Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
Wie soll ich da noch auf die Uhr gucken?«
»Das ist mir doch klar.«
»Ich geh nicht mal einen trinken mit den Jungs. Obwohl das ganz normal wäre. Nicht mal zum Tennisspielen komm ich mehr.«
»Ich wünsche mir auch, daß du wieder spielst.«
»Was soll das heißen? Soll ich etwa noch seltener nach Hause kommen?«
»Ich möchte, daß du glücklich bist.«
»Dann hör auf, mich zu veralbern.«
»Abgemacht.«
Sie schwiegen einen Moment. Decker rollte die Schultern. »Worauf wolltest du denn wirklich hinaus, Darling?«
»Ich liebe dich, Peter«, sagte Rina. »Selbst wenn du zu Hause bist, wirkst du irgendwie abwesend. Ich rede mit dir, und du kriegst es nicht mit. Du denkst an deine Fälle. Du läßt dich von deiner Arbeit auffressen, und das ist nicht gesund.«
Decker schwieg.
»Früher hast du dich so viel mit den Pferden beschäftigt. Jetzt stehen die armen Viecher nur noch im Stall rum. Die Pferde sind nicht das Problem. Die können wir verkaufen. Mein Problem ist, daß du nur noch arbeitest und dein Leben nicht mehr zu genießen scheinst.«
»Dieser Monat war wirklich scheußlich.« Decker rieb sich den Hals.
»Ist es das Estelle?«
»Zum größten Teil ja.«
»Das ist doch kaum einen Monat her.«
»Die Spur wird mit jedem Tag kälter. Ist schon fast gefroren.«
Rina lächelte bemüht. »Wenigstens ist das Verfahren gegen dich eingestellt.«
»Genau das macht mich so wütend! Ich hätte es durchkämpfen müssen. Statt dessen hab ich nachgegeben.«
Rina schwieg.
»Trotzdem ist es blöd, sich aufzuregen. Die Sache ist vorbei.«
Rina küßte seine Hand. »Du hast nicht nachgegeben. Du hast dich verhalten wie ein guter Ehemann.« Sie überlegte. »Vielleicht ist es dasselbe.«
Decker lachte auf. Wieder bewegte er die Schulter, versuchte den dumpfen Schmerz der alten Verletzung loszuwerden. »Ich muß mir was Neues einfallen lassen. So kommen wir nicht weiter.«
»Bringt denn die Befragung der Gäste nichts?«
Decker verdrehte die Augen. »Klar, es war ein Mann. Nein, es war eine Frau. Nein, es war bestimmt kein Mann. Er war groß, er war klein. Er war blond, er war dunkelhaarig, er hatte eine Glatze. Er war dick, er war dünn. Er trug einen Mantel, er trug keinen Mantel. Er lief nackt durchs Lokal. Er hatte einen Revolver. Nein, er hatte keinen Revolver, es war eine MP. Nein, keine MP, eine Kanone. Nein, keine Kanone, ein Panzer.« Er blickte Rina an. »Die Leute erzählen uns, wovon sie denken, daß wir es hören wollen. Und das Ergebnis ist gleich Null.« Er trank von seinem kalten Tee. »Ich zweifle schon an meinem Instinkt. Vielleicht hatte Jeanine gar nichts damit zu tun und ist nur eine hysterische Person, die sich dummerweise mit einem Massenmörder zusammen fotografieren ließ. Und ich hatte das Pech, bei ihr auf den falschen Knopf zu drücken.«
»Peter, warum nimmst du keinen Privatdetektiv? Die können sich mehr erlauben. Und du weißt doch, was die alles an Dreck zutage fördern.«
Decker starrte in seine Teetasse. »Das hab ich auch überlegt, aber aus eigener Tasche kann ich den nicht bezahlen. Und die Beweislage ist so dünn, daß die Verwaltung niemals die Kosten übernimmt.«
Rina überlegte. »Wie viel kostet denn so was?«
»Ungefähr zweihundert am Tag plus Spesen.«
»Und Kollegenrabatt?«
Decker lachte. »Nein, das gibt es nicht. Außerdem sind sie in solchen Fällen auch nicht sonderlich nützlich. Sie sind gut dafür, Vermißte oder zahlungsunwillige Väter aufzuspüren, heimliche Treffen zu fotografieren, bei Industriespionage und Werksdiebstahl vielleicht auch noch. Für alles, wo man die Täter in flagranti ertappen kann. Jeanine ist eine gesetzestreue Bürgerin, die ganz nebenbei vierzehn Menschen ermordet hat. Sie hat ihr Ding gedreht, jetzt muß sie sich nur unauffällig verhalten. Was soll mir ein Privatdetektiv erzählen? Daß sie sich unauffällig verhält?« Decker dachte nach. »Was ich wirklich brauche, ist ein Informant. Jemand, der in den Anschlag verwickelt war und auspackt. Oder einen Insider, dem sie sich anvertraut hat.«
»Was für ein Insider?«
»Gute Frage.«
Decker erhob sich. Ging auf und ab.
»Zum Beispiel das Rollstuhl-Tennisturnier, das sie veranstaltet. Da wird’s von Behinderten wimmeln. Wenn ich das Geld hätte, würde ich einen anheuern, der da arbeitet. Einen, der unauffällig ist und die Ohren spitzt. Einen, der ihr Vertrauen gewinnt und sie zum Reden bringt. Dann könnte ich ihn verkabeln und hätte Jeanines Geständnisse auf
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