Deer Lake 02 - Engel der Schuld
Ellen mit einem Auge auf der Tür, falls Hannah zurückkehrte. »Ich habe gehört, daß ihre Ehe praktisch am Ende ist.«
»Garrett Wright hat einiges auf dem Gewissen.«
Hannah schob Josh in die Küche. Josh beäugte die Besucher mißtrauisch. Er sah aus wie ein Doppelgänger des Jungen auf den Fahndungsbildern mit dem Zahnlücken entblößenden Lächeln und der Pfadfinderuniform. Die physische Ähnlichkeit mit diesem Jungen war vorhanden, aber nichts von seinem Elan, seiner Freude. Er hatte Augen wie ein Hundertjähriger.
»Tag, Josh, mein Name ist Ellen.« Sie beugte sich bis auf seine Augenhöhe hinunter. »Und das ist mein Freund, Cameron. Er spielt im Sommer gern Fußball. Magst du Fußball auch?«
Josh starrte sie schweigend an. Seine Mutter strich ihm durch sein lockiges Haar. »Josh spielt im Sommer Baseball. Nicht wahr, mein Schatz?«
Er sah von Ellen zu Cameron, dann drehte er sich zum Kühlschrank um und verlor sich in den Fotos und Kinderzeichnungen, die mit Magneten an der Tür befestigt waren. Hannah kniete sich neben ihn. »Josh. Ellen und Cameron möchten, daß du dir einige Bilder anschaust, die sie mitgebracht haben. Sie möchten sehen, ob der Mann, der dich uns weggenommen hat, einer von den Männern auf den Fotos ist. Kannst du das machen?«
Er gab keine Antwort, zeigte keinerlei Reaktion. Sie nahm ihn sanft bei den Schultern und drehte ihn zum Tisch.
»Jetzt schau sie dir einfach mal an, Josh«, sagte ihm Ellen und schob ihm die Plastikhülle mit den Fotos hin. »Laß dir Zeit, und schau dir alle Männer an. Wenn der Mann, der dich mitgenommen hat, dabei ist, mußt du einfach nur auf ihn zeigen.«
Ellen hielt den Atem an, als er seinen Kopf über die Bilder beugte, sich zuerst ein Gesicht, dann das nächste ansah. Alle waren aufgenommen wie für eine Verbrecherkartei, einige von Kriminellen, einige von Polizisten aus Deer Lake. Garrett Wrights Foto stak in der rechten oberen Tasche. Josh sah sie alle an, sein Blick verweilte auf Wrights Gesicht, dann glitt er weiter.
»Du mußt einfach nur auf ihn zeigen, Josh«, murmelte Ellen. »Er wird dir nicht weh tun. Wir werden dafür sorgen, daß er weder dir noch einem anderen Kind je wieder weh tun kann.«
Sein Blick glitt zurück zu den Gesichtern, dann wandte er sich ab, ging zum Kühlschrank und starrte einen Schneemann aus Bastelpapier an. »Josh, bist du sicher, daß du den Mann nicht gesehen hast?« fragte Hannah mit einem verzweifelten Unterton in der Stimme. »Vielleicht solltest du herkommen und dir die Fotos noch mal ansehen. Komm schon . . .«
Ellen erhob sich und packte sie sanft am Arm, bevor sie Josh zum Tisch zurückziehen konnte.
»Ist schon okay, Hannah. Vielleicht ist er einfach noch nicht bereit, sie anzusehen. Wir versuchen es ein andermal.«
»Aber . . .« Hannahs Blick huschte von ihrem Sohn zu dem Polizeifoto von Wright.
»Ist schon in Ordnung«, sagte Ellen und wünschte, so gelassen zu sein, wie sie klang. »Wenn er dazu bereit ist, wird er darüber reden. Er ist einfach noch nicht soweit.«
»Was, wenn er nie dazu bereit ist?« flüsterte sie.
»Wir werden die Anklage aufbauen«, versprach Ellen. Aber als sie vom Haus der Kirkwoods wegfuhren, fragte sie sich, ob das ein Versprechen war, das sie einhalten konnte.
Josh war der einzige Zeuge, der Wright und seinen Komplizen identifizieren konnte. Josh hatte die Person gesehen, die ihn von der Eisbahn mitgenommen hatte. Die Zeugin Helen Black hatte an diesem Abend einen Blick aus ihrem Fenster geworfen und einen Jungen gesehen, der nur Josh gewesen sein konnte und bereitwillig in einen Lieferwagen gestiegen war. Er mußte gesehen haben, wer ihn fuhr.
»Vielleicht ist es der Komplize gewesen«, schlug Cameron vor. »Vielleicht hat er Wright nie gesehen.«
»Vielleicht.«
Er schwieg einen halben Block lang, während sie an einem Kwik Trip und einem vietnamesischen Krämerladen vorbeifuhren. »Und wenn wir Josh nicht in den Zeugenstand bringen, wird Costello sagen, er konnte Wright nicht identifizieren, weil Wright es nicht getan hat.«
»Dann trampeln wir auf Costello herum, weil er ein herzloses Schwein ist«, konterte Ellen. »Wir sagen, wir bringen Josh nicht in den Zeugenstand, weil er unter Schock steht und als Opfer Schreckliches erlebt hat. Wir möchten ihn nicht der Tortur eines Kreuzverhörs aussetzen, ganz zu schweigen davon, daß er Wright im Gerichtssaal gegenübertreten müßte.«
Er nickte, als sie in die Oslo Street einbog und den Hügel zum
Weitere Kostenlose Bücher