Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Garoche erneut zusammen. Greta Schöne hatte in einem Hauseingang gewartet und zischte ihm zu, als er an ihr vorbeikam. Greta forderte den Künstler mit tränenerstickter Stimme auf: »Gehen Sie zur U-Bahn, ich folge Ihnen.«
Sie gingen zum nahegelegenen U-Bahnhof Memeler Straße. Auf dem leeren Bahnsteig stellte sich die junge Frau hinter einen Pfeiler. Garoche stand auf der anderen Seite.
So, ohne dass sie sich ansahen, flüsterte das Fräulein: »Wir treffen uns morgen am Bahnhof Zoologischer Garten. An den Bushaltestellen. Um 11 Uhr. Nehmen Sie den zwanziger Bus und setzen Sie sich auf das Oberdeck.«
Garoche war die Sache zu undurchsichtig. »Waren Sie schon bei der Polizei?«
»Sind Sie so naiv oder tun Sie nur so? Die sperren mich doch gleich ein.«
»Haben Sie denn etwas mit dem Tod Ihres Freundes zu tun?«
»Nein, natürlich nicht! Es ist wegen der anderen Dinge. Die Bilder und so. – Aber wenn Sie wissen wollen, wer den Hans totgemacht hat, fragen Sie mal den Löhner.«
Jetzt trat der Zugabfertiger aus seinem Häuschen und stellte sich an die Bahnsteigkante. Er sah auf seine Uhr.
»Die Bahn kommt gleich, wir sehen uns morgen.« Greta Schöne ging in Richtung des Bahnmitarbeiters.
Garoche folgte ihr. »Warten Sie, wo werden Sie schlafen? – In Ihre Wohnung werden Sie erst einmal nicht zurück können.« Greta Schöne zuckte nur mit den Schultern. Garoche dachte einen Moment nach, griff in seine Tasche und zog den Hundertmarkschein heraus. Es war derselbe, den er von Otto Niewarth bekommen hatte. »Gehen Sie in eine Pension oder ein Hotel.«
Dann fiel ihm ein, dass er ja noch die siebenhundert Mark in der Brieftasche bei sich trug, die er für das Bild von Tucher bezahlen wollte. Es war nur Recht, wenn Greta das Geld bekam. »Hier, nehmen Sie das auch noch. – Es gehört Ihnen«, erklärte er auf das fragende Gesicht des Fräuleins.
Der Zug fuhr mit lautem Getöse in den Bahnhof und hielt. Die junge Frau nahm die Geldscheine und für einen kurzen Augenblick huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie gab dem Maler einen Kuss auf die Wange und war kurz darauf im Gedränge der Menschen verschwunden.
Garoche verlor Greta Schöne aus den Augen.
Als Garoche am späten Nachmittag zurück in das Haus kam, fand er Katuschke in der Küche sitzend vor. Ausgiebig kaute er ein Leberwurstbrot. Dazu gab es roten Wein. Gustave setzte sich zu dem Kollegen an den Tisch.
»Katuschke, es könnte sein, dass uns in nächster Zeit ein Polizist besucht!«
Katuschke betrachtete seinen Kollegen, als fürchtete er, Garoche habe von dem Firnis genascht, mit denen sie ihre Bilder imprägnierten.
Garoche erklärte: »Es geht um einen Hans Wilderer.«
Jetzt erhellten sich die Gesichtszüge Katuschkes. »Den Kunsthändler Wilderer? – Wilderer wie Förster?«
»Sie kennen Ihn?«
Katuschke sah Garoche mit spöttischem Blick an.
»Garoche, ohne viel Schmonzes und Blutsbrüdergetue, wir sollten Du sagen«, nutze Katuschke die Gelegenheit für einen zwangloseren Umgang. »Ich halte nicht viel von diesem ›Sie-Getue‹. Und du Arschloch sagt sich leichter als Sie Arschloch.«
Sie begossen ihre persönlichere Ebene mit Rotwein.
»Den Wilderer kennen, ist zu viel gesagt«, kam Katuschke auf die Frage Gustaves zurück. »Niewarth hat ihn mal mitgebracht. Vor einiger Zeit. Da war der gute Niewarth noch nicht so vorsichtig wie heute. Hans Wilderer versucht sich schon seit Jahren als Kunsthändler. Mit mäßigem bis gar keinem Erfolg. Erst als Niewarth ihn als Zwischenhändler für seine krummen Geschäfte benutzt, geht es mit ihm aufwärts. Wieso? Was ist denn mit Wilderer?«
»Er ist tot. Erschlagen. Und wenn Greta recht hat, hat der Löhner etwas damit zu tun.«
»Wer ist Greta? – Und dem Löhner traue ich alles zu. Der ist ein Bigamist.«
Da der Malerkollege den nötigen Ernst vermissen ließ, musste Garoche weiter ausholen und erzählte von der ersten Begegnung mit Wilderer und dem Vorschlag auf eigene Rechnung zu arbeiten, bis zu dem toten Mann in der Wohnung. Auch Kommissar Malek erwähnte Gustave.
»Mein lieber Freund, du bist aber von der ganz schnellen Truppe. Kaum ein Fälscher und schon die nächsten Auftraggeber. Ich will nicht unken, aber an der Sache mit Löhner könnte etwas dran sein. ›Seien Sie vorsichtig, junger Freund‹«, machte Katuschke mit dem letzten Satz Otto Niewarth nach und lachte anschließend ausgiebig über seine Parodie.
Garoche wartet bis Erwin seinen Lachkrampf beendet
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