Decker & Lazarus 09 - Totengebet
werden mit uns reden. Irgendwie und irgendwann. Möchten Sie einen Anwalt rufen?« Martinez reichte ihm den Telefonhörer. »Sie können jederzeit telefonieren. Hab ich Ihnen gleich gesagt.«
Waterson starrte auf den Telefonhörer und rührte sich nicht.
»Wenn Sie uns über Ihre finanziellen Sorgen nichts erzählen wollen«, nahm Gaynor den Faden wieder auf, »dann übernehme ich das mal. Ihre Frau Ellen musste sich wegen Nierenkrebs behandeln lassen. Die Behandlung war erfolglos. Letztendlich mussten beide Nieren entfernt werden. Zwei Transplantationsversuche sind fehlgeschlagen. Sie haben Azor dafür verantwortlich gemacht, stimmt’s?«
»Niemals …«
»Dann hat sich Ihre Versicherung geweigert, für weitere Kosten aufzukommen«, fuhr Gaynor fort. »Vier fahre lang mussten Sie eine kostspielige Dialysebehandlung aus der eigenen Tasche berappen. Und in dieser für Sie so schweren Zeit hat Azor das Geld nur so gescheffelt!«
»Sie sind widerlich.«
»Wen meinen Sie? Mich? Oder nicht vielmehr Azor Sparks?«
Watersons Mund zuckte. »Er war widerlich. Ein Sünder. Ein perverser Sünder.«
»Mich hat man gelehrt, Jesus liebe alle seine Kinder«, warf Webster ein.
»Nicht die, die seine Worte verspotten. Die in der Öffentlichkeit inbrünstig beten und privat alles in den Dreck ziehen.«
»Ich weiß, es ist hart für Sie, Mr. Waterson«, meldete sich Kent voller Verständnis. »Hart, zusehen zu müssen, wie die Bösen sich bereichern, während die Aufrechten leiden.«
Im Raum wurde es still.
»Sie haben das getan, was Sie für richtig hielten«, fuhr Kent schließlich fort. »In Ihren Augen, in den Augen Gottes. Aber das Gesetz sieht das anders, Sir. Und das Gesetz wird Sie schwer bestrafen. Sie riskieren Ihr Leben, wenn Sie nicht endlich etwas für sich tun.«
Tränen liefen Waterson über die Backen. »Ich brauche keine Hilfe. Ich habe nichts getan.«
»Sie haben etwas getan, Mr. Waterson«, widersprach Marge. »Das wissen wir alle. Sie haben Morde in Auftrag gegeben.«
»Nein!« Waterson schüttelte den Kopf. »Nein, das war gar nicht beabsichtigt.«
»Aber es ist passiert.«
»Wie viel haben Sie ihnen bezahlt?«, fragte Martinez.
Waterson schwieg.
»Ich habe zwei Belege über Einzahlungen auf Ihr Konto«, meldete sich Gaynor wieder. »Sie stimmen genau mit den Summen überein, die von Dolly Sparks’ Konto abgebucht wurden. Zehntausend Dollar vor Azors Tod, zehntausend Dollar nach Azors Tod. Und die letzten zehntausend Dollar letzten Freitag, einen Tag, nachdem Dr. Reginald Decameron ermordet worden ist.«
Waterson wischte sich die Tränen von den Backen. »Gotteslästerliche, pervertierte Kreaturen. Alle beide.«
»Woher wussten Sie von Azors Neigungen?«, fragte Webster.
Waterson senkte den Kopf. »Azor hatte mich angerufen, um mit mir über eine Nachlassregelung zu sprechen. Jedenfalls hat er das so genannt. Was mir ziemlich seltsam vorkam, da längst alles geregelt war.«
Es folgte eine lange Pause.
»Er sagte schließlich, er habe vor, einige Änderungen vorzunehmen. Er wollte ein eigenes Konto für die Einnahmen aus Curedon eröffnen, sobald das Medikament auf den Markt kam. Ein Konto, das allein auf seinen Namen laufen sollte. Getrenntes Vermögen, getrennt vom Gemeinschaftsvermögen der Familie. Natürlich habe ich ihn gefragt, warum er das machen wolle.«
Erneutes Zögern.
»Dann ist es einfach aus ihm herausgebrochen. Ich war erstaunt, angewidert.«
Er sah Kent flehentlich an.
»Was mich wirklich angeekelt hat, war, dass er überhaupt keine Reue zeigte. Er sagte mir, er wolle sich für eine Weile von allem zurückziehen, sich selbst finden. Er hatte vor Böses zu tun, zu sündigen, er tat so, als wolle er einen Urlaub antreten.«
In Watersons Augen loderte ein fanatisches Feuer.
»Er wollte Dolly verlassen, einfach so. Nach vierzig Ehejahren! Von einem Tag auf den anderen. Wie konnte er so etwas tun?«
»Muss Sie ganz schön sauer gemacht haben«, sagte Webster. »Besonders, da Sie mit Ihrer Frau durch dick und dünn gegangen waren.«
»Dass ich sauer war, können Sie glauben«, raunzte Waterson. »Aber das war eben typisch Azor. Er war ein Egoist, der sich für Gott hielt. Ich konnte nicht zulassen, dass er Dolly das antat. Zumindest musste ich sie warnen.«
»Deswegen haben Sie ihr von Azors Plänen erzählt«, sagte Martinez.
»Natürlich habe ich das. Sie hatte ein Recht darauf, es zu wissen.«
»Was hat sie gesagt?«
»Sie war schockiert. Außer sich!«
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