Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
Ermittlung durchführen darf.«
Strapp antwortete: »Harlan Manz kam ins Estelle, mähte dreizehn Leute nieder, verletzte zweiunddreißig weitere, dann beging er Selbstmord. Wir haben die gerichtsmedizinischen Gutachten, wir haben Zeugen, wir haben einen glasklaren Fall. Warum wollen Sie denn unbedingt eine Verschwörung daraus machen?«
Decker setzte zu einer Erwiderung an, doch Strapp fuhr ihm dazwischen. »Sie behauptet, von Ihnen sexuell belästigt worden zu sein. Und weil Sie zurückgewiesen wurden, wollen Sie sich jetzt rächen.«
Decker verzog keine Miene, aber das Herz klopfte ihm bis zum Hals.
»Haben Sie etwas dazu zu sagen?« fragte Strapp.
»Sie ist sehr sexy«, sagte Decker.
»Und?«
»Nichts weiter.«
Strapp rieb sich die Schläfen. »Sie haben Sie nicht bedrängt?«
»Nein.«
»Ihnen ist auch nichts rausgerutscht?«
Decker wollte antworten, dann mußte er über die ungewollte Anzüglichkeit lachen. Strapp lachte mit.
»Nein, ich bin absolut sachlich geblieben. Sie ist attraktiv. Deshalb war ich besonders korrekt.«
»Vielleicht wollen Sie ihr was anhängen, weil Sie sie so außerordentlich attraktiv finden?«
»Von ›außerordentlich‹ war nicht die Rede.«
»Keine Haarspaltereien, Decker. Wollen Sie ihr was anhängen oder nicht?«
»Nein, das will ich nicht, Sir. Ich will nur ein paar krasse Widersprüche in einem sehr verwirrenden Fall aufklären.«
Strapp beäugte seinen Lieutenant. Leise fragte er: »Wurden Sie von ihr bedrängt, Pete?«
»Sie hat demonstrativ auf meinen Ehering gestarrt und mich zu einer Privatführung durch das neue Museum eingeladen.«
»Was haben Sie geantwortet?«
»Danke nein. Meine Familie möchte mich abends zu Hause haben. Soll ich das Gespräch wörtlich wiedergeben?«
»Kommen Sie mir nicht auf diese Tour!«
Decker blinzelte. »Will sie etwa mich oder das LAPD verklagen?«
»Noch nicht. Aber ihr Anwalt hat angerufen … und ein paar andere Leute. Er hat rumgetönt. Ich soll meine Leute besser im Griffbehalten.«
»Meine Güte!« Decker gab sich Mühe, das Kinn wieder zu entspannen. »Also, was soll ich nun tun?«
»Wenn es nur jemand anders wäre«, sagte Strapp. »Irgend jemand anders … «
Sie schwiegen beide.
»Ich glaube Ihnen, aber das hilft uns nicht weiter. Wenn die Frau klagt, sitz ich in der Tinte. Dann läuft das ganze Spiel ab.«
»Ich weiß.«
»Warum macht sie das? Will sie die Ermittlungen behindern? Haßt sie Männer? Oder hat sie schlicht eine Meise?«
»Vielleicht alles zusammen.«
»Was haben Sie bis jetzt rausgekriegt?«
Decker zögerte, dann zog er sein Notizbuch und berichtete. Er schilderte die Selbstmordhypothese, die unerklärlichen Schußbahnen, die Vielzahl der Geschosse und der leeren Magazine. Dann das Gespräch mit Jeanine. Ihr Versuch, Zeit zu gewinnen, dann, nach seiner Rückkehr, die plötzliche Feindseligkeit, das zu erwartende Millionenerbe, ihre Tennisbegeisterung, ihre Bekanntschaft mit Harlan Manz. Wie eng diese Beziehung war, galt es als nächstes zu klären.
»Was Sie bisher haben, beweist gar nichts.«
»Natürlich nicht. Deshalb ermittle ich ja. Hätte ich Beweise, wäre meine Arbeit getan.«
»Niemand gibt Ihnen das Recht, die Opfer als Mörder hinzustellen.«
»Ich beschuldige niemand, ich sammle Beweismaterial. Die Anklage muß von der Staatsanwaltschaft kommen. Wollen Sie hören, was der Stand ist?«
Strapp blieb ruhig. »Nur zu.«
»Ich habe Zeugenaussagen, daß die Schüsse aus allen Richtungen kamen.«
»Weil die Zeugen hysterisch waren.«
»Natürlich. Hysterisch waren sie alle. Wenn wir nicht mehr hätten als das, könnten wir den Fall abschließen. Aber dann kam das Gutachten der Gerichtsmedizin. Manche Schußbahnen passen nicht zur Position des Schützen, und der Selbstmord ist fraglich.«
Jetzt wurde Strapp hellhörig. »Inwiefern?«
»Manz müßte die Waffe etwa fünfundsiebzig Zentimeter vom Kopf entfernt gehalten haben.«
»Manche Leute haben Hemmungen, die Mündung an die Schläfe zu setzen.«
»Na gut, fünfzehn Zentimeter. Aber fünfundsiebzig? Ich hab lange Arme, aber selbst ich hab Mühe, die Waffe so weit weg zu halten und dann auf meine Schläfe zu zielen.«
»Wie lang ist der Arm des Täters?«
»Etwa neunzig Zentimeter von der Schulter bis zu den Fingerspitzen. Aber um die Waffe auf sich zu richten, muß er den Arm beugen. Ich sage nicht, daß es unmöglich ist. Aber ungewöhnlich ist es schon.«
»Sonst noch was?«
»Wir haben mehr Geschoßhülsen als
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