Deep Secrets - Berührung
Grund, warum ihre Sachen in diesem Lagerraum waren. Aber warum ist sie nicht zurückgekommen, um sie zu holen? Oder hat die Gebühr für den Lagerraum bezahlt?
Ich balle die Fäuste und zwinge mich, sie langsam zu öffnen, zwinge meine Schultern, sich zu entspannen. Ich werde logisch vorgehen, und das wird mich beruhigen. Es gibt keinen Grund, voreilige Schlüsse zu ziehen. Ich werde einfach in der Galerie anrufen und Rebecca dort aufspüren, werde feststellen, dass alles gut ist, und Rebecca ihre Sachen zurückgeben. Ende der Geschichte. Sehr gut. Perfekt. Dann werde ich mit meiner Arbeit für die Sommerschule fortfahren.
Ich reiße mein Telefon vom Couchtisch und will anrufen, kann mich aber gerade noch bremsen. Es ist nach Mitternacht, und ich habe versucht, Ella anzurufen, obwohl ich keine Ahnung habe, wie spät es in Paris ist, und jetzt versuche ich, die Kunstgalerie anzurufen. So viel zum Thema Ruhe und Gefasstheit.
Rebecca Mason ist in den Seiten dieses Tagebuchs lebendig geworden, als wäre sie ein Teil von mir. Als wäre ich Rebecca geworden, während ich diese Tagebücher gelesen habe. Ich spüre eine so innige Verbindung zu dieser Fremden, dass es geradezu unheimlich ist. Oder vielleicht, denke ich nüchtern, ist mein eigenes Leben einfach so verdammt langweilig, dass ich mich verzweifelt nach ein wenig Aufregung sehne. So wie es Rebecca ergangen ist, bevor sie ihn kennenlernte.
Bei diesem Gedanken schlinge ich die Arme um mich und beschließe, ins Bett zu gehen. Aber nicht, ohne die Tagebücher mitzunehmen.
3
»Rebecca ist nicht da.«
Dieselbe Antwort hat mir der Mann, der in der Galerie immer ans Telefon geht, schon bei meinem letzten Anruf gegeben. Und bei dem davor.
»Sie ist im Urlaub«, antworte ich. »Das hat man mir die ganze Woche gesagt. Es ist Freitag. Wird sie Montag zurück sein?«
Stille sickert durch die Leitung. »Ich kann eine Nachricht notieren.«
Ich habe bereits mehrere hinterlassen und sehe keinen Grund für eine weitere. »Nein, danke.« Ich lege auf und nippe an meinem Latte-Vanille aus dem Café Barnes & Noble. Dort habe ich gerade einem Football-Spieler Nachhilfe gegeben, der bei den Colleges mit mehr als seinen Fähigkeiten auf dem Spielfeld Eindruck machen will.
Die Sache mit Rebecca macht mich wahnsinnig. Es bleibt mir nicht mehr viel Zeit, bis ich den Lagerraum räumen muss – nur noch eine Woche. Danach würden zweihundert Dollar für einen weiteren vollen Monat fällig. Ein harter Schlag ins Kontor, da meine Ersparnisse sowieso knapp bemessen sind. Der Manager hat mir schon eine zusätzliche Woche kostenlos gewährt, wofür ich dankbar bin, aber ich muss die Sache zum Abschluss bringen, und zwar schnell.
Auf meinem Laptop klicke ich die Website der
Allure Art Gallery
an. Vielleicht haben sie dort eine Liste ihrer Mitarbeiter. Tatsächlich gibt es eine, und Rebecca ist aufgeführt, als Marketingchefin. Hm. Nun, das ist gut. Das muss ein Zeichen dafür sein, dass mit ihr alles in Ordnung ist. Oder?
Ein Werbebanner am Rand der Seite erregt meine Aufmerksamkeit, und ich klicke es an. An diesem Mittwochabend findet in der Galerie eine Vernissage statt, und es werden nicht gerade unbekannte Künstler ausgestellt. Ein Kitzel durchläuft mich, als ich entdecke, dass auch der hochgelobte Ricco Alvarez dabei ist. Ich bewundere Ricco Alvarez’ Darstellung seines Heimatlands Mexiko, und obwohl es in einer so kunstverliebten Stadt wie San Francisco ziemlich gut bekannt ist, dass eine Größe wie er hier ein Haus besitzt, lässt er sich nur selten sehen. Aber andererseits ist dies eine gute Sache, ein Wohltätigkeitsereignis mit Smokings, dreistelligen Eintrittspreisen und einem Kunstwerk von Alvarez, das versteigert wird und dessen Erlös an ein örtliches Kinderkrankenhaus gehen wird. Bei einem solchen Ereignis muss die Marketingchefin auf jeden Fall dabei sein.
Ich überdenke meine Möglichkeiten. Wenn ich Rebecca vor der Vernissage nicht erreichen kann, werde ich einfach hingehen. Lautlos lache ich über mich selbst. Mache ich mir nicht etwas vor? Ich werde Ricco Alvarez sehen, selbst wenn ich für die nächsten zwei Wochen Fertignudeln esse, um es mir leisten zu können. Und da die Tickets hundert Dollar das Stück kosten, wird es wohl so kommen. Aber ich prasse nie, niemals. Ich beiße mir auf die Unterlippe und winde mich, und dann, bevor ich mich daran hindern kann, klicke ich auf den Button für TICKET KAUFEN . Ich werde keine Rückzahlung erhalten, falls ich
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