Deception – Betörendes Trugbild – Teil 5 (German Edition)
nicht bei den Russen zurücklassen. Aber was sollte sie gegen drei Männer – vier, wenn sie den Fahrer mitzählte – und eine AK-47 alleine ausrichten?
Etwas in ihr zerbrach in tausend kleine Teile, als sie den Griff ihrer Tasche umfasste und mit einem letzten Blick auf die getönten Scheiben der Limousine auf den Ford zuging.
Kapitel 15
Obwohl das Wasser eiskalt war, tauchte Samantha ihre Waden hinein und hielt die Luft an. Kurz darauf begann sie zu zittern. Die dunklen Wolken zogen sich am Horizont immer weiter zusammen und der kühle Wind ließ sie schon jetzt den aufkommenden Sturm spüren.
Als der Regenschauer schließlich einsetzte, blieb sie trotzdem sitzen. Innerhalb von Sekunden war sie komplett durchnässt. Ihre Kleidung sog sich voll und hing unangenehm schwer an ihrem Körper hinunter, die Haarsträhnen klebten an ihrer Stirn und ihrem Gesicht.
Es dauerte nicht lange, bis Becky angelaufen kam und sie rügte. „Mensch, Sam! Was machst du denn da? Du holst dir noch den Tod! Jetzt komm ins Haus!“
Ohne ein Wort zu sagen, stand Samantha auf und drehte sich um. Das Wetter passte hervorragend zu ihrer Laune. Ihre beste Freundin hatte die Hände in die Taille gestemmt, die strenge Geste wurde von ihrem Marienkäfer-Regencape eher ins Lächerliche gezogen. Der rote Plastiküberwurf war nicht nur komplett mit schwarzen Punkten bedruckt, auf der Kapuze befanden sich auch noch zwei kleine Fühler – weil Becky mit ihren rötlichen Locken, den Sommersprossen und der schmalen Nase ja nicht schon süß genug aussah.
Energisch trat sie nun mit dem Fuss auf den Boden und befahl: „Marsch, ins Haus! Und nimm deine Schuhe mit. Deine Laune ist wirklich nicht auszuhalten, seit du aus der Schweiz zurück bist.“
„Tut mir leid“, murrte Sam, obwohl sie es nicht so meinte. Sie trottete hinter Becky her in ihre eigene Küche. Obwohl Sam im Moment keinen Wunsch nach Gesellschaft verspürte, hatte Becky sich einfach darüber hinweg gesetzt und sich selbst eingeladen. Nun hatte sie Scones gebacken und der Duft hing verführerisch in der Küche.
„Ich setzte jetzt Tee auf und du siehst zu, dass du aus den nassen Klamotten kommst. Wenn du in deinem Zimmer bist, sei doch so gut und guck, ob du deine gute Laune irgendwo findest.“ Samantha zog eine Schnute, gehorchte aber.
Nachdem sie ihre Haare trocken gerubbelt hatte, schlüpfte sie in Leggins und ein übergroßes Sweatshirt, das schon bessere Tage gesehen hatte. Sie versuchte wirklich, ihre miese Stimmung in Beckys Gegenwart unter Kontrolle zu halten – doch es wollte ihr einfach nicht gelingen. Zu sehr nagte die Frage an ihr, wo Michael jetzt war und ob es ihm gut ging.
Obwohl sie bereits ein paar Kontakte angerufen und versuchte hatte, Informationen zu bekommen, stand sie bisher mit leeren Händen da. Die Ungewissheit wirkte sich immens auf ihre Laune aus und es gab nichts, was sie dagegen tun konnte. Es war genau 17 Tage her, dass sie in den Wagen gestiegen und die Schweiz hinter sich gelassen hatte.
Nachdem sie viel zu lange gefahren war, hatte sie schließlich an einem Rastplatz in Deutschland gehalten und war in Tränen ausgebrochen. Der ganze Stress der letzten Tage, der Schlafmangel, die Angst und die Sorge um Michael waren zu viel gewesen. Hemmungslos hatte sie geschluchzt und so lange geheult, bis die Scheiben von innen beschlagen waren.
Irgendwann hatte es an der Tür geklopft und sie hatte sich fast zu Tode erschreckt. Als sie das Fenster heruntergekurbelt hatte, stellte sie fest, dass sie ausgerechnet einen Parkplatz mit kleinem Polizeihäuschen erwischt hatte. Der Mann in Uniform erkundigte sich ganz besorgt, ob alles in Ordnung war. Samantha blinzelte die Tränen weg und starrte ihn an. Dann jammerte sie etwas von einer schlimmen Trennung und Herzschmerz und nahm gelassen den unangenehm berührten Gesichtsausdruck des Polizisten zur Kenntnis, der sich kurz darauf auch verabschiedete und die Flucht ergriff.
Becky war leider weder so leicht zu beeindrucken, noch konnte Sam ihr die Wahrheit erzählen. Also hatte sie sich in Schweigen gehüllt und behauptet, möglicherweise eine Grippe auszubrüten. Doch langsam wurde ihre Ausrede etwas dünn.
Sie versuchte, ihr Spiegelbild anzugrinsen und sich einzureden, dass sie eigentlich allen Grund hatte, zufrieden zu sein. Über der alten Kommode hing jetzt die Madame Récamier und das war es doch, was Sam gewollt hatte. Trotzdem sanken ihre Mundwinkel nach unten. Sie wollte Michael und es
Weitere Kostenlose Bücher