Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
wolle?«
      »Nicht direkt, nein. Aber ich schätze, so war’s gemeint. Ich dachte, wenn ich ihr Zeit ließe, sich zu beruhigen, würde sie ihre Meinung ändern.«
      »Haben Sie auf sie gewartet?«
      »Nein, ich bin spazierengegangen. Und je mehr ich nachgedacht habe, desto mehr hatte ich den Eindruck, sie könne das alles gar nicht ehrlich gemeint haben. Als ich in das Lokal kam, dachte ich, sie würde dort bereits warten und mir sagen, es sei alles ein Irrtum.«
      »Und als sie nicht gekommen ist?«
      »Habe ich doch schon gesagt.« Mortimer holte Luft. »Ich habe sie angerufen und bin zu ihrer Wohnung gegangen. Aber sie war nicht da.«
      Kincaid musterte ihn gereizt. Sie wußten, daß Mortimer im Lokal gewesen war und Annabelle von dort aus tatsächlich angerufen hatte. Die Gerichtsmedizinerin hatte noch keinen Hinweis darauf gefunden, daß Annabelles Leiche in ihrem eigenen Wagen befördert worden war. Reg hatte kein Auto, und Kincaid hatte keine plausible Erklärung dafür, weshalb Reg Annabelle überredet haben könnte, freiwillig mit ihm in den Park zu gehen, damit er sie dort umbringen konnte.
      »Reg«, meldete sich Gemma nachdenklich zu Wort. »Sie kannten Annabelle besser als alle anderen ... vielleicht mit Ausnahme der Familie. Sie waren seit Ihrer Kindheit miteinander befreundet. Sie war sehr aufgebracht... vielleicht sogar am Boden zerstört. Was, glauben Sie, könnte sie gemacht haben, nachdem sie den Tunnel verlassen hatte?«
      »Meinen Sie, das habe ich mich nicht auch schon tausendmal gefragt?« erwiderte Mortimer. Dann runzelte er die Stirn. »Aber ... wenn sie einen Zufluchtsort brauchte, ist sie meistens in den alten Speicher gegangen.«
     
    »Warte mal kurz!« Gemma umklammerte Kincaids Ellbogen, um sich abzustützen, während sie aus ihrer Sandale schlüpfte und sich die Ferse rieb.
      »Blase?«
      Sie zog eine Grimasse. »Von dem verdammten Tunnel, glaube ich. Ein Königreich für ein Pflaster!« Nach dem Besuch bei Reg Mortimer waren sie erneut durch Island Gardens und den Fußgängertunnel nach Greenwich gelaufen, um der Rushhour im Autotunnel zu entgehen. Jetzt bereute Gemma zutiefst, neue Schuhe angezogen zu haben.
      »Ist nicht mehr weit«, tröstete Kincaid sie. Sie hatten den Eingang zu Martin Lowells Wohnblock erreicht, der unweit des Zentrums von Greenwich am Flußufer lag. Die Blocks hier waren aus Backstein, dunkelrot wie getrocknetes Blut, und zeigten erste Anzeichen von Vernachlässigung. Müll hatte sich in den Ecken des Innenhofs gesammelt, und die wenigen Büsche wirkten kümmerlich und ungepflegt. »Gleich auf der anderen Seite des Hofs scheint es zu sein. Die Nummer stimmt. Es liegen Welten zwischen dem hier und dem Emerald Cres-cent, würde ich sagen.«
      Gemma schlüpfte wieder in ihren Schuh und richtete sich auf. »Also gut. Sehen wir mal nach Prince Charming.«
      Martin Lowell riß die Tür auf, bevor Gemma überhaupt hatte klingeln können. »Was, zum ...«
      »Wir möchten gern noch mal mit Ihnen sprechen, Mr. Lowell«, begann Kincaid.
      »Ich dachte, wir sind durch. Hören Sie, ich habe eine Verabredung ...«
      »Offensichtlich haben Sie bei unserem gestrigen Gespräch ein paar Details ausgelassen. Gehen wir doch rein. Oder möchten Sie, daß Ihre Nachbarn alles über Ihre Affäre mit Ihrer Schwägerin erfahren?«
      Zwei Wohnungen weiter hatte sich eine Tür geöffnet, und eine Frau mit Lockenwicklern beobachtete sie unverhohlen neugierig.
      Ohne den Blick von Kincaid zu wenden, murmelte Lowell: »Neugierige Schlampe!« Dann trat er zurück, ließ sie ein und rief dabei: »Alles in Ordnung, Mrs. Mulrooney. Kein Grund zur Beunruhigung!«
      Gemma sah sich um. Sie fühlte sich an das eine Mal erinnert, als sie die Wohnung ihres Exmannes nach der Scheidung besucht hatte. Offensichtlich gab es Männer, die kein Talent hatten, sich irgendwie wohnlich einzurichten. Rob gehörte zu dieser Kategorie, und augenscheinlich auch Martin Lowell. Die Wohnung wirkte zumindest sauber, was man von Robs Behausung nicht behaupten konnte, aber das war auch der einzige Pluspunkt. Die Wände waren kittfarben und schmucklos, Sofa und passende Sessel hatten schlichte, braune Kordbezüge.
      Der offensichtliche Mittelpunkt war ein neuer Fernsehapparat auf einem einbeinigen Plastiktischchen. Der Rest war nicht der Rede wert, von dem ordentlichen Stapel Wirtschaftsmagazine neben der Fernbedienung auf dem Couchtisch abgesehen. Die

Weitere Kostenlose Bücher