Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
zitterte seine Hand ein wenig.
»Und?« fragte Kincaid, als er nicht weitersprach.
»Sie war natürlich entsetzt. Und verletzt, wie Sie sich vorstellen können«, sagte Simons leise. »Ich glaube, dieser Schaden wird nicht leicht zu reparieren sein. Wir haben eine gute Ehe, sie ist wahrscheinlich besser als die meisten. Ich hätte niemals so achtlos damit umgehen sollen.«
»Das hört sich ja an, als hätten Sie nicht die Absicht, die Beziehung zu Julia fortzusetzen«, sagte Kincaid, der genau wußte, daß ihn das nichts anging und seine dienstliche Aufgabe keinerlei Rechtfertigung dafür war, die Grenzen des guten Geschmacks derart zu überschreiten.
Simons schüttelte den Kopf. »Nein, das ist unmöglich. Das kann ich nicht, wenn ich meine Ehe erhalten will. Ich habe es Julia schon gesagt.«
»Wie hat sie es aufgenommen?«
»Oh, sie wird nicht an gebrochenem Herzen sterben.« Simons lächelte mit einer Spur Selbstironie. »Ich war nie mehr als ein flüchtiges Abenteuer für Julia. Ich habe ihr wahrscheinlich die Mühe erspart, mir sagen zu müssen: >Tut mir leid, alter Freund, aber es war nur eine nette kleine Abwechslung<.«
Kincaid hatte den Eindruck, daß Simons genau wie Sharon Doyle froh war, mit einer neutralen Person sprechen zu können, und beschloß, seinen Vorteil zu nutzen. »Haben Sie sie geliebt?«
»Liebe? Ich weiß nicht, ob es möglich ist, Julia zu lieben, Mr. Kincaid. Ich bin seit fast zwanzig Jahren verheiratet - für mich bedeutet Liebe gestopfte Socken und >Wer ist denn heute damit dran, den Müll rauszutragen, Schatz?<.« Lächelnd trank er einen Schluck von seinem Whisky. »Das ist vielleicht nicht aufregend, aber man weiß, woran man ist ...« Er wurde plötzlich ernst. »Oder man sollte es wenigstens sein, wenn nicht einer von beiden sich wie ein Idiot benimmt. Ich war verliebt in Julia, fasziniert, verzaubert; aber ich weiß nicht, ob man ihr je nahe genug kommen könnte, um sie zu lieben.«
Es fiel Kincaid schwer, doch er wußte, daß er hier nachhaken mußte. Seine Stimme klang plötzlich hart. »Waren Sie verliebt genug, um für sie zu lügen? Hat sie die Galerie wirklich nicht verlassen, als die Party zu Ende war? Hat sie Ihnen nicht vielleicht gesagt, sie müsse noch einmal weg? Sie würde in ein oder zwei Stunden wieder da sein?«
Der freundlich humorvolle Ausdruck in Trevor Simons’ Gesicht erlosch. Er leerte sein Glas und stellte es dann langsam und mit Bedacht genau in die Mitte des Tischs. »Nein. Ich mag ein Ehebrecher sein, Superintendent, aber ich bin kein Lügner. Und wenn Sie glauben, Julia habe irgend etwas mit Connors Tod zu tun, kann ich Ihnen nur sagen, daß Sie sich auf dem Holzweg befinden. Sie war von dem Zeitpunkt an, als wir die Galerie schlossen, bis Tagesanbruch bei mir. Und da ich nun nichts mehr zu verlieren habe, da ich ja mit meiner Frau gesprochen habe, bin ich bereit, das auch vor Gericht auszusagen, wenn es sein muß.«
* 13
Kincaid läutete und wartete. Er läutete noch einmal. Aus der Wohnung kam kein Laut, und er wandte sich ab, unerwartet enttäuscht.
Das Geräusch der sich öffnenden Tür hielt ihn auf. Als er sich herumdrehte, sah er Julia in der Öffnung stehen. Sie sah ihn schweigend an, zeigte weder Freude noch Ärger über seine Anwesenheit. Dann hob sie das Weinglas, das sie in der Hand hielt, mit leicht spöttischer Geste. »Superintendent! Was verschafft mir die hohe Ehre? Wenn Sie hergekommen sind, um den bösen Polizisten zu spielen, kann ich Sie leider nicht hereinbitten.«
»Na so was«, sagte er mit einem Blick auf den roten Pullover, den sie über ihrer schwarzen Leggings trug, »ein plötzlicher Ausbruch von Farbe! Hat das eine Bedeutung?«
»Manchmal muß man seine Prinzipien aufgeben, wenn man nicht gewaschen hat«, antwortete sie feierlich. »Aber bitte, kommen Sie doch herein - was sollen Sie nur von meinen Manieren denken? Es könnte natürlich auch meine Art zu trauern sein«, fügte sie hinzu, als sie zurücktrat, um ihn einzulassen.
Kincaid folgte ihr in die Küche.
»Warten Sie, ich hole Ihnen ein Glas. Der Wein ist oben.« Sie öffnete einen Schrank und stellte sich auf Zehenspitzen, um zu einem der Borde im Schrank hinaufzureichen. Kincaid bemerkte, daß sie dicke Socken trug, aber keine Schuhe. Ihre Füße wirkten klein und ungeschützt. »Con hat die ganze Küche nach seinem Belieben eingerichtet«, bemerkte sie, während sie nach einem
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