Defcon One 01 - Angriff auf Amerika

gerade Kapitän Carlsen mit einem Zirkel einen Kurs für das morgige Zielgebiet ab.
    »Und? Haben wir schon Kontakt?«
    Kapitän Carlsen, der wegen seiner Leibesfülle wie hineingepresst in die weiße Unform wirkte, rieb sich den roten Vollbart und schüttelte den Kopf.
    »Wir haben einen Peilsender an Flying Fish angebracht. Spacy aktiviert ihn, sobald die beiden Jungs in die Luft gehen. Ein Satellit spielt uns das Signal zurück. Falls die beiden den nördlich von Santa Clara gelegenen Luftwaffenstützpunkt erreichen sollten, haben wir sie in genau diesem Moment in der Leitung. Vorher und nachher ist Funkstille vereinbart, man kann ja nie wissen«, sagte Carlsen und setzte sich in seinen weißen Ledersessel, der bedenkliche Geräusche unter der zu tragenden Last von sich gab.
    Die nächsten zehn Minuten verstrichen quälend langsam. Adamski kam dazu das Bild einer Schnecke auf Krücken in den Sinn. Irgendjemand hatte ein Fenster geöffnet, sodass ein leichter Luftzug, der keine wirkliche Abkühlung brachte, durch die Brücke wehte. Neben dem Admiral und dem Kapitän waren noch Kathrin Parker und ein weiterer Offizier – ein großer hagerer Kerl mit schweigsamem Gemüt – anwesend. Alle starrten gebannt auf den kleinen Transponder, der das Funksignal mittels eines roten Punkts auf einen Monitor übertragen sollte, auf dem die Topografie der Insel abgebildet war. Der Sekundenzeiger auf der Weltzeituhr quälte sich von Strich zu Strich, dann endlich kam das erlösende Geräusch aus dem Äther und ein roter Punkt illuminierte sich in den virtuellen Küstengewässern zwischen Playa Giron und Trinidad.
    Ein allgemeines Aufatmen machte die Runde. Der erste Teil war geschafft. Flying Fish hatte die lange Distanz bis ins Operationsgebiet in der vorgegebenen Zeit geschafft. In diesem Augenblick waren Spacy und Hunter augenscheinlich an die Oberfläche aufgestiegen, um unterhalb des Radars, nahezu in Bodennähe, ihrem Bestimmungsort entgegen zu fliegen.
    »Ich kenne diese Verrückten mittlerweile wie meine eigenen Söhne. Hunter hat einen erstklassigen Apparat konstruiert. Mit dem Ding könnte man zum Mond fliegen und wieder zurück. Und Spacy landet mit verbundenen Augen eine 747 auf einer Bananenschale, wenn es hart auf hart kommt«, sagte der Kapitän und ballte dabei seine gewaltigen Fäuste.
    »Dann lassen Sie uns beten, dass Castros Kampfjets nur flügellahme Enten und die Raketenabwehrstellungen mit Wattebäuschen geladen sind«, orakelte Admiral Adamski und fletschte dabei die Zähne.

KAPITEL 36
18.03., 02.05 Uhr
Kuba
    F lying Fish preschte mit dem surrenden Geräusch seiner Rotorblätter über die üppige Vegetation der Insel, die sich als fluoreszierende Digitallandschaft vor den Augen der beiden Piloten auftat. Seit ihrem Auftauchen aus dem Ozean in der geschichtsträchtigen Schweinebucht waren die beiden Männer nun eine knappe Viertelstunde in der Luft und hatten lediglich einige Hotelresorts, Dörfer und Autos aus den Zeiten der Erfindung des Rades in ihren Wärmebildkameras erspäht. Sie flogen abseits der üblichen Verkehrswege und schmiegten sich in weniger als 30 Metern Höhe an das von Mangrovenwäldern dominierte Gelände. Ihr Flug glich der Fahrt einer Gondel über eine Achterbahn. Der Supercomputer der Maschine analysierte das vor ihm liegende Bodenprofil über einen Passivscanner, woraufhin der Autopilot die Maschine eigenständig steuerte und Spacy und Hunter mit plötzlichen Hüpfern und Schwenks überraschte. Die Sprünge kamen so unvermittelt, dass die Männer sich fester angurteten, als sie es sonst taten. Das computergesteuerte Navigationssystem erkannte selbst kleinste Erhebungen und Hindernisse, wie etwa Stromleitungen und Telefonmasten, sodass für einen ständigen Adrenalinschub gesorgt war, wenn sie in Grasnarbenhöhe vorwärts schossen. Spacy und Hunter hatten den Vogel so programmiert, dass er größeren Lichtquellen automatisch ausweichen sollte. Mit etwas mehr als 200 Meilen pro Stunde und fast ohne Sicht über eine unbekannte Gegend zu fliegen, war eine physische wie psychische Belastung, der kaum jemand gewachsen war. Insgeheim freute sich Spacy deshalb darauf, bald selber wieder das Steuer zu übernehmen, sobald das Zielgebiet erreicht war.
    »Ich hätte schwören können, gerade die Einfahrt zu einem Drive-in gesehen zu haben«, sagte Spacy mit einem schelmischen Grinsen.
    »Vergiss es, der nächste McDonald’s steht irgendwo in Florida«, antwortete Hunter.
    »Und ich hatte mich