Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
Eindruck. Der pinkfarbene Verputz wirkte gegen den grauen Himmel geradezu frivol.
      Kincaid ging lautlos und vorsichtig ums Haus, überprüfte die Türen und Fenster an der Vorderseite und betrat dann durch die Gartentür den Hintergarten. Die große Glastür zur Terrasse war verschlossen. Das hatte er damals selbst geprüft. Aber als er das Küchenfenster erreichte, entdeckte er, daß an der Unterseite ein schmaler Spalt klaffte. Er zwängte sich zwischen den Büschen an der Hauswand hindurch und zog sich am Fensterbrett hoch. Das Fenster ließ sich problemlos nach oben schieben. Nach kurzem Zögern kroch er lautlos durch die Öffnung ins Innere.
      In der Küche klopfte er sich den Staub von den Kleidern und sah sich um. Nichts deutete darauf hin, daß jemand hier gewesen war. Hatte er das Fenster bei seinem letzten Rundgang nachlässigerweise offengelassen? Er mußte plötzlich feststellen, daß sein Erinnerungsvermögen an den Abend von Vics Tod bestenfalls lückenhaft war.
      Er warf einen Blick ins Wohnzimmer. Alles war noch so, wie er es verlassen hatte. Dann ging er in Vics Arbeitszimmer. Hier allerdings hatte die Polizei, wie schon in Vics Büro in der Englischen Fakultät, ihre Visitenkarte hinterlassen.
      Leise stieg er die Treppe hinauf, prüfte methodisch zuerst das Gästezimmer, dann Vics Schlafzimmer. Schließlich blieb er im Flur stehen und hörte auf das Pochen seines Herzens. Solche Angst hatte er vor einem Fehlschlag, daß er das Naheliegendste bis zum Schluß aufhob. Er wartete, bis sein Atem ^wieder regelmäßig ging, dann öffnete er vorsichtig die Tür zu Kits Zimmer.
      Nach dem Halbdunkel des Flurs zuckte er vor dem Licht, das durchs Fenster flutete, geblendet zurück. Er wartete, bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, sah das leere Bett und die unberührte Überdecke. Sein Mut sank. Er hatte sich getäuscht, und die Zeit, die er mit der Fahrt nach Cambridge vergeudet hatte, war unwiederbringlich verloren.
      Dann, gerade als er sich abwenden wollte, hörte er ein Geräusch - ein Rascheln und ein verhaltenes Klopfen. Er erstarrte, horchte, und als es sich wiederholte, wußte er auch, woher es kommen mußte. Langsam durchquerte er den Raum und beugte sich über das Fußende des Bettes, bis er in die Ecke zwischen Bett und Wand sehen konnte. Dort lag ein kleiner, struppiger Hund auf einer zerknüllten Decke. Er hatte den Kopf zwischen die Pfoten gelegt und musterte ihn aufmerksam, während sein Schwanz leise auf den Fußboden klopfte.
      Und unter der Decke lag Kit, die Augen geschlossen, einen Arm über den Kopf gelegt, als habe er geträumt. Er trug noch immer seinen Anorak, und seine Brust hob und senkte sich in gleichmäßigem Rhythmus, während er mit offenem Mund atmete.
      Schwindel erfaßte Kincaid, und die Knie wurden ihm puddingweich. Er setzte sich aufs Bett, streckte die Hand aus und tätschelte den Hund, der prompt heftig mit dem Schwanz zu wedeln begann. »Du bist mir vielleicht ein Wachhund«, sagte er mit einem Lachen, das verräterisch belegt klang. Beim Klang seiner Stimme bewegte sich Kit und schlug die Augen auf. Kincaid sah den Ansatz eines Lächelns, als der Junge ihn erkannte, welches sich in blankes Entsetzen verwandelte, als er begriff, daß er entdeckt worden war.
      Kit richtete sich auf und versuchte, sich von der hinderlichen Decke und dem Gewicht des Hundes auf seinen Füßen zu befreien.
      »Hallo, Kit«, begann Kincaid grinsend. »Was zum Teufel machst du hier draußen?«
      Kit ließ sich gegen die Wand sinken und musterte ihn verwirrt. Dann sagte er: »Ich verstecke mich. Ich dachte, falls sie hinter mir her sind, schauen sie vielleicht nicht hinters Bett. Ich habe Tess befohlen, still zu sein.«
      »Sie ist ein gehorsames Mädchen. War nur ihr wedelnder Schwanz, der dich verraten hat. Warum hast du sie Tess genannt?«
      Kit streichelte den Hund. »Weil ich sie hinter Tesco gefunden habe.«
      »Ach, natürlich«, murmelte Kincaid. »Dumme Frage. Hat einer von euch seither eigentlich was gegessen?«
      »Hamburger. Der zweite Lastwagenfahrer hat uns Hamburger spendiert. Aber das ist lange her.«
      »Du bist also per Autostop hierhergekommen?« fragte Kincaid. Er dankte Gott, daß Kit seine Reise unversehrt überstanden hatte. Für eine Standpauke über die Unvernunft, in fremde Autos zu steigen, war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.
      »Mit vier Lastautos«, erklärte Kit nicht ohne Stolz. »Aber von

Weitere Kostenlose Bücher