Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
beruhigend aus den Deckenlautsprechern erklang. Niemand schenkte dem ungleichen Paar in der hinteren Ecke Aufmerksamkeit. Als die Getränke gebracht wurden, eröffnete Miller das Gespräch.
»Ich darf mich nochmals bedanken, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind, Kevin. Ich darf Sie doch Kevin nennen, oder?«
»Klar, kein Problem, Mr Cooper. Sie sind der Boss.«
»Prima. Wie ich ja bereits am Telefon gesagt habe, bin ich unter etwas ungewöhnlichen Umständen auf Sie aufmerksam geworden, Kevin. Sie wissen schon, diese Kundenliste von dem Online-Casino. Eigentlich werfe ich da nie einen Blick rein. Aber ich war auf der Suche nach einem alten Bekannten, der Schulden bei mir hat. Der alte Bekannte gab vor, kein Geld zu haben. Da ich wusste, dass es sich um einen notorischen Spieler handelt, habe ich mir gedacht, vielleicht spielt der Kerl auch mal in einem der Online-Casinos, an denen ich mich beteiligt habe. Das war zwar nicht ganz legal, schließlich gibt es ja so etwas wie Datenschutz, aber was soll`s, ich wollte ja auch nur ihn überprüfen und mein Geld zurück«, erzählte Miller seine Geschichte, die er um einige erfundene Details erweitert hatte.
»Und, haben Sie ihn auf der Liste entdeckt?«, fragte Flynn und kippte das erste Bier runter.
Miller rückte ein Stück näher an Flynn heran.
»Er war auf der Liste. Und sein Konto zeigte einen großen fünfstelligen Betrag an, mit dem er im Plus war«, log Miller und sah dabei Flynn an, der leise durch die Zähne pfiff.
»Daraufhin hatte ich ihn natürlich in der Hand. Und er zahlte seine Schulden, bis auf den letzten Cent.«
Flynn war sich sicher, dass er es bei Nelson Cooper mit einem cleveren Geschäftsmann zu tun hatte. Aber dass ausgerechnet er für einen Mann seines Kalibers wichtig sein könnte, erschien ihm immer noch merkwürdig. Hoffentlich hatte der Kerl keine anderen Ambitionen, denn dann würden hier gleich die Fäuste fliegen.
»Schön. Aber wie ich schon am Telefon gesagt habe, ich kann das Geld nicht zurückzahlen. Ich habe mich verzockt. Alles, was ich hatte, ist weg. Ich war blöd genug, zu glauben, ich würde irgendwann eine Glückssträhne landen. Und plötzlich waren alle meine Kreditkarten dermaßen belastet, dass sie gesperrt wurden«, stellte Flynn verbittert fest.
Er hatte es wegen seiner kranken Tochter riskiert, weil er ihr eine bessere ärztliche Versorgung ermöglichen wollte. Und plötzlich war er in einen Teufelskreis geraten und sah kein Licht mehr am Horizont.
»Ich weiß. Zweiundzwanzig Kreditkarten. Alle eingezogen. Und die Summe war nun wirklich nicht der Rede wert.«
»Für Sie vielleicht. Für mich waren die zwölftausend Dollar alles, was ich hatte«, sagte Flynn verärgert und nahm das zweite Glas Bier entgegen, das er fast im Zug leerte und zurück auf den Tisch stelle. Er hatte schon seit Wochen kein gezapftes Bier mehr getrunken, und er war dankbar dafür, in diesen überteuerten Laden nicht selber zahlen zu müssen.
Miller überlegte einen Moment und wog seine Worte genau ab.
»Entschuldigen Sie, Kevin, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Sie haben natürlich Recht. Es ist viel Geld. Aber das war der Punkt, der mich auf dieser Liste fasziniert hat. Ein relativ kleiner Betrag und so viele Karten. Da drängte sich bei mir der Verdacht auf, dass da jemand ganz schön in der Klemme steckt. Es hat mich einfach neugierig gemacht.«
Miller drehte sein Bierglas, von dem er noch keinen Schluck getrunken hatte, vorsichtig in den Händen. Er warf einen Blick in den Raum und registrierte eine Frau an der Bar, die ihn anscheinend interessant fand. Er strafte sie mit einem herablassenden und arroganten Blick, woraufhin sich die Frau frustriert umdrehte. Flynn bekam davon nichts mit, da er mit sich selber beschäftigt war und Cooper etwas entlocken wollte.
»Und da haben Sie gedacht, Sie rufen mich einfach mal an und schenken mir eine Eintrittskarte fürs Theater. Sind Sie so eine Art barmherziger Samariter?«
Miller verzog die Lippen zu einem schmalen Grinsen.
»Ich würde eher sagen, eine Art moderner Robin Hood.«
»Wie meinen Sie das?«
»So wie ich es gesagt habe. Den Reichen nehmen, den Armen geben. Wobei man die Armen manchmal zu ihrem Glück zwingen muss. Sehen Sie, Kevin, es verhält sich doch so: Wer die Band bezahlt, bestimmt, welche Musik gespielt wird. Wer das Geld hat, hat die Macht. Ich fische mir einen Gestrandeten aus dieser Kundenliste, recherchiere über seinen Hintergrund, stelle fest, dass er
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