Decker & Lazarus 09 - Totengebet
Horrorfilm der Fünfziger.«
»Also wirklich, Bram. Du jonglierst da immer mit Begriffen, die kein Mensch versteht!«, entrüstete sich Eva.
»Ist doch ein Begriff aus der Soziologie, oder?«, fragte Maggie.
»Es ist der intellektuelle, moralische und kulturelle Zustand von Menschen in einem bestimmten geografischen Raum«, erklärte Bram.
»Das wusste ich auch«, bemerkte Luke.
»Was ist eine Koryphäe?«, wollte Paul wissen.
»Ein hervorragender Gelehrter, ein Experte«, begann Bram. »Kommt ursprünglich aus dem Griechischen.«
»Warum hast du dann nicht einfach gesagt, ich sei eine Expertin was Juden betrifft?« Eva verschränkte die Arme vor der Brust und tippte mit der Fußspitze auf den Boden. »Du kannst einen wirklich auf die Palme bringen. Immer machst du alles komplizierter. Genau wie David. Er hätte mir und der Familie vieles erleichtert, wenn er konvertiert wäre. Aber nein, er musste seinen Trotzkopf …«
»Vielleicht wollte sich der arme Junge auch mal durchsetzen«, warf Paul ein. »Dad kann sehr bestimmend sein.«
»›Bossy‹ wäre das richtige Wort«, verbesserte Luke ihn.
»Wie kannst du nur so von ihm reden, nach dem, was passiert ist!«, empörte sich Eva.
»Meine liebe Eva, du hast hier nicht das Trauer-Monopol«, belehrte Luke die Schwester. »Ich bin genauso erschüttert und unglücklich wie du.«
»Wenn David wirklich was für seine Familie übrig hätte, wäre er konvertiert. Aber jetzt ist es natürlich zu spät!«, beharrte Eva auf ihrem Thema.
»Frostige Nächte, denen David da entgegensieht«, bemerkte Luke.
Pauls Ausdruck wurde starr. Ein Pieper ertönte. Der Priester sah auf seinen Gürtel, prüfte die Nummer und stand auf. »Entschuldigt mich kurz.«
Nachdem Bram den Raum verlassen hatte, richtete Eva ihren Zorn gegen Paul. »Als Spencer krank war, hat David es gern geschehen lassen, dass Dad sich um alles gekümmert, die Operationen und die Behandlungen bezahlt hat. Da hat ihm Dads so genannte ›Bevormundung‹ gar nichts ausgemacht.«
»Was hat Spencer denn gefehlt?«, wollte Decker wissen.
»Er ist mit einem Wolfsrachen geboren«, erwiderte Eva. »War eine sehr schwere Geburt. Hinterher hatte ich hohes Fieber und bekam Blutungen. David war zu nichts zu gebrauchen. Völlig hilflos. Er hat sich einfach abgesetzt und in seine Arbeit vergraben. Ich war völlig mir selbst überlassen!«
»Er war krank vor Sorge und mit den Nerven am Ende, Eva«, verteidigte Paul den Schwager. »Er wusste nur nicht, was er tun sollte.«
»Na wenigstens hätte er in der Nähe bleiben können, statt Reißaus zu nehmen.« Eva wandte sich Decker zu. »Mein Vater musste alles in die Hand nehmen. Er hat sich nicht nur um mich, sondern auch um Spencer gekümmert. Meine Mom hat meine anderen Kinder versorgt, während David sich erst mal ›fassen‹ musste. Und wissen Sie was, Lieutenant? Mein Vater hat meinen Mann nie bevormundet …«
»Das stimmt nicht ganz«, fiel Luke ihr ins Wort.
»Entschuldigen Sie mich, Lieutenant«, sagte Eva pointiert zu Decker. »Ich möchte jetzt nach meiner Mutter sehen. Noch Fragen an mich?«
Ohne eine Miene zu verziehen, schüttelte Decker den Kopf.
Eva drehte sich um und ging die Treppe hinauf.
Die Dame hatte reichlich eng gesteckte Ansichten. Dann fiel Decker ein, welche Stellung sie in der Familie hatte. Sie war das erste Mädchen nach drei Jungen gewesen und zweifellos total verwöhnt worden.
»Ich habe meinen Vater sehr geliebt, Lieutenant«, begann Luke. »Aber einfach ist es nie mit ihm gewesen.«
»Das ist doch allein Evas Sache«, warf Maggie ein.
»Ich möchte nur nicht, dass der Lieutenant David für einen Blödmann hält.«
»Er hat sich aber wie einer benommen«, konterte Maggie.
»Dad hat ihn total an die Wand gespielt!«
»Hat er nicht!«, fiel Maggie ihm ins Wort. »Dad hat David den Kopf gewaschen. Und David hatte es verdient. Weil er Eva allein gelassen hat.«
»Sei mir nicht böse, Mag, aber du verstehst das nicht, du hast keine Ahnung, wie Ehefrauen manchmal sein können«, erklärte Paul.
»Amen«, bemerkte Luke.
»Es ist nicht zu fassen«, stöhnte Maggie. »Wieder mal ein dämlicher Streit Jungen gegen Mädchen.«
Michael kam die Treppe herunter. »Wo ist Bram?«
»Er musste telefonieren.« Paul wandte sich an Decker. »Müssen Sie sich das wirklich alles anhören?«
Decker stand auf, steckte sein Notizbuch ein. »Nein, vorerst habe ich alle Informationen, die ich brauche. Ich gehe, sobald Bram sein Telefonat beendet
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