Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
daß du dir den falschen Knaben zur Brust genommen hast.«
»Diesmal gibt es keinen falschen. Sie sind beide Psychopathen.«
»Die Frage ist nur, wer der Schlimmere ist«, meinte Oliver.
»Nein, die Frage ist, wen die Geschworenen glaubwürdiger finden«, sagte Decker. »Sean wird an seiner Story festhalten und Carey genauso. Beide Versionen sind voller Löcher. Und beide lassen Jeanine Garrison ungeschoren.«
»Mit Seans Version können wir sie wenigstens wegen Begünstigung drankriegen«, meinte Martinez. »Das ist besser als gar nichts.«
»Das ist schlechter als gar nichts«, widersprach Decker. »Stell dir vor, wir setzen sie wegen Begünstigung auf die Anklagebank. Sie erzählt den Geschworenen eine Rührstory, tragischer Tod der Eltern, dann ihr Bruders, ihre Trauer, sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, bla-bla-bla …« Decker ballte die Fäuste. »Angenommen, wir kommen damit durch. Und sie wird verurteilt. Sie hat keine Vorstrafen. Die ideale Kandidatin für eine Bewährung. Und schwupps, ist sie wieder draußen.« Er machte eine Denkpause. »Dann, ein halbes Jahr später, kriegen wir raus, daß sie wirklich in den Mord an ihrem Bruder verwickelt war. Wir stellen sie erneut unter Anklage. Und was passiert? Ihr Anwalt macht uns die Hölle heiß, weil wir sie nicht zweimal wegen derselben Straftat belangen können.«
»Aber Pete!« wandte Marge ein. »Die Mordanklage ist doch dann ein neuer Tatvorwurf. Also keine doppelte Strafverfolgung.«
»Trotzdem ist es derselbe Tatbestand. Die Gesetze sind da nicht so eindeutig. Es wäre so, als würde man O.J. Simpson wegen Einbruch erneut vor Gericht bringen …«
»Eine verdammt gute Idee!« rief Oliver.
»Ich will damit nur sagen«, fuhr Decker fort, »daß der Richter alle Vorwürfe abschmettern kann, weil sie schon im ersten Verfahren gegen sie hätten erhoben werden müssen. Bevor wir Jeanine unter Anklage stellen, möchte ich sicher sein, daß sie nichts mit dem Mord an David Garrison zu tun hat.«
»Keiner von beiden behauptet, daß sie den Mord in Auftrag gegeben hat«, sage Martinez.
Decker runzelte die Stirn. »Ich weiß. Das Problem ist nur, wenn wir Careys Aussage nicht berücksichtigen, können wir nichts von dem verwenden, was er über den Mord an Garrison ausgesagt hat. Und Seans Aussage ist nicht verwendbar, weil wir keinen verbindlichen Deal mit ihm haben. Außerdem hatten wir ja nicht vor, über Sean an Carey heranzukommen. Gegen den haben wir genug in der Hand. Sean sollte uns zu Jeanine fuhren. Aber da hat er nicht mitgespielt.«
»Vielleicht hat sie wirklich nichts mit dem Mord zu tun, Loo«, meinte Martinez.
Decker ließ sich in seinen Schreibtischsessel fallen. »Wir müssen David Garrisons Ende beiseite lassen, bis wir genug Belastungsmaterial haben. Beschränken wir uns auf die Drogengeschichte.«
»Da haben wir jede Menge Material gegen Carey, aber kaum etwas, womit wir Sean Amos kriegen.« Webster unterdrückte seinen Ärger. »Als Ersttäter bekommt er wahrscheinlich Bewährung. Nicht schlecht für einen kaltblütigen Mörder …«
»Tom, bitte!«
»David Garrison ist tot, und nun findet sich kein Schuldiger.«
»Dann schlag doch einen vor, Tom«, knurrte Decker.
»Ich würd mich an Carey halten.«
»Was ist mit dem Revolver, der bei der Festnahme sichergestellt wurde?« fragte Gaynor dazwischen.
»Was soll mit dem sein?«
»Ich dachte, es wäre von Interesse, daß er vor drei Monaten als gestohlen gemeldet wurde«, meinte Gaynor.
»Wann ist das reingekommen?« fragte Decker gereizt.
»Vor einer halben Stunde.« Gaynor zuckte die Schultern. »Sorry, ich hab’s vergessen.«
Decker beherrschte sich mühsam. »Wer hat ihn als gestohlen gemeldet?«
»Lily Arnos.«
Im Zimmer wurde es still.
»Also war es Seans Revolver?« fragte Marge.
»Nein, der von Lily Arnos«, sagte Gaynor.
»Ich wußte doch, daß der Bursche lügt«, Websters Stimme klang düster. »Warum sollte er eine Kanone zu dieser Party mitbringen, wenn er nichts damit vorhatte?«
»Nämlich was?« bohrte Oliver nach.
»Er wollte sie Carey geben, damit der damit Wade Anthony umlegt. Genau, wie Carey ausgesagt hat. Logisch, daß Sean behauptet, er wüßte nicht, was die Fotos von Wade Anthony bedeuten sollten. Trotzdem hatte er die Bilder und die Kanone, als Loo und Marge das Klo stürmten.«
»Wir wissen, daß Amos ein paar Stunden vorher Krach mit Jeanine hatte«, sagte Martinez. »Loo hat die beiden beobachtet.«
»Der Streit hat das Faß zum
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