Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
vorher nicht erzählt. Ich bin mir so blöd vorgekommen.«
Kincaid tätschelte ihre Hand. »Und warum waren Sie nicht heimgegangen?«
»Ach, ich bin schon nach Hause gegangen, aber Gran und ihre Freundinnen haben eher mit dem Bridge aufgehört - eine von ihnen hat sich nicht wohl gefühlt. Da bin ich wieder zu Con gegangen. Es hat mir leid getan, daß ich vorher so beleidigt abgedampft war. Ich hab gedacht, er würde sich freuen, mich zu sehen, und wir könnten -« Sie schluckte, unfähig fortzufahren. Doch was sie gehofft hatte, war Kincaid auch so klar.
»War er betrunken?«
»Er hatte was getrunken, ja, aber richtig betrunken war er nicht.«
»Und er hat Ihnen nicht gesagt, wo er gewesen war und mit wem?«
Sharon schüttelte den Kopf. »Er hat nur gesagt >Was tust du denn hier?<, und dann ist er an mir vorbeigegangen, als wär ich ein Möbelstück oder so was.«
»Und weiter? Erzählen Sie mir alle Einzelheiten, alles, woran Sie sich erinnern können.«
Sie schloß die Augen und überlegte einen Moment, dann begann sie gehorsam: »Er ist in die Küche und hat sich was zu trinken gemacht -«
»Nicht an den Barwagen?« fragte Kincaid, der sich des Sortiments von Flaschen auf dem Servierwagen im Wohnzimmer erinnerte.
»Ach, der war nur für die Gäste da. Con hat Whisky getrunken und hatte immer eine Flasche in der Küche stehen. Auf der Arbeitsplatte«, sagte sie und fuhr dann langsamer fort: »Dann ist er wieder ins Wohnzimmer gekommen, und mir ist aufgefallen, daß er sich dauernd den Hals gerieben hat. >Alles in Ordnung?< hab ich ihn gefragt. >Geht’s dir nicht gut?< Aber er hat mir gar nicht geantwortet. Er ist nach oben gegangen, in sein Arbeitszimmer, und hat die Tür zugemacht.«
»Sind Sie ihm gefolgt?« fragte Kincaid, als sie nicht weitersprach.
»Ich hab nicht gewußt, was ich tun soll. Ich wollte gerade raufgehen, da hab ich ihn oben reden hören - er hatte anscheinend jemanden angerufen.« Sie sah Kincaid an, und selbst im trüben Widerschein der Straßenlampen konnte er sehen, wie sehr sie sich quälte. »Er hat gelacht. Das ist es, was ich nicht verstehen konnte. Wieso konnte er lachen, wo er doch zu mir kaum ein Wort gesagt hatte?
Als er wieder runtergekommen ist, hat er gesagt: >Ich geh jetzt noch mal weg, Shar. Sperr ab, wenn du gehst.< Ich war inzwischen unheimlich wütend, das können Sie sich wahrscheinlich denken. Ich hab ihm gesagt, er kann seine verdammte Tür selber zuschließen, ich hätte keine Lust, mich von ihm wie ein kleines Flittchen behandeln zu lassen. Ich hab gesagt, wenn er mich sehen wollte, könnt er mich ja anrufen, und dann würd ich’s mir überlegen, falls ich nicht gerade was Bessres vorhätte.«
»Und was hat Connor darauf gesagt?«
»Er hat nur dagestanden und mich angestarrt, als hätt er kein Wort gehört.«
Kincaid, der Sharon in Wut erlebt hatte, dachte, daß Connor in der Tat mit seinen Gedanken ganz woanders gewesen sein mußte. »Und sind Sie dann gegangen?«
»Klar, mußte ich ja, oder? Was hätt ich denn sonst tun sollen?«
»Natürlich, die Szene verlangte einen großen Abgang«, sagte Kincaid lächelnd.
Sharon erwiderte das Lächeln ein wenig widerstrebend. »Ich hab die Tür mit solcher Wucht zugeknallt, daß ich mir den Nagel abgebrochen hab. Das hat vielleicht weh getan.«
»Sie haben also nicht selbst gesehen, wie er weggegangen ist?«
»Nein. Ich hab noch einen Moment rumgestanden. Wahrscheinlich hab ich gehofft, er würde nachkommen und sagen, es täte ihm leid. Schön blöd«, fügte sie bitter hinzu.
»Nein, das war gar nicht blöd. Sie hatten ja keine Erklärung für Cons Verhalten - ich glaube, ich an Ihrer Stelle hätte genauso gehandelt.«
Sie schwieg einen Moment, dann sagte sie stockend: »Mr. Kincaid, wissen Sie, warum Con - warum er mich so behandelt hat?«
Er wünschte, er hätte sie irgendwie trösten können, doch er sagte nur: »Nein« und fügte dann mit einer Bestimmtheit, an die er selbst nicht recht glaubte, hinzu: »Aber ich werde es herausfinden. Kommen Sie, ich bring Sie jetzt wieder nach Hause. Sonst hetzt uns Ihre Großmutter noch die Polizei auf den Hals.«
Ihr Lächeln war so schwach wie sein kleiner Scherz.
Als sie vor dem Häuschen standen, fragte er: »Wie spät war es, als Sie bei Con weggegangen sind, Sharon? Wissen Sie das noch?«
Sie wies mit dem Kopf zu dem trutzigen Kirchturm hinter
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