Decker & Lazarus 09 - Totengebet
nie verstanden. Aber ich war sein Anwalt. Wenn er mich bat, einen Scheck für diese Leute auszustellen, dann habe ich das getan.«
»Sie haben Polinski den Scheck persönlich übergeben?«, erkundigte sich Webster.
»Ja. Entweder Polinski oder Sanchez.« Waterson wurde rot. »Azor hat mir eine Extra-Vergütung dafür gegeben, dass ich die Schecks persönlich überbracht habe.« Der alte Anwalt biss sich auf die Unterlippe. »War nichts als ein Taschengeld. So als wäre ich sein Laufbursche.«
»Muss mehr als nur ein Taschengeld gewesen sein«, vermutete Webster. »Wenn Sie damit einverstanden waren.«
Webster starrte Waterson an. Seine Miene verriet nichts. Grenzenloser Hass hatte sich in diesem Mann aufgestaut, und Azor Sparks hatte keine Ahnung davon gehabt.
»Haben Sie mit Emmanuel Sanchez darüber gesprochen, er solle sich um Azor kümmern?«
Waterson schüttelte den Kopf. »Nein, darüber habe ich nie mit ihm gesprochen. Aber später habe ich ihm auf Polinskis Bitte hin Geld gegeben.«
Der Schweiß brach ihm erneut aus.
»Ich wollte nicht, dass Azor getötet wird. Sie sollten ihm nur Angst einjagen. Genug Angst, um seine schmutzigen Pläne aufzugeben. Angst, um ihn zum Schweigen zu bringen, Angst, um zu Gott zurückzufinden, um Vergebung zu bitten für seine bösen Gedanken. Aber dann sind sie durchgedreht. Nicht ich. Das war nicht Teil unserer Abmachung.«
»Aber Sie haben sie trotzdem bezahlt«, bemerkte Martinez.
»Selbstverständlich habe ich sie bezahlt. Nachdem ich erkannt hatte, wozu sie fähig waren, war ich viel zu verängstigt, um das nicht zu tun.«
»Hat Polinski es für Geld gemacht?«, fragte Martinez.
»Was glauben Sie denn?«
»Ich dachte, er sei Azors Freund gewesen.«
Waterson lachte bitter. »Wir sprechen von Kreaturen, die der eigenen Mutter für Geld die Kehle durchschneiden würden. Nachdem sie erfahren hatten, welche Neigungen Azor hatte, brauchte ich sie nicht erst lange zu überreden. Sie dulden keine Tunte in ihren Reihen.«
»Sie haben Sparks also angerufen, ihn gebeten, sich mit Ihnen im Tracadero’s zu treffen«, warf Webster ein.
Waterson nickte.
»Unter welchem Vorwand haben Sie ihn dorthin gelockt?«, wollte Martinez wissen. »Wegen seiner finanziellen Angelegenheiten?«
»Ja.«
»Wie haben Sie ihn dazu gekriegt, hinten im Hof zu parken?«
»Er hat immer hinter dem Restaurant geparkt. War zu geizig, die Dienste eines Parkwächters in Anspruch zu nehmen.«
»Sie haben ihn also dorthin gelockt und arrangiert, dass ihn die Biker überfallen und umgebracht haben …«
»Ich schwöre … von umbringen war nie die Rede.«
»Trotzdem ist es letztendlich dazu gekommen«, bemerkte Webster leise.
Waterson schwieg.
»Warum Decameron?«, wollte Martinez wissen. »Was hatte er damit zu tun, dass Azor seine Frau verlassen wollte?«
Waterson lockerte seinen Hemdkragen. »Dolly hat ihn gehasst.«
»Hat sie gesagt, Sie sollen ihn umbringen?«, fragte Martinez.
Waterson schüttelte den Kopf. »Das habe ich veranlasst. Dieses perverse Schwein sollte seine gerechte Strafe bekommen. Schließlich war er an allem Schuld. Er war die böse, listige Schlange, die Lügen verbreitete, Azor zur Sünde verführte. Ich dachte, dass die Welt nicht untergeht, wenn es einen Schwulen weniger gibt.«
»Oder wohl eher einen hervorragenden Wissenschaftler weniger?«, verbesserte Webster ihn.
»Oder ein menschliches Wesen weniger, das Herz und Seele hat?«, warf Martinez ein.
»Er hatte kein Herz. Und seine Seele war verdammt. Er war eine widerliche Kreatur!« Waterson richtete sich steif auf. »Er hatte den Tod verdient!«
»Diese Entscheidung, Sir, stand Ihnen nicht zu«, erklärte Kent.
»Offensichtlich doch«, widersprach Waterson. »Denn so ist es geschehen. Ich habe es beschlossen. Und bum … war er tot.«
32
Als Decker der Bitte um Rückruf auf seinem Pieper um zwei Uhr morgens nachkam, hatte er keine andere Wahl, als Rina alles zu sagen. Er ging zum öffentlichen Telefon in der Eingangshalle, bediente Münzschlitz und Wähltasten mit der linken Hand, da er den rechten Arm, in dem die Kugel steckte, in der Schlinge trug. Der Stationsarzt hatte vorgeschlagen, das Projektil bei örtlicher Betäubung zu entfernen. Decker wollte jedoch erst abwarten, wie es um den Priester stand.
Während sich die Stunden ohne Nachricht aus dem OP hinzogen, begann er allerdings an der Richtigkeit seiner Entscheidung zu zweifeln. Es war ein deprimierendes Familienspektakel, das sich vor seinen
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