Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde
meiner Partnerin und mir den Arbeitsplatz erhält.«
23
Decker setzte die Sonnenbrille auf und sagte: »Zwei Dinge scheinen mir besonders wichtig. Erstens: Warum hat die Milligan so seltsam reagiert, als wir auf Gold zu sprechen kamen?«
»Ja, da war irgendwas faul. Die Stimme war brüchig, ihr Lächeln war wie festgefroren.«
»Aber die Augen blieben völlig ruhig. Ist dir das aufgefallen?«
»Aber klar«, bestätigte Marge. »Hat sie wahrscheinlich im Führungsseminar gelernt – da, wo sie einem auch beibringen: ›Lassen Sie sie nie sehen, daß Sie Schwitzens«
Decker lächelte. »Diese geringschätzige Art, wie sie über Gold gesprochen hat. Und ganz ohne irgendeinen erkennbaren Grund.«
»Also denken wir doch, pervers wie unsere Gedanken sind, gleich darüber nach, ob Milligan und Gold gemeinsame Sache machen.«
»Es ist mir in den Sinn gekommen.« Decker ging langsamer. »Das andere, was mich beschäftigt, war folgendes: Warum sollte Milligan sich mit jemandem wie Arik abgeben, selbst wenn er ein Spitzenschleifer war. Milligan war fürs Marketing zuständig, nicht für die Fertigung.«
»Ich weiß, wie dein Hirn funktioniert«, griente Marge. »Du denkst, daß sie vielleicht keine Wahl hatte. Yalom hat sie erpreßt.«
»Irgendwas in der Art.« Decker dachte einen Moment nach. »Dieser Briefwechsel – die verschleierten Drohungen. Und in den späteren Briefen gar nicht mehr so verschleiert.«
Marge nickte: »Für mich las sich das genau so, wie Milligan die Briefe beschrieben hat. Wie die wilden Ergüsse eines Irren.«
»Also nehmen wir mal an, er war irre. Warum sollte sich Milligan mit einem Irren abgeben?«
»Sie hat der Sache ein Ende gemacht, Pete.«
»Vielleicht hat sie aber auch ihm ein Ende gemacht. Ihn umlegen lassen.« Decker hielt inne. »Ia, ja, ich weiß. Weit hergeholt. Ich schaue mal eben von hier nach China rüber, um etwas zu beobachten, das es gar nicht gibt. Wahrscheinlich hat VerHauten ihr aufgetragen, sich mit Yalom abzugeben, weil sie ihn als Schleifer brauchten.«
»Und überhaupt, womit sollte Yalom Milligan erpressen?«
»Das kann ich auch nicht beantworten. Yalom wollte ein Entrée bei VerHauten, um seine Minenanteile und das Land zu verhökern, und die Milligan war seine Eintrittskarte.«
Marge strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Gefällt mir.«
Decker leckte seinen Zeigefinger an und zog einen imaginären Schlußstrich in die Luft. »Wenn wir uns die Milligan in der Rolle der Erpreßten vorstellen, ergibt es durchaus einen Sinn, daß sie Yalom direkt geantwortet hat. Du gehst nicht zu deinem Boß, wenn du ein persönliches Problem hast. Du versuchst, dich selber drum zu kümmern.«
»Aber Pete, irgendwann hat sie die Briefe doch VerHautens Anwälten übergeben.«
»Ja, das hat sie.« Decker zuckte die Achseln. »Dann liege ich halt daneben. Wäre nicht das erste Mal.«
Sie gingen in das abgedunkelte Labyrinth der Tiefgarage. Nach der üblichen Minute, die man zur Orientierung braucht, fanden sie den Zivilwagen. Marge setzte sich ans Steuer, Decker spielte den Beifahrer.
»Was ich gerne wüßte, ist, was mit Gold los ist«, grübelte Marge. »Sein Partner ist tot, und er ist nirgends zu finden. Als wir ihn zuletzt gesehen haben, war er halb betrunken und wollte mit einer geladenen Pistole losziehen, um die Jungen zu retten.«
»Du hast vergessen, daß er sich als Polizeibeamter ausgegeben hat«, sagte Decker.
»Was spielt er bei der ganzen Sache für eine Rolle? Und dann erwähnen wir ihn Milligan gegenüber, und sie benimmt sich ganz komisch. Vielleicht haben wir gar nicht daneben gelegen. Vielleicht haben Gold und Milligan gemeinsame Sache gemacht.«
»Bei was?«
»Weiß ich nicht.« Marge überlegte kurz. »Laß uns noch mal zu deiner Erpressungsgeschichte zurückgehen, Pete. Nehmen wir an, Yalom hat Milligan erpreßt. Sagen wir, er hatte irgendwas wirklich Schlimmes gegen sie in der Hand. Wenn Milligan also jemanden beauftragen wollte, um ihn auszuschalten, wer wäre dann besser für den Job geeignet als Gold? Er mochte seinen Partner nicht –«
»Gold hat ein Alibi.«
»Gold kann auch jemanden bestechen«, warf Marge ein. »Außerdem war der Mann Scharfschütze beim israelischen Militär. Wir wissen doch beide, daß ein Scharfschütze sowieso nichts anderes ist als ein sanktionierter Mörder.«
»Wie kannst du so etwas Gemeines sagen«, fauchte Decker sie an. »Was weißt du schon, was im Krieg für Gesetze herrschen?«
Es wurde kalt und still
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