Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Zeichnung von Ada in der Hand, vollendete er die Skizze, die so unsanft von Katuschke unterbrochen wurde. Aber auch hierfür fand er keine Ruhe. Er beschloss, nach Ada zu sehen, ging hinüber ins Haus, stieg die Treppe und die Stiege hinauf und trat behutsam in ihre Kammer. Zuerst dachte er, sie schliefe unter ihrer Federbettdecke, die sie über den Kopf gezogen hatte, und wollte sich wieder entfernen. Eine fast unmerkliche Bewegung veranlasste ihn, ihren Namen zu rufen, dann ein: »Schläfst du? – Es tut mir leid, wenn es dir unangenehm war, ich meine, mit Katuschke. Ich hoffe, du bist mir nicht böse?«
Als sie nichts entgegnete, wollte sich Garoche schon zurückziehen, da lugte unter der Decke das Gesicht Adas hervor und nach einem anfänglichen halb ärgerlichen, halb ängstlichen Ausdruck, erkannte Garoche in ihrer Miene, was er erwartet hatte. Sie schlug langsam das Federbett zur Seite und ihr nackter Körper lud ihn ein, sich zu ihr zu legen.
Katuschke hatte sich in der Küche eine neue Flasche Wein aufgemacht und sich schließlich vor den Geräuschen, aus dem oberen Teil des Hauses, in sein Atelier zurückgezogen. Garoches Verhältnis mit Greta hatte er nicht vergessen. Das Verhältnis, das Katuschke nach dem verheerenden Annährungsversuch an Greta Schöne mit einer Frau aus dem Nachbarort angefangen hatte, war letztlich an der Trinkerei des Malers gescheitert. Bedingt durch Katuschkes Selbstmitleid, ab einem gewissen Alkoholpegel, gepaart mit einer ausgeprägten Aggressivität, hatte Frau Weinert schließlich einen Schlussstrich unter diese Beziehung gezogen. Seitdem mied der Maler den Kontakt zu Frauen.
Kapitel 11
Der sonnige Tag brachte Garoche auf den Gedanken, einen Spaziergang zu unternehmen, und da Ada mit der Reinigung des Salons beschäftigt war und der Maler zum Lebensmittelladen im Ortskern gehen wollte, trug ihm das Mädchen einige Besorgungen auf. Zwischen zwei derben Flüchen über die Unordnung Katuschkes steckte Ada Gustave den Zettel mit den Besorgungen zu. Hauptsächlich waren es Wurst und Fleisch für das Abendbrot. Zum Abschied gab sie Garoche einen Kuss.
Er betrat den Lebensmittelladen Dorne am Ende der Hauptstraße kurz vor dem Bahnhof mit einem »Guten Tag«.
Der Mann im weißen Kittel hinter dem Ladentisch, offensichtlich der Inhaber, sah dem Kunden nur in die Augen und hob stumm den Zeigefinger, um Garoche auf das kleine Transparent aufmerksam zu machen, das hinter dem Ladenbesitzer und oberhalb des Regals für Zucker, Mehl, Puddingpulver und andere Back- und Kochutensilien gespannt war: ›Der einzige Gruß, der hier gilt, ist: Heil Hitler.‹
Garoche war nicht danach, er hätte Herrn Dorne gerne ignoriert oder wäre zu einem anderen Lebensmittelhändler gegangen.
Die Gattin, die gerade das Obst aufgefüllt hatte, flüsterte ihrem Mann zu: »Das ist ein Ausländer, der weiß das nicht, der kennt sich nicht aus. Er kommt aus Frankreich. Ist ein Maler oder so. Hat Frau Melchat mir erzählt. Er und ein …«
»Aber deutsch versteht er? Oder?«, unterbrach Herr Dorne die Ausführungen seiner Frau. Er war ein guter Nationalsozialist, aber nicht an dem neusten Klatsch und Denunziantentum aus der Gegend interessiert. Und wie er zu seinem Leidwesen feststellen musste, waren seine Frau und sein Geschäft eines der Drehkreuze für Informationen aus der Nachbarschaft. Die Eheleute Dorne sahen den über so viel Dreistigkeit verblüfften Garoche fragend an und warteten auf eine Reaktion von ihm. Weitere Kundinnen betraten die Lebensmittelhandlung, und Frau Dorne widmete sich den Wünschen der Frauen.
Herr Dorne hatte es bereits aufgegeben, auf ein ›Heil Hitler‹ des Fremden zu bestehen, und fragte stattdessen, womit er dienen konnte. Die gewünschten Wurstwaren wurden eingepackt, den Tabak musste der Lebensmittelhändler aus dem Lager holen, und auf die Milch musste Garoche noch warten. Der Milchwagen komme in ein paar Minuten.
Mittlerweile füllte sich der kleine Laden mit Kunden, und sie alle kannten den richtigen Gruß. Herr Dorne kam mit den Tabak aus den hinteren Räumen, und Garoche kramte in seinen Taschen nach Geld, um den geforderten Preis zu bezahlen.
Unterdessen erkundigte sich der Händler nach den Wünschen der nächsten Kundin. Eine ältere Frau. Gerade als sie ihre Bestellungen aufgeben wollte, wurde sie von einem Jungen in HJ-Uniform, etwa fünfzehn Jahre alt, unterbrochen. Dieser wandte sich an Herrn Dorne: »Sie wollen die wohl nicht vor den deutschen Frauen
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