Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
Gesicht, dann fiel der Stummel zu Boden. Decker rieb in aller Ruhe über den heißen Fleck auf seiner Wange und trat die Kippe aus. Dann zündete er noch eine Zigarette an und steckte sie Whitman zwischen die Lippen.
»Sie wird das ungefähr ein Jahr lang durchhalten, Sohn. Dann wird sie anfangen, Besuche ausfallen zu lassen. Und was wird dann aus dir? Und bevor du den Mund aufmachst, um mich zu verfluchen, denk erstmal über das nach, was ich sage. Denn wenn du mit mir sprichst, hilfst du dir vielleicht selbst.«
Den Blick starr zur Wand gerichtet, sagte Whitman: »Hat sie jemand anderen kennen gelernt, Decker? Lügen Sie mich nicht an.«
»Whitman, dein Mädchen ist Hals über Kopf in dich verliebt, und das ist beileibe keine Lüge. Aber die Zukunft ist schon ein komischer Vogel. Du weißt, was ich damit sagen will?«
»Sie hören sich an wie mein Onkel.« Whitman zog an seiner Zigarette. »Hat er Sie gekauft oder was?«
»Nein.«
»Was soll das hier dann alles? Sie können mich nicht ausstehen.«
Decker antwortete nicht.
»Ich kapier das nicht«, sagte Whitman. »Was wollen Sie?«
»Erzähl mir von den Männern in Cheryls Leben.«
Eine lange Pause. Dann sagte Whitman. »Ich bin sicher, dass Cheryl mir nicht alles erzählt hat. Ich weiß nicht einmal, warum sie mir überhaupt etwas erzählte. Es war mir völlig egal.«
»Vielleicht hat sie es dir gerade deshalb erzählt.«
»Um mich eifersüchtig zu machen?« Er zuckte die Achseln. »Hat nicht funktioniert. Es war mir gleichgültig, was sie tat. War zu sehr damit beschäftigt, Terry aufzulauern.«
»Terry aufzulauern?«
Whitmans Augen schauten in weite Ferne. »Nachdem sie mich in die Wüste geschickt hatte, fing sie an, mit diesem … Typ zu gehen. Ein kompletter Idiot, aber ich konnte sehen, dass sie ihn mochte.« Sein Atem beschleunigte sich. »Nach außen hin war ich total cool …«, kurze Atemzüge, »aber innen drin … im Kopf … war ich am Abgrund und rutschte … ich hing am Rand der Klippe und hatte schweißnasse Finger … und da fing ich an, mir Rachepläne auszudenken. Die erste Vorstellung war, ihn umzubringen … dann sie zu kidnappen … in einem Keller gefangen zu halten … wie in dem Buch Der Sammler von John Fowles. Mal gelesen?«
Decker nickte.
»Ich hätte es tun können, wissen Sie. Ich kann sehr gut Sachen verstecken.« Whitman rauchte die letzten Züge und trat dann die Kippe mit dem Schuh aus. »Haben Sie noch eine?«
Decker gab ihm noch eine Zigarette.
Whitman nahm sie, gab eine gewaltige Rauchwolke von sich, lehnte sich zurück und starrte durch den Krebs erregenden Dunst zur Decke. »Wissen Sie, warum ich es nicht getan habe? Weil ich zwischen monströsen Gedanken und selber ein Monster zu sein unterscheiden kann. Das ist der Unterschied zwischen mir und meinem Onkel.«
Er war völlig in seinen Albtraum versunken, aber Decker rief ihn in die Gegenwart zurück. »Cheryls Partner, Chris.«
Whitman schnalzte mit der Zunge. »Ich weiß, dass sie mit einem Lehrer an der Schule ein heimliches Verhältnis hatte – Tim Gobies. Er stand dem Komitee für den Abschlussball vor. Was waren wir überrascht, als sie Ballkönigin wurde.«
Decker schnappte sich seinen Notizblock und fing an, sich Notizen zu machen. »Sprich weiter.«
»Ich weiß, dass sie es irgendwann mit jedem in der Gruppe getrieben hat.«
»Und die Gruppe sind …«
»Steve, Tom … Steve Anderson, Tom Baylor, Blake Adonetti. Und ich weiß, dass sie auch mit anderen Jungen an der Schule was hatte. Sie mochte Sex. So einfach ist das. Zu Anfang war sie auch ziemlich gut. Dann wurde sie schnell richtig abgefuckt. Ich glaube, deshalb hat sie auch angefangen, ihn als Zahlungsmittel einzusetzen. Das war was anderes. Gab einen besonderen Kick.«
»Trupp?«
»Ja, Trupp. Im Tausch für Zimmer, wenn ihre Mom oder einer von deren Freunden sie rausgesetzt hatten. Sie hat Tim Globles gebumst, um den Titel als Königin zu bekommen und ein A in seinem Fach. Fürs Essen hat sie diesen Lebensmittelhändler gehabt … eigentlich jeden, der etwas hatte, was sie brauchte. Meistens alte Typen. Ihr gefiel deren … Verzweiflung.«
»Noch irgendwelche anderen Männer?«
Whitman sah zu Decker auf und lächelte. Kein Zahnpastareklamelächeln mehr. Seine beiden Vorderzähne waren abgesplittert und von Kaffee und Zigaretten gelb verfärbt. »Sie sagte, sie hätte es mit einem Cop getan.«
Decker schaffte es, keine Miene zu verziehen. »Hast du einen Namen?«
»Hat sie nie
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