Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
entschied Strapp. »Wenn die Gerichtsmedizin was anderes sagt, steigen wir in die Ermittlungen ein.«
Strapp sah auf die Uhr. »Es ist halb neun. Heute Abend hat es keinen Sinn mehr, die Leute zu belästigen. Alle Befragungen finden in der Arbeitszeit statt, aber nicht auf Kosten Ihrer anderen Ermittlungen. Ist das klar?«
»Könnte nicht klarer sein«, sagte Oliver.
»Machen Sie sich über mich lustig, Detective Oliver?«
»Nein, so bin ich immer«, erwiderte Oliver. »Das ist ein Charakterzug von mir.«
»Aber ein sehr schlechter.«
»Meine geschiedene Frau wäre da vollkommen Ihrer Meinung, Sir.«
Decker verkniff sich ein Lächeln.
Strapp merkte es, wollte aufbrausen, dann atmete er tief durch, lächelte und ließ den Blick über die Gruppe wandern. »Sie sollten sich mal sehen. Wie ein Rudel Hyänen, das sich auf mich stürzen will. Und warum? Nur weil ich eine solide Ermittlungsarbeit von Ihnen verlange.«
Er wandte sich an Decker. »Lieutenant, was würden Sie angesichts der Aussage von Mrs. Wetzel unternehmen?«
Decker strich sich übers Gesicht. »Ich würde die Ermittlungen etwa genauso führen. Im Moment haben wir nichts gegen Jeanine Garrison in der Hand – bis auf das Foto von ihr und Manz. Und das hat keinen Beweiswert. Ich glaube Mrs. Wetzel. Deshalb würde ich der Nachbefragung noch mehr Priorität einräumen. Aber im wesentlichen bin ich mit dem Captain einer Meinung.«
»Dann haben wir kein Problem«, sagte Martinez.
»Doch, ich schon«, sagte Webster. »Wir lassen eine Mörderin laufen, weil sie gute Beziehungen hat.«
»Dann bringen Sie Beweise!« Strapp war plötzlich wütend. »Ich fasse es nicht! Was ist das nur für ein Sauhaufen! Endlich kommt der Durchbruch, eine Bestätigung durch Zeugen, daß es vielleicht wirklich einen zweiten Schützen gab … und Sie? Sie wühlen in der Scheiße. Hören Sie endlich auf, große Töne zu spucken, und stellen Sie die richtigen Fragen. Dann kriegen Sie vielleicht auch die richtigen Antworten.«
Er wandte sich an Decker. »Es müssen ja nicht alle befragt werden. Stellen Sie eine Liste der wichtigen Leute zusammen und teilen Sie sie auf, wie’s Ihnen paßt.«
»Dann sollen wir auch Jeanine Garrison nicht befragen, denn die war ja gar nicht dabei«, sagte Webster.
»Ganz recht, Webster«, sagte Strapp. »Das können Sie sein lassen. Es wäre nicht nur sinnlos, sondern auch dumm.«
»Ist sinnlos und dumm nicht dasselbe?« fragte Oliver.
»Man kann auch was Sinnloses machen, ohne daß es dumm ist«, befand Webster.
»Möglich. Aber was Sie vorhatten, Webster, war dumm und sinnlos zugleich«, sagte Strapp und wandte sich an Decker. »Sonst noch etwas?«
Decker schüttelte den Kopf.
»Die Sitzung ist zu Ende. Mit Ihnen muß ich noch reden, Decker. Die anderen bitte raus.«
Sie erhoben sich und trotteten übellaunig davon. Strapp spürte ihre Ablehnung. Pech für sie. Wer Aufmunterung fürs Ego braucht, soll sich eine Hure kaufen. Er wartete, bis der letzte draußen war, dann schloß er ein wenig zu heftig die Tür und atmete auf. »Wollen Sie Kaffee, Pete?«
»Sie bieten mir Kaffee an? Das verheißt nichts Gutes.«
Strapp setzte sich und vergrub den Kopf in den Händen. »Mein Gott, was für ein Schlamassel.«
Decker wartete.
»Ich hab eine Entschuldigung von Jeanines Anwälten bekommen … wegen ihres Auftritts heute morgen.«
»Aha.«
»Sie hatte einen Schock, schreiben sie, verursacht durch den überraschenden Tod ihres Bruders. Sie war außer sich und wußte nicht, was sie tat. Sie bedauert den Vorfall zutiefst.«
Decker rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. »Offenbar hat ihr jemand gesagt, daß das Austeilen von Ohrfeigen eine Straftat darstellt. Ihre Anwälte wollen nur vorfühlen, ob ich Anzeige wegen tätlicher Beleidigung erstatte.«
»Jedenfalls wissen sie, daß die Möglichkeit besteht.«
»Nicht nur die Möglichkeit.«
»Die Anwälte wollen einen Deal. Wenn Sie sich großzügig zeigen, läßt sie die Belästigungsklage fallen. Also schlage ich vor: Schwamm drüber.«
»Und was wird aus dem Disziplinarverfahren?«
»Was soll damit sein?«
»Ruft sie die Abteilung Inneres an und sagt, daß sie gelogen hat?«
»Decker, wenn sie die Klage nicht weiterverfolgt, können Sie das Verfahren vergessen.«
»Nein, das stimmt nicht. Dann wird das Verfahren mit einem ›Nicht beweisbar‹ abgeschlossen. So würde es wahrscheinlich in jedem Fall ausgehen. Ich will eine saubere Akte. Das hab ich ja wohl verdient. Sie
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