Deer Lake 02 - Engel der Schuld
wenn er nicht stets eine schlechte Presse fürchtete. »Danke, Rudy.«
»Gehen Sie zur Beerdigung?« Seine Aufmerksamkeit galt bereits wieder seinen Notizen zur Grabrede.
»Natürlich.« Sie hatte zwar eigentlich keine Zeit, fühlte aber eine gewisse Verpflichtung, da sie eine derjenigen gewesen war, die versucht hatten, den Richter wiederzubeleben. Sie fragte sich, ob Brooks genauso fühlte oder ob er kommen würde, um etwas Farbe in sein Buch zu bringen.
»Wo stehen wir mit dem Fall?« fragte Rudy.
»Nichts Neues. Was die Beweise angeht, sind wir von den Gnaden des forensischen Labors abhängig. Der DNS-Test des blutigen Lakens wird erst in einem Monat fertig sein.«
»Aber die Blutgruppe stimmt mit der von Josh Kirkwood überein.«
»Ja, und das reicht fürs erste. Costello würde dieses Laken vor einer Jury in Fetzen reißen, aber wenn wir soweit sind, wird er mit den DNS-Experten kämpfen müssen.«
Wenn wir ü berhaupt soweit kommen.
»Wir haben genug Material, um ihm den Prozeß zu machen«, sagte sie, als müsse sie gegen ihre tückischen Gedanken ankämpfen, um ihren Boß zu überzeugen.
Sie hätte das Problem gern mit ihm durchgesprochen, wie sie das mit ihrem alten Boß in Hennepin County getan hatte, um Strategien zu planen, Theorien zu entwickeln, des Teufels Advokat zu spielen. Aber Rudy war nie ihr Vertrauter gewesen. Es war am besten, Cameron als Stimmungsbarometer zu nehmen und ansonsten auf ihre eigenen Instinkte zu vertrauen.
Sie schob mit einem Finger den Ärmel ihres Blazers hoch und sah auf die Uhr. »Ich muß nach oben. Viel Glück mit der Grabrede.«
Ellen machte sich auf den Weg zu ihrem Büro, in dem immer noch die Telefone fast ununterbrochen klingelten. Inzwischen würde sich die Nachricht vom Vandalismus an ihrem Wagen verbreitet haben. Sie war offiziell zur Zielscheibe geworden.
Phoebe stand von ihrem Schreibtisch auf, ihr frisch gewaschenes Gesicht war weiß vor Panik.
»Tut mir leid, Ellen«, sagte sie und klammerte sich am Oberteil ihres gefängnisgrauen Jumperkleids fest.
»Leid?«
Quentin Adler mischte sich in das Gespräch ein. »Ellen, ich muß mit Ihnen übe:r diesen Einbruch reden.«
»Gleich, Quentin.«
»Ich habe versucht, ihn aufzuhalten, aber er macht mir angst«, piepste Phoebe. »Er ist Löwe, wissen Sie. Ich kann mit Löwen nicht umgehen.«
»Was?«
»Wissen Sie«, beklagte sich Quentin, dessen fleischiges Gesicht von roten Flecken überzogen war, »dieser Einbruch, den Sie mir aufgehalst haben – Hermann Horstmann – , ich kann die beeidigte Zeugenaussage, die Sie von seiner Freundin haben, nicht finden, und jetzt ist sie plötzlich fort nach Mexiko und . . .«
»Mister Costello«, gestand Phoebe und kniff die Augen zu, als erwarte sie eine Ohrfeige. »Er ist in Ihrem Büro. Es tut mir wirklich leid!«
». . . und ich würde wirklich gern wissen, woher eine kleine Schlampe wie sie das Geld hat, um nach Cancun zu fliegen, aber das steht ja nicht zur Debatte. Ich brauche diese Aussage, Ellen.«
»Quentin«, sagte Ellen scharf, »zieh eine Nummer, und warte.«
Sie langte um ihn herum und packte Phoebe am Ärmel.
»Tony Costello ist in meinem Büro? Allein?«
»Es tut mir wirklich leid!« winselte Phoebe. »Ich hab's versucht. Aber das Telefon hört nicht auf zu klingeln und – und – ich habe gehört, daß Sie ü-ü-überfallen worden sind, und er m-macht m-mir angst!«
»O Phoebe, wein doch nicht!« flehte Ellen sie an.
Phoebe setzte sich auf eine Schreibtischkante und schlug die Hände vors Gesicht. »I-i-i-ich versuch's j-ja.«
»Ellen, ich muß sagen, Ihre Einstellung mißfällt mir«, schmollte Quentin. »Sie haben mir diesen Fall aufgehalst . . .«
Ellen wirbelte herum, sie konnte es sich gerade noch verkneifen, ihn am Kragen zu packen. »Quentin, ich bin nicht Ihre Mutter. Ich bin nicht Ihre Sekretärin. Ich habe Ihnen meine Akten zu diesem Fall gegeben. Wenn Sie etwas nicht finden können, dann regeln Sie das. Jetzt entschuldigen Sie mich bitte, während ich Mister Costello die Eingeweide rausreiße.«
Sie stürmte in ihr Zimmer und knallte die Tür zu.
»Wie kannst du es wagen!« brüllte sie. »Wie kannst du es wagen, herzukommen und meine Sekretärin zu schikanieren und ungebeten mein Privatbüro zu betreten! Ich sollte die Wachmänner rufen und dich aus dem Haus werfen lassen.«
»Wenn du das tust, Ellen«, sagte er, »wird mir die Presse erst recht glauben, wenn ich erzähle, daß du versuchst, mich von Informationen
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