Debütantinnen - Roman
war das Belmont ursprünglich als Hotel mit kleinen, aber luxuriösen Junggesellenwohnungen konzipiert, mit einem Restaurant und einem Hausmeisterdienst im Erdgeschoss. Es fungierte als privater Herrenclub, und Mitglieder brauchten eine Empfehlung. Damen war der Zutritt zum Haus streng untersagt, außer in der Bar im Keller, die als exklusiver Feierabendclub und Casino beliebt war, wo ein Gründungsmitglied, der Backwarenerbe Nicholas Warburton, dafür berühmt wurde, dass er bei einer Wette über die Farbe der Krawatte von Edward VIII., die dieser bei seiner Abdankung tragen würde, 20 000 Pfund verlor. »Welche Farbe auch immer sie hat«, bemerkte er, »man kann sich sicher sein, dass er sie nicht selbst ausgesucht hat.« Obwohl das Belmont inzwischen eines der führenden Luxushotels in Londons exklusivem Stadteil Mayfair ist, ist der schlicht als »106« bekannte Club weiterhin ein Mitgliedern vorbehaltenes Casino mit Rauchersalon, doch alle Hotelgäste werden beim Einchecken automatisch eingeladen, dem Club beizutreten.
Cate las den Abschnitt noch einmal. Dann war Nicholas Warburton also Lord Warburtons Sohn und Erbe − und durch die Heirat Lord Warburtons mit ihrer Mutter Baby Blythes Stiefbruder!
Als sie den Karton gefunden hatte, war sie überzeugt gewesen, auf die Mementos einer Affäre gestoßen zu sein. Hatte sie sich getäuscht? Oder hatten Baby Blythe und Nicholas Warburton eine sehr heikle Grenze überschritten? Vielleicht war das der Grund, warum der Karton versteckt worden war. Vielleicht war die ganze Beziehung ein Geheimnis.
Doch wenn dem so war, warum war der Karton dann in Endsleigh versteckt gewesen?
Sie stützte das Kinn in die Hand und konzentrierte sich.
Lord Warburton hatte einen Sohn. Und doch hatte er seine beiden riesigen Besitzungen dem Staat hinterlassen.
Warum? War Nicholas im Krieg gefallen?
Es war fast so, als hätte jemand versucht, sämtliche Spuren von ihm vollkommen auszulöschen und so zu tun, als hätte er nie existiert.
* * *
5 St. James’s Square
London
14. September 1934
Mein Liebes,
wie schön, von Dir zu hören. Es tut mir leid, wenn ich Anstoß erregt habe, indem ich auf dem Piccadilly Circus im Springbrunnen getanzt habe, aber ich habe, wenn ich ehrlich bin, nicht die geringste Erinnerung daran. Wenn die Fotos in den Zeitungen nicht wären, würde ich schwören, ich hätte zu der Zeit im Bett gelegen. Aber ich erinnere mich, dass es eine warme Nacht war und man absolut nirgendwo hingehen konnte, nachdem das Café de Paris geschlossen hatte. Ich vermute, jetzt, da Du die aufstrebende Gattin eines Mitglieds des Unterhauses bist, ist so ein Benehmen unangemessen, aber vielleicht kannst Du Dich damit trösten, dass, je empörender ich mich benehme, Du im Vergleich zu mir umso ehrbarer dastehst. Ich tue Dir im Grunde also einen Riesengefallen. Wir fahren dieses Wochenende alle nach Goodwood und das Wochenende danach dann nach Nizza, also kannst Du Dich wenigstens für ein paar Wochen entspannen und die Times in Frieden lesen.
Ich weiß, dass Du nur vernünftig sein willst, wenn Du vorschlägst, ich solle die amourösen Avancen von Georffrey Tynedale annehmen, und es stimmt, dass er lustig ist und sehr wohlhabend. Obendrein aber ist er so hässlich wie zwei Kröten. Und Du irrst Dich, wenn Du glaubst, ich müsste mir solche Ratschläge nicht jede Sekunde des Tages von Muv anhören. Eines nicht allzufernen Tages werde ich heiraten, aber im Augenblick ist das Leben zu bunt und aufregend, um meine Zeit damit zu verbringen, in Tüll gekleidet den Mittelgang hinaufzugehen. Und ich denke, wir wissen beide, wen ich für den Posten im Sinn habe, wenn ich Ja sage!
Bitte, lass uns weiter Freunde sein, Liebes. Du musst bestimmt lachen, wenn ich Dir erzähle, dass ich letzte Woche im Purdy’s Eleanor gesehen habe. Sie hat Safarikleidung bestellt und haufenweise neue Gewehre, denn sie hat den Antrag eines alten, klapprigen Kaffeeplantagenbesitzers im tiefsten, finstersten Kenia angenommen − ein Freund ihres Vaters, den sie das letzte Mal gesehen hat, als sie sechs Jahre alt war. Ich habe sie wirklich noch nie so lebhaft erlebt, obwohl sie in all dem Khakizeug aussehen wird wie ein gigantisches Zelt. Ich glaube nicht, dass sie ein Gewehr braucht − die Löwen haben doch sicher Angst, ihr zu nah zu kommen. Und Anne hat dem Kommunismus ein für alle Mal abgeschworen, nachdem sie eines Nachmittags früh zurück in die Wohnung kam, um einen Hut, den sie sich heimlich gekauft
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