Deebs, Tracy - Tempest - 01 - Tochter des Meer
Herz schlug immer schneller, bis es mühelos mit dem Schlagzeug eines Heavymetal-Songs mithalten konnte. Ich bekam feuchte Hände und meine Zunge verknotete sich. Es gab so vieles, was ich ihm sagen wollte, aber ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie ich anfangen sollte.
Am Ende war es gar nicht nötig. Er brach das Schweigen als Erster. »Übrigens wollte ich dir danken, dass du mich am Leben gehalten hast, bis meine Brüder mich finden konnten. Ich weiß das sehr zu schätzen.«
Ich erinnerte mich an die faltigen schwarzen Hände, die ihn mir aus den Armen gezogen hatten. »Die Typen, die dich mitgenommen haben - das waren deine Brüder?«
»Ja, meine drei jüngeren Brüder.«
»Woher wussten sie, dass du in Schwierigkeiten bist?«
Er zuckte die Achseln. »Einfach so. Woher wusste ich, dass du unten bist und nach mir suchst?«
Einfach so. Toll. Wirklich schade, dass es bei mir nicht funktioniert hatte. Es war komplett überflüssig gewesen, ihm hinterher zuschwimmen. Ich schüttelte fassungslos den Kopf, weil ich jetzt dastand wie der letzte Idiot. Er war hundertprozentig in Sicherheit gewesen und ich war ihm hinterher gesprungen, weil ich dachte, er müsste gerettet werden. Was für ein Witz.
»Tu das nicht.« Kona nahm meine Hand und hielt sie fest.
»Tu was nicht?«
»Mir zu folgen war das Netteste, was jemals jemand für mich getan hat. Du musst dir nicht lächerlich Vorkommen.«
Ich spürte, wie mir die Röte über den Hals ins Gesicht kroch. »Ich habe dir gesagt, dass du mir nicht in den Kopf sehen sollst.«
»Diesmal war ich nicht in deinem Kopf. Ehrenwort. Aber ich lerne allmählich deinen Gesichtsausdruck zu deuten.«
»Ich Glückspilz.«
»Komm schon, Tempest. Ich schwöre dir, es gibt nichts, wofür du dich schämen musst.« Sein Atem ging schneller und er kam noch näher. So nah, dass ich sehen konnte, wie sich sein Brustkorb hob und senkte. So nah, dass ich seinen warmen Atem spüren konnte, der mir über die Wange strich.
In diesem Moment begriff ich, was mit dem Ausdruck »die Spannung mit Händen greifen können« gemeint war. Wenn die Luft um uns herum nur noch eine Winzigkeit dicker wurde, würden wir sie uns mit dem Löffel einverleiben können wie eine Packung Eiscreme.
Hitze überfiel mich und vertrieb die letzten Kälteschauer, die mich verfolgt hatten, seit ich aus dem Meer gestiegen war. Sie machte mich verlegen, und ängstlich, daher senkte ich den Kopf und ließ mir die Haare ins Gesicht fallen, die immer noch feucht waren.
Kona streckte die Hand aus und schob sie wieder zurück. Dann strich er mir über die Wange und hob mein Kinn an. Für einen kurzen Moment verschmolzen unsere Blicke und mein Verstand setzte aus. Er schaltete völlig ab, als ich daran dachte, wie seine Lippen sich auf meinen angefühlt hatten.
»Ich ...« Meine Kehle war wie ausgetrocknet vor Nervosität, was mir ganz gelegen kam, da ich ohnehin nicht wusste, was ich sagen sollte. Jedenfalls nicht, dass ich Kona gern hatte und mich zu ihm hingezogen fühlte oder dass ich, wenn ich die Augen schloss und an die Zukunft dachte, meistens sein Gesicht vor mir sah. Ich war noch nicht bereit, das auszusprechen, war mir nicht mal sicher, ob ich bereit war, es zu fühlen; nicht, solange ich auch für Mark noch ziemlich verworrene Gefühle empfand.
Kona musste meine Verwirrung gespürt haben, denn er trat zurück, ehe ich etwas Dummes tun konnte, mich etwa an ihn schmiegte und alles vergaß, was mit Mark, meiner Familie und der verrückten Wasserhexe zu tun hatte, die eine Stinkwut auf mich zu haben schien.
»Du bist auch eine Gestaltwandlerin, weißt du.«
Es dauerte einen Moment, bis seine Worte zu mir durchdrangen. »Ich bin ein Mensch.«
»Du bist eine Wassernixe. Du bist nur noch nicht bereit, das zu akzeptieren.«
Die Wut flammte so abrupt in mir auf, dass ich meinte zu verglühen. »Du siehst nur, was du sehen willst. Ich habe die Wahl: Ich kann ein Mensch bleiben. Und ich werde ein Mensch bleiben.«
»Du willst ein Mensch bleiben. Das ist nicht das Gleiche. Außerdem kenne ich dich, Tempest. Du wirst uns nicht im Stich lassen.«
Seine Worte waren verwirrend, zu verwirrend, um mich mit ihnen zu befassen, solange dieser Mahlstrom von Gefühlen in mir tobte. Also tat ich das, was ich am besten konnte: Ich ignorierte sie. In den letzten Wochen war ich zu einer Expertin geworden, wenn es darum ging, mich nur um das zu kümmern, was sich direkt vor meiner Nase befand.
»Kann ich jetzt duschen, wie du
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