Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
aufgeklärt!«, stieß Bontemps zwischen verkrampften Kiefern hervor.
»Nicht zu meiner Zufriedenheit. Sehen Sie sich das hier mal an, Bontemps.« Decker legte ihr ein paar Testergebnisse vor. »Das hier sind die Laboruntersuchungen im Fall Cheryl Diggs. Und jetzt diese hier …« Decker breitete weitere Blätter mit Zahlenkolonnen und Diagrammen aus. »Das hier sind Deanna Greens Tests. Vergleichen Sie mal die Blutwerte.«
Bontemps nahm einen Stapel auf. »Das sind mehr als zwanzig Seiten mit Daten, Sir.«
»Überfliegen Sie’s. Und sagen Sie mir einfach, was Sie sehen.«
Bontemps sagte: »Ich bin keine erfahrene Analytikerin.«
»Das bin ich auch nicht. Sagen Sie mir nur Ihren Eindruck als Laie.«
Widerstrebend fing Bontemps an, die Seiten durchzugehen. Je länger sie las, desto mehr versank sie in ihre Aufgabe. Nach fünf Minuten sagte sie: »Es sieht so aus, als hätten wir es mit derselben Person zu tun … vielleicht.« Sie sah Decker an. »Aber vielleicht auch nicht.«
Decker sagte: »Bontemps, das Sperma, das hier untersucht worden ist, stammt nicht von Whitman. Und das Schamhaar auch nicht.«
»Das heißt nicht, dass er sie nicht getötet hat.«
»Nein, aber es heißt, dass wir es mit zwei Männern zu tun haben, von denen wir den einen nicht kennen. Und dieser eine könnte eventuell schon vorher vergewaltigt und getötet haben. Und wenn er schon einmal getötet hat, kann er es wieder tun. Verstehen Sie nun, warum ich unseren Mr. Unbekannt gern in die Finger bekommen möchte?«
Sie versuchte die Worte herauszubringen, kam aber ins Stottern. Schließlich sagte sie aber, was sie dachte. »Verzeihen Sie, wenn ich … anmaßend klinge, Sergeant, aber das hört sich an, als wollten Sie einem Schwarzen einen Mord anhängen.«
Decker durchbohrte sie mit den Blicken. »Anmaßend?«
Bontemps blieb todernst. »Sie wissen, was ich meine.«
»Können wir vielleicht nur mal für einen Moment die Rassenfrage vergessen?«, sagte Decker. »Ich habe ein Opfer, Officer. Sie wurde vergewaltigt und ermordet und schwamm in einem Meer von Beweismaterial. Und dieses Beweismaterial passt zu Proben, die bei einem vor zwei Jahren geschehenen Mord genommen wurden. Diese Tatsachen springen mich einfach an, und ich bin nicht bereit, sie zu ignorieren. Ja, ich habe einen geständigen Mörder. Aber ich weiß auch, dass noch jemand beteiligt war.«
»Haben sie gemeinsame Sache gemacht?«
»Gute Frage. Aber ich glaube es nicht. Whitman kommt mir nicht vor wie jemand, der mit einem Partner zusammenarbeitet. Hören Sie, ich führe hier nur eine gründliche Ermittlung durch, so wie ich es von Anfang an hätte tun sollen. Sind Sie dabei oder nicht?«
»Ich bin dabei.« Bontemps bemühte sich um Ruhe, aber ihr Gesicht war verkrampft von der inneren Anspannung. »Ja, ich bin dabei. Aber ich habe meine Zweifel. Sir, ich bin eine vereidigte Polizeibeamtin. Und ich zögere, weil Sie ohne Zustimmung Ihres Vorgesetzten an einem bereits aufgeklärten Fall arbeiten. Das bringt mich in eine sehr schwierige Situation.«
»Das tut es allerdings«, gab Decker zu. »Und ich verstehe sehr gut, was Sie meinen. Vielleicht, wenn mein Vorgesetzter diese Papiere gesehen hätte …« Decker begann die Laborergebnisse wieder in seiner Aktentasche zu verstauen, »wenn er das hier gesehen hätte, vielleicht hätte er dann auch so seine Zweifel gehabt wegen Whitman. Aber- wahrscheinlich nicht. Er war nämlich schlichtweg erleichtert, als Whitman die Tat gestanden hat. Er wollte einfach nicht mit irgendeinem Schwarzenproblem konfrontiert sein.«
Bontemps schwieg. Decker beobachtete ihr Gesicht. Erstarrt, wie ein Reh im Scheinwerferlicht.
Schnell setzte er nach. »Es ist eine traurige Geschichte, wenn man sich bei einer Mordermittlung von der Rasse beeinflussen lässt. Aber ich denke, das ist manchmal unvermeidlich. Wir haben alle unsere Vorurteile. Ich kann nur sagen, danke, dass Sie mir helfen wollen, Officer Bontemps. Vielen Dank. Sie tun das Richtige.«
»Ich hoffe nur, dass wir uns mit dieser ganzen Sache nicht ins eigene Fleisch schneiden.«
»Officer, das Letzte, was dieses Polizeidepartment brauchen kann, ist noch ein Skandal. Und davon abgesehen: Ich lasse mir von niemandem in mein Gewissen hineinreden. Und es sieht ganz so aus, als ob Sie das genau so sehen.«
Wieder sagte Bontemps nichts darauf.
»Was ich gern tun würde, ist, die Aktennotizen einsehen … Deannas Fall mit meinem zu vergleichen.« Decker klappte seinen Notizblock zu.
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