Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
über den Schnurrbart. »Ich kann nicht wissentlich Beweismaterial übergehen.«
Davidson machte richtig treudoofe Augen, aber seine Stimme klang feindselig. »Decker, ich habe Sie nicht aufgefordert, irgendetwas zu übergehen. Aber ich befehle Ihnen, Prioritäten zu setzen. Verstanden?«
»Oh, ich verstehe sehr gut, Sir.«
Davidson überhörte den Sarkasmus. »Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl für Whitmans Wohnung erwirkt?«
Decker zögerte wieder. Das ging ihm einfach zu schnell. Tug verstieß gegen eine Grundregel bei Mordermittlungen. Die Beweise sollten zum Täter führen und nicht umgekehrt. Schließlich sagte er: »Ich habe einen Durchsuchungsbefehl beantragt, ja. Beide Richter wollten genaue Angaben, was ich suche und warum.«
»Und?«
»Ich habe ihnen gesagt, dass ich Whitmans Smoking zur Gewebeanalyse beschlagnahmen will. Um festzustellen, ob das Ergebnis zu der Fliege passt, die am Tatort gefunden wurde – die, mit der Cheryl festgebunden worden ist. Beide haben gesagt, da ich bisher noch nicht mit Whitman gesprochen hätte, glaubten sie nicht, dass ich ausreichende Gründe vorzuweisen hätte, um einen Durchsuchungsbefehl zu diesem Zeitpunkt zu rechtfertigen. Sie sagten, ich sollte es nach Whitmans Vernehmung noch einmal versuchen.«
»Arschlöcher«, brüllte Davidson. »Und in der Zwischenzeit könnte Whitman das verdammte Ding vernichten.«
»Das hat er vielleicht schon«, sagte Decker. »Nur weiß er bisher nicht, dass ich danach suche.«
»Sie haben ihn noch nicht dazu befragt?«
»Ich habe ihn überhaupt nicht befragt, da er ja sofort nach seinem Anwalt verlangt hat.«
Davidson fuhr sich mit der Hand über seinen so gut wie kahl geschorenen Kopf. »Ich werde versuchen, uns diesen Durchsuchungsbefehl zu besorgen. Wir treffen uns … sagen wir, um zehn. Überlegen Sie sich, wie Sie den Mistkerl befragen wollen.«
»Wunderbar«, sagte Decker. »Whitman hat übrigens angeboten, sich einem Lügendetektortest zu unterziehen. Ich habe es mit Reuter veranlasst.«
»Na, das hört man doch mal gern. Reuter ist die Beste im Geschäft.« Davidson erhob sich. »Also um zehn.«
Decker zögerte. »Wie wär’s mit Mittag?«
»Warum?«
»Sie fragen sich, was Whitman in L. A. zu suchen hat, und ich auch. Ich würde dem gern nachgehen. Der Junge ist ein Rätsel – unvollständige Angaben in der Schule, keine nachvollziehbare Vergangenheit, kein Strafregister …«
»Also, das hat gar nichts zu bedeuten. Donatti kann jemanden gekauft haben.«
»Möglich«, sagte Decker. »Ich sage ja nur, dass ich gerne mehr über Whitman erfahren würde, nachdem ich ihn heute Nachmittag befragen soll. Und wenn das nicht geht, kann ich vielleicht nachvollziehen, was so alles auf Donattis Konto geht, seit Whitman hier eingetroffen ist.«
»Donatti hat ihn in den Westen geschickt, um irgendwas vorzubereiten.« Davidson nickte. »Gefällt mir. Sicher. Schnüffeln Sie da mal hinterher. Je mehr Sie über die Familie von diesem Kotzbrocken wissen, umso besser für uns. Also bis zwölf.«
Decker wartete einen Moment. »Und was soll ich mit den Beweisen machen, die mir direkt ins Gesicht springen, Loo?«
Davidson sah Decker lange und eisig an. »Sie haben eine Menge Beweise, die Ihnen ins Gesicht springen, Sergeant. Wie ich schon sagte, es ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn man Prioritäten setzt!«
»Damit das klar ist«, sagte Decker, »ich folge Ihren Prioritäten und nicht meinen.«
»Und damit das auch klar ist, ich bin Ihr Vorgesetzter. Sie tun also genau das Richtige, wenn Sie es auf meine Art machen.«
Decker sah Davidson direkt in die kalten Augen. »Fürs Erste.«
Davidson lächelte belustigt. »Wenn Sie sich gern im Recht fühlen wollen, Pete, nur zu. Aber in der Zwischenzeit schaffen Sie uns die Medien vom Hals. Wir kümmern uns um ein Krebsgeschwür nach dem anderen.«
Durch Nachfrage bei der zuständigen Abteilung für das Organisierte Verbrechen am LAPD stellte Decker fest, dass Donatti seine Aktivitäten an der Westküste so gering wie möglich gehalten hatte. Das meiste, was zur Sprache gekommen war, konzentrierte sich auf seine Verbindungen in der Film- und Plattenbranche – zwei Bereiche, die sowohl für ihr vieles Geld als auch für Exzesse bekannt waren, die Grundnahrungsmittel für Donattis nimmermüden Appetit. Außer einigen Gerüchten in den Klatschspalten und ein paar Zeilen über Verhaftungen von Handlangern war Donatti nicht groß in den Zeitungen gewesen. Entweder
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