Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen
Schreibtisch aus Rosenholz mit dazu passender Kredenz, auf denen winzige Keramikvasen und Glasfigürchen standen. Die vom Boden bis zur Decke reichenden Bücherregale enthielten medizinische Werke. In den oberen vier Reihen standen grundlegende Texte, die keine der üblichen Spezialisierungen erkennen ließen. Doch auf den beiden unteren Regalbrettern befanden sich Bücher über New Age und organische Medizin. Dicke Bände mit Titeln wie Kräuterkunde, Ernährung, Akupunktur, Biofeedback. Außerdem eine Buchreihe über die Kunst des Heilens – Quantum-Heilung, Heilung durch Licht, Heilung durch Wu Chi, Heilung durch Meditation, Heilung durch Aerobic, Heilung durch Wasser.
An den Wänden hingen Fotografien von Sonnenuntergängen, dazwischen berufliche Diplome. Decker las die Urkunden.
»Finden meine Zeugnisse Ihre Zustimmung, Sergeant?« fragte Brecht.
»Auf mich machen sie einen guten Eindruck, Doctor«, sagte Decker. »Aber ich könnte, ehrlich gesagt, kein falsches Diplom von einem echten unterscheiden.«
»Das ist meistens der Fall. Die Diplome hängen hier, um meine Patienten zufriedenzustellen, nicht um meinem Ego zu dienen.« Brecht fuchtelte mit den Händen herum. »Setzen Sie sich doch, Sergeant, Sie machen mich ganz nervös.«
Decker drehte einen Stuhl herum und setzte sich rittlings darauf, die Arme auf die Stuhllehne gestützt. »Dr. Brecht, es muß eine Verbindung geben zwischen Hermann Brechts Memoiren und dem Tod von Kingston Merritt.«
Brecht schüttelte energisch den Kopf. »Ich seh nicht, was es da für eine Verbindung geben sollte. Und was hat das überhaupt mit meiner Adoption zu tun?«
Decker verzog keine Miene. Brecht war immer noch beim Thema Adoption. Er hatte ihn an der richtigen Stelle gepackt. »Auf Ihre Adoption komme ich gleich«, sagte Decker. »Aber erst noch mal zurück zu den Memoiren. Haben Sie sie jemals gesehen, Doctor?«
»Gesehen? Sie meinen wohl gelesen?«
»Nein, sie gesehen«, sagte Marge. »Sie physikalisch in der Hand gehabt.«
Brecht zögerte. »Geht es Ihnen darum, die Existenz der Memoiren zu verifizieren?«
»Ja«, sagte Decker.
»Existieren tun sie. Ich hab sie gesehen. Ich war bei Lilah, als sie ankamen. Natürlich hab ich sie nie gelesen, aber ich hab sie gesehen – und einen Begleitbrief.«
»Haben Sie den Begleitbrief gelesen?« fragte Decker.
»Nein. Er war an Lilah adressiert.«
»Hat Lilah Sie gebeten, niemandem von den Memoiren zu erzählen?« fragte Marge.
»Ja. Lilah wollte das für sich behalten, bis die fünfundzwanzig Jahre nach Hermanns Tod vorbei waren. Das war eine von Hermanns Bitten, die in dem Begleitbrief standen.«
»Den Sie nie gelesen haben«, sagte Decker.
»Den ich nie gelesen habe. Lilah hat mir erzählt, was drinsteht.«
»Woher wissen Sie denn dann, daß der Begleitbrief an Lilah adressiert war?« fragte Decker.
»Nun ja, ich …« Brecht zuckte. »Ich hab den Karton gesehen, in dem die Memoiren ankamen. Er war an Lilah adressiert … genau gesagt an das Kind von Hermann Brecht. Irgend so was. Nur die Adresse war auf Deutsch. Der Begleitbrief war in Englisch. Ich verstehe nicht, was die Memoiren mit Kingstons Tod oder mit meiner Adoption zu tun haben sollen.«
»Doctor, was wissen Sie über Ihre biologischen Eltern?« fragte Decker.
Brecht schüttelte den Kopf. »Sergeant, sagen Sie jetzt bitte, was Sie von mir wollen, oder gehen Sie. Ich habe heute Nachmittag drei Patienten, und dann muß ich so schnell wie möglich wieder ins Krankenhaus. Lilah ist psychisch nicht sehr stabil. Ich möchte nicht, daß einer von Ihnen das heilsame Fluidum um sie herum zerstört.«
»Ich hab gar kein Interesse, mit ihr zu reden«, sagte Decker. »Nur mit Ihnen.«
Brecht wirkte verblüfft. »Also gut. Reden Sie.«
»Doctor«, sagte Marge, »wir haben durch Zufall einige interessante Dinge über Sie herausgefunden. Ich möchte verhindern, daß es für Sie ein Schock ist …«
»Mich kann nichts schockieren.« Brecht wirkte plötzlich ungeduldig. »Ich kenne meinen familiären Hintergrund, Detective. Mutter war immer sehr offen damit. Reden Sie weiter.«
»Doctor, ich will Sie nicht hinhalten«, sagte Decker. »Es ist nur … nun ja, ich glaube, Ihre Mutter war nicht ganz … ehrlich, was Ihre Herkunft betrifft. Deshalb möchte ich gerne hören, was Sie wissen.«
»Na schön! Ich werd Sie beide offenbar nur los, wenn ich Ihnen was erzähle.« Brecht nahm einen pyramidenförmigen Kristall von seinem Schreibtisch und begann über die
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