit einem Mann, auf den die Beschreibung von Tommy Godwin paßt, einem alten Freund der Ashertons. Kennen Sie ihn, oder hat Con je von ihm gesprochen?«
      Sie schwieg lange. Er konnte das Rattern ihrer Gedanken förmlich hören und meinte, wenn er nur genau genug hinsähe, würde er ihre in angestrengtem Nachdenken gekrauste Stirn sehen.
      »Nein«, sagte sie schließlich, »der Name ist mir unbekannt.« Sie drehte sich nach ihm herum. »Haben sie - haben sie gestritten?«
      »Dem Zeugen zufolge war es keine besonders freundliche Unterhaltung. Warum?«
      Sie führte ihre Hand zum Mund und begann am Nagel ihres Zeigefingers zu kauen. Nägelkauen war eine Form der Selbstverstümmelung, die bei Kincaid stets Abscheu hervorrief. Er wartete, die Hände gefaltet, um sich daran zu hindern, ihr die Hand vom Mund wegzureißen.
      »Ich hab gedacht, ich hätte ihn wütend gemacht«, sagte sie. »Er ist an dem Abend noch mal zurückgekommen. Er hat sich überhaupt nicht gefreut, mich zu sehen - er wollte nur wissen, warum ich nicht zu Gran gegangen war, wie ich gesagt hatte.« Sie berührte Kincaids Ärmel. »Deshalb hab ich das

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