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Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renegald Gruwe
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aufdringlich erscheine.«
    »Sie waren Anwalt?«
    »Ja, aber durch die eheliche Verbindung mit meiner Frau – Sie müssen wissen, dass sie Jüdin ist – wurde mir nahegelegt, meine Kanzlei an meine Partner zu verkaufen. Die hielten es für unpassend, in meiner Position eine jüdische Frau zu haben. Die Möglichkeit der Scheidung kam für mich selbstverständlich nicht infrage. Ich bin fünfundsechzig und fühle mich eigentlich noch nicht wie ein Pensionär. Aber die Klienten wären ausgeblieben, und das konnte ich meinen Partnern nicht zumuten. Dass sie die Kanzlei vergleichsweise für ein Butterbrot bekamen, ist ihnen nicht anzulasten. Nun, deshalb muss ich von Zeit zu Zeit ein Gemälde aus meiner Sammlung fortgeben.« Er schnaubte sich mit seinem Taschentuch die Nase, ordnete seinen Schal und knöpfte den Mantelkragen zu, da mit dem allmählichen Schwinden des Sonnenlichts ein empfindlich kalter Wind aufgekommen war. »Meine Frau schimpft wieder, wenn ich oben so offen herumlaufe«, sagte er mit einem Lächeln und fügte unmittelbar an: »Wie geht es denn dem Herrn Katuschke? Er hat uns schon lange nicht mehr besucht. Ich hoffe, er ist nicht krank? Meine Frau hat sich schon ein wenig Sorgen um seinen Gesundheitszustand gemacht. Er sah doch immer recht müde aus. Wir kennen uns schon eine ganze Weile, er hat mir zu einem meiner ersten Gemälde für meine Sammlung verholfen. Es war ein Heckel.«
    »Er hat eine Reise angetreten«, log Garoche das erste, was ihm einfiel. Er wollte dem alten Herrn nicht die schmerzliche Wahrheit über den Selbstmord des Kollegen zumuten.
    »Ach, das ist schön, in den Süden wohl. Er hatte mehrmals erwähnt, dass er eine Reise in den Süden machen wollte, nach Italien, eine Studienreise. Ich glaube, Florenz wurde erwähnt, und, wenn ich nicht irre, Palermo und eine andere Stadt, deren Namen mir leider entfallen ist. Mein Gedächtnis ist nicht mehr das allerbeste seit meinem Ruhestand. Es fehlen doch die täglichen Merkübungen im Beruf.« Wieder rückte er den Schal an seinem Hals zurecht. Dann warf er einen Blick auf Garoches Zeichenmappe, die er neben sich auf die Bank gelegt hatte.
    »Sie sind auch Maler?«
    »Ja, ich habe mir mit Herrn Katuschke ein Atelier geteilt.«
    »Sehr schön, haben Sie nicht auch Lust, meine Frau und mich einmal zu besuchen? Auch sind noch einige Bilder vorhanden, die Sie eventuell interessieren.«
    »Gerne.«
    »Ich gebe Ihnen unsere Adresse, dann können Sie kommen, wann Sie möchten. Wir sind eigentlich immer zu Hause. Wir haben nicht mehr viele Gelegenheiten, aus dem Haus zu gehen. Damals war das anders. Wir wurden zu vielen Feierlichkeiten und Festen eingeladen, meine Frau und ich. Heute kommen keine Einladungen mehr.«
    Garoche sagte dem älteren Herrn, er wisse, wo das Haus sei, und versprach zu kommen; dann stand er auf, ihm wurde kalt. Auch der Kommerzienrat Winter erhob sich mithilfe Garoches Arms und stützte sich auf seinen Stock. »Sie haben recht, es wird kühl, und die Sonne geht auch schon unter. Ihre Strahlen wärmen noch ein wenig, aber bald wird auch das nicht mehr ausreichen, um einen kleinen Schwatz auf der Bank halten zu können. Dann kommt der Winter mit Macht. Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben. Wir würden uns beide sehr freuen, wenn Sie uns beizeiten einmal einen Besuch abstatten möchten. Sie müssen in die entgegengesetzte Richtung? Na, dann: Leben Sie wohl, auf ein Wiedersehen!«

    Für einen Moment zögerte Garoche, den Knopf der Türklingel zu drücken. Ihm kamen neue Zweifel, ob es eine gute Idee war, den Kommerzienrat zu besuchen. Er sollte nicht zu viele Kontakte – schon gar nicht im Ort – schließen. Dass er sich rasiert und einen sauberen Anzug angezogen hatte, war allerdings eine erfreuliche Nebenerscheinung dieses Besuchs, wie er fand. Der Auslöser für die Rasur war jedoch nicht der Besuch bei den Winters, vielmehr hatte er am Morgen in das Gesicht Katuschkes geblickt. Diese Begegnung veranlasste ihn, endlich zum Rasiermesser zu greifen.
    Nach einem kurzen Spaziergang im Garten wurden die beiden Männer von der Dame des Hauses zum Kaffee gerufen. Eleonore Winter hatte mithilfe der Haushälterin liebevoll den Tisch gedeckt und das gute Service aufgelegt.
    »Endlich können wir es mal wieder benutzen«, strahlte die Hausfrau den Besucher an. »Es kommen in letzter Zeit wenige Gäste.« Sie schenkte die Tassen voll und schwärmte mit glänzenden Augen: »Früher hatten wir fast jeden Sonnabend

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