Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
plötzlich ganz auf der Hut … übervorsichtig. Ich hatte das Gefühl, daß sie sich inzwischen mit einem Anwalt beraten hat.«
Oliver zog die Stirn kraus. »Wenn sie ihren Anwalt anruft, hat sie etwas zu verbergen.«
»Ich sage nicht, daß sie’s getan hat«, stellte Decker klar, »nur daß mir ihre plötzliche Veränderung seltsam vorkam. Sie selbst ist seltsam. Den Mord an ihren Eltern hat sie als ›diese Sache‹ bezeichnet.«
»Mangelnder Familiensinn ist nicht strafbar, Pete«, sagte Marge.
»Hat nicht einer dieser französischen Existentialisten ein Buch geschrieben, wo einer verhaftet und des Mordes angeklagt wird, weil er beim Begräbnis seiner Mutter nicht geweint hat?« fragte Webster.
Alle starrten ihn an.
»Vielleicht stand der unter Schock«, meinte Farrell schließlich. »Man weiß doch, daß die Leute unterschiedlich auf Trauerfälle reagieren.«
»Darum ging es nicht in dem Buch, Farrell!«
»Können wir bitte wieder zum Thema kommen?« ging Oliver dazwischen.
Martinez fragte: »Sieht die Frau im Leben auch so gut aus wie auf diesem Bild hier?«
»Wißt ihr was? Wir haben Wendy Culligan völlig übersehen. Dabei hatte Harlan Manz ein Verhältnis mit ihr«, stellte Marge fest.
»Wer ist Wendy Culligan?« fragte Farrell.
»Die Immobilienmaklerin.« Oliver berichtete von seinem Besuch mit Marge bei Brenda Miller, ohne seine Verabredung zum Dinner zu erwähnen. Auch Marge hielt dicht.
»Aber Wendy Culligan hat überlebt«, sagte Webster.
»Saß sie in der Nähe der Garrisons?« fragte Decker.
»Nein, sie saß auf der anderen Seite.«
»Und die japanischen Geschäftsleute, wurden die auch an ihrem Platz erschossen?«
»Unter dem Tisch.«
»Die Garrisons saßen noch, als sie getroffen wurden. Ich nehme an, sie hatten nicht mehr die Zeit, in Deckung zu gehen«, sagte Decker.
»Du hältst also noch an Jeanine und David Garrison fest?« fragte Marge.
»Ich halte an nichts und niemandem fest, weil es nach wie vor Zufallstreffer gewesen sein könnten. Der Racheakt eines gekränkten Angestellten.«
»Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber mich machen zehn Millionen Dollar sehr mißtrauisch, was die Einzeltätertheorie betrifft«, meinte Oliver.
»Okay, versuch es mal mit dieser Hypothese: Angenommen, die Schießerei im Estelle war ein bestellter Mord, der schiefgelaufen ist. Wenn Jeanine und David Garrison ihn in Auftrag gegeben haben, müssen wir eine enge Beziehung zwischen Jeanine und/oder David Garrison und Harlan Manz nachweisen.« Decker hielt das Zeitungsfoto in die Höhe. »Aber erst brauchen wir konkrete Beweise für eine persönliche Beziehung zwischen Manz und Jeanine Garrison. Ich werde mich mal mit Sonia Eaton und Terrance Howell unterhalten. Mal sehen, ob die mir Auskunft geben können.«
Marge blickte ihn zweifelnd an. »Angenommen, du stellst ein enges Verhältnis zwischen Manz und Jeanine Garrison fest. Was dann?«
Decker lächelte. »Immer schön eins nach dem anderen.«
Oliver blieb, als die anderen Deckers Büro verließen. Er schloß die Tür und setzte sich wieder. »Pete, ich hab mich ein bißchen vergriffen mit meiner Bemerkung über das Schulgeld. Cindy ist ein begabtes Mädchen, und ich weiß, daß du stolz auf sie bist. Ich finde es gut, daß du sie zur Uni schickst. Je mehr Bildung, desto besser. Meine Exfrau hätte alles drum gegeben, unsere Jungs im College zu halten. Aber es war einfach nicht ihr Ding.«
»Du hast gute Söhne, Scott.«
»Danke.« Er wirkte zerknirscht. »Ich habe eine Dummheit begangen, Pete. Ich habe eine Frau, die ich zur Sache befragen sollte, zum Essen eingeladen. Brenda Miller, die stellvertretende Chefin von Ashman/Reynard. Das heißt, eigentlich hat sie mich eingeladen, irgendwie überrumpelt. Aber ich habe zugesagt.«
Decker blickte ihn an. »Wie bist du denn in diese Falle getappt?«
Oliver seufzte. »Sie wollte nicht mit der Sprache raus. Und als Gegenleistung für die Einladung hat sie dann über das Verhältnis zwischen Wendy Culligan und Harlan Manz geplaudert. Und ich habe mich wohl verpflichtet gefühlt, mein Versprechen zu halten. Zu dumm. Aber du weißt ja, wie manche Frauen sind. Wenn sie nicht kriegen, was sie wollen, können sie ganz schön Ärger machen. Ich kann ja noch absagen.« Er überlegte. »Oder, da ich es dir nun gebeichtet habe, kann ich auch hingehen und so tun, als wäre es für die Arbeit. Vielleicht ist es günstiger, wenn ich … mich einfach nur so mit ihr treffe.«
»Sag ab.«
Oliver
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