Decker & Lazarus 11 - Der wird Euch mit Feuer taufen
Niemand vom Orden der Ringe Gottes schien zu wissen, wer Sie angerufen hat.«
»Kann ich nicht beantworten, weil ich es nicht weiß.« Europa setzte sich hinter den Schreibtisch. »Sie sind doch hoffentlich nicht den ganzen Weg bis hier heraus gefahren, nur um mich das zu fragen?«
»Keine Vermutung?«
»Nein.«
»Männlich oder weiblich?«
»Eine Frau. Sie hat den Anruf wahrscheinlich heimlich gemacht.«
»Warum sagen Sie das?«
»Weil sie sehr schnell und leise sprach.« Europa erhob sich.
»Kaffee?«
»Gerne.«
»Wie trinken Sie ihn?«
»Schwarz.«
»Mit Koffein?«
»Je mehr, desto besser«, erwiderte Decker.
Europa lachte. »Sie würden gut hierher passen.« Sie goss Wasser in die Kaffeemaschine. »Die Frau bat mich, die Polizei zu benachrichtigen.«
»Die Polizei?« Decker schrieb mit. »Hat Sie das nicht misstrauisch gemacht?«
»Natürlich.«
»Sie haben gegen sieben angerufen?«
»Kann sein. Das müssten Sie besser wissen als ich. Werden eingehende Anrufe nicht aufgezeichnet?«
»Ich versuche nur, Ihr Gedächtnis aufzufrischen.«
Sie schwieg und rollte die Schultern. »Es war ein langer Tag.«
»Dessen bin ich sicher. Danke, dass Sie mich trotzdem empfangen haben. Versuchen Sie, sich so genau wie möglich an die Worte zu erinnern, die diese Anruferin verwendet hat.«
»So was wie … ›Ich dachte, Sie sollten es wissen. Ihr Vater ist gerade gestorben. Ich weiß nicht, wie es passiert ist. Verständigen Sie die Polizei.«‹ Europa maß Kaffee ab. »Dann hängte die Frau ein. Ich wusste, dass es zwecklos war, den Orden zurückzurufen. Man hätte mir nichts gesagt. Also habe ich die Polizei informiert. In den Nachrichten hieß es, er hätte vermutlich Selbstmord begangen. Sind Sie auch dieser Meinung?«
»Wäre eine Möglichkeit.«
»Gerissener Bursche. Und die anderen?«
»Zu früh zum Spekulieren«, erwiderte Decker. »Im Orden wird behauptet, Sie hätten seit Jahren nicht mit Ihrem Vater gesprochen.«
»Das stimmt nicht. Reines Wunschdenken ihrerseits. Wenn er seine leiblichen Kinder ablehnt, dann können die Ordensmitglieder seine Ersatzkinder sein.«
»Also haben Sie Ihren Vater vor kurzem gesehen?«
»Nein, nicht vor kurzem. Das letzte Mal vor etwa zehn Jahren. Aber ich habe mit ihm gesprochen. Er hat mich ab und zu angerufen, meist um meinen Geburtstag herum. Es überrascht mich, dass er sich überhaupt daran erinnerte. Allerdings nicht, um mir zum Geburtstag zu gratulieren. Er sagte nur, er hätte in letzter Zeit an mich denken müssen, und fragte, an was ich gerade arbeite. Ich erzählte ihm dann von meinen neuesten Forschungen. Wenn ich ihn nach seiner Meinung fragte, sagte er mir, was er darüber dachte. Fragte ich nicht, kam auch nichts von ihm. Wir redeten vielleicht zwanzig Minuten lang. Dann war Pause bis zum nächsten Jahr.«
»Warum hat er Sie angerufen, was meinen Sie?«
Sie zuckte die Schultern. »Vielleicht hat er mich vermisst. Wahrscheinlicher ist, dass er die Wissenschaft vermisst hat – die echte Wissenschaft. Nicht diesen pseudowissenschaftlichen Blödsinn, den er in den letzten fünfzehn Jahren verzapft hat.«
»Sie billigen das nicht?«
»Nein, aber das spielt keine Rolle.«
»Waren Sie jemals auf dem Ordensgelände?«
»Vor langer Zeit.«
»Und?«
»Und nichts. Ich war da, ich ging wieder weg. Jupiter war nicht der Vater, an den ich mich erinnerte. Ich wollte es auch nicht. Ich fand das ganze Erlebnis peinlich. Außerdem war ich damals wütend auf ihn. Mein eigener Vater verlässt mich zu einem entscheidenden Zeitpunkt meines Lebens … verschwindet für zehn Jahre. Da kann niemand erwarten, dass ich ihn plötzlich mit offenen Armen empfange.«
»Können Sie sich an andere Leute im Orden erinnern?«
»Nein, eigentlich nicht. Doch, da war dieser Bursche namens Pluto. Ein kleiner, unangenehmer Kerl. Hasste mich vom ersten Augenblick an, nur weil ich Jupiters Tochter bin.«
»Er ist immer noch da.«
»Das wundert mich nicht. Mein Vater kommandierte gerne Leute herum.«
»Er hat Pluto herumkommandiert?«
»Er hat alle herumkommandiert. Dad hatte es schon immer gern, wenn seine Untergebenen unterwürfig waren.«
»Ihr Vater war ein bemerkenswerter Mann«, sagte Decker. »Während seiner akademischen Karriere hatte er sicher eine Reihe von Untergebenen.«
»Ja, das stimmt, aber er hatte auch Kollegen. Manchmal ist es hart, gefordert zu werden.«
»Hat Ihr Vater das so empfunden?«
»Ich weiß das nur aus zweiter Hand, aber ich bin mir
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