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Defekt

Defekt

Titel: Defekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sprechen,
verstanden?“
    „Was würde das auch bringen?“

„Egal, was es bringt, du hältst den Mund. Und jetzt
erklärst du mir bitte, woher zum Teufel du wusstest, dass ich heute Abend hier
sein würde, und wie du darauf gekommen bist, mich anzusprechen.“
    „Ein tolles Motorrad.“ Der Obdachlose blickt über
die Straße. „Schwer zu übersehen. Viele Leute hier sind darüber im Bilde, dass
du mal Detective bei der Mordkommission warst und jetzt in irgendeinem
Polizei-Ausbildungslager nördlich von hier als privater Ermittler arbeitest.“
    „Was? Bin ich etwa der Bürgermeister?“
    „Du bist Stammgast. Außerdem habe ich dich zusammen
mit ein paar anderen Harley-Fahrern gesehen. Seit Wochen beobachte ich dich
jetzt schon und warte auf eine Gelegenheit, mit dir zu reden. Ich treibe mich
in der Gegend herum und tu mein Möglichstes. Keine gute Phase momentan, aber es
kann ja nur besser werden.“
    Marino holt die Brieftasche heraus und drückt ihm
einen Fünfziger in die Hand.
    „Wenn du mehr über das Mädchen rauskriegst, das
letztens hier war, wirst du es nicht bereuen“, sagt er. „Wo kann ich dich
erreichen?“
    „Ich bin jeden Abend woanders. Wie ich schon sagte,
ich tu mein Möglichstes.“
    Marino gibt ihm seine Mobilfunknummer.
     
    „Noch eins?“, fragt Rosie, als Marino ins Lokal
zurückkehrt.
    „Besser ein bleifreies. Erinnerst du dich an einen
gut aussehenden blonden Arzt, der kurz vor Thanksgiving mit einem Mädchen hier
war? Er und der Typ, den du gerade rausgeschmissen hast, haben zusammen
Billard gespielt.“
    Rosie mustert ihn nachdenklich, wischt den Tresen ab
und schüttelt dann den Kopf. „In diesem Laden herrscht ein ständiges Kommen
und Gehen. Außerdem ist es schon lange her. Von wie vielen Tagen vor
Thanksgiving reden wir denn?“
    Marino beobachtet die Tür. Es ist kurz vor zehn.
„Vielleicht vom Abend davor.“
    „Nein, da fragst du die Falsche. Ich weiß, es ist
schwer zu glauben“, erklärt sie, „aber ich habe auch ein Privatleben und
verbringe nicht jeden gottverdammten Abend hier. Zu Thanksgiving war ich nicht
da, sondern bei meinem Sohn in Atlanta.“
    „Angeblich ist ein Mädchen, das Schwierigkeiten
machte, an diesem Abend mit dem Arzt, von dem ich dir erzählt habe, hier
gewesen. Und zwar an dem Abend, bevor er gestorben ist.“
    „Keine Ahnung.“
    „Vielleicht war sie ja an dem Abend, an dem du in
Atlanta warst, mit dem Arzt in dieser Kneipe.“
    Rosie wienert weiter am Tresen herum. „Ich will
keine Schwierigkeiten in meinem Laden.“
     
    Lucy sitzt am Fenster neben der Jukebox. Marino
nimmt an einem Tisch auf der anderen Seite des Tresens Platz. Der Knopf in
seinem Ohr ist mit einem Gerät verbunden, das aussieht wie ein Mobiltelefon.
Marino trinkt alkoholfreies Bier und raucht.
    Wie immer achten die Stammgäste nicht auf ihn. Jedes
Mal, wenn Lucy mit Marino hier ist, sitzen dieselben Verlierer auf denselben
Barhockern, rauchen Mentholzigaretten und trinken Leichtbier. Rosie ist ihre
einzige Kontaktperson außerhalb ihres kleinen Clubs gescheiterter Existenzen.
Sie hat Lucy einmal erzählt, die stark übergewichtige Frau und ihr magerer
Freund hätten früher in einem teuren bewachten Stadtviertel von Miami gewohnt.
Doch dann ist er ins Gefängnis gewandert, weil er versucht hat, einem
Zivilpolizisten Speed zu verkaufen. Nun muss die dicke Frau ihn mit ihrem
Gehalt als Bankangestellte durchfüttern. Der dicke Mann mit dem Ziegenbärtchen
ist Koch in einem Schnellrestaurant, das Lucy sicher niemals mit ihrer
Gegenwart beehren wird. Er kommt jeden Abend her und betrinkt sich, schafft es
aber trotzdem noch, mit dem Auto nach Hause zu fahren.
    Lucy und Marino tun so, als wären sie einander nie
begegnet. Obwohl sie dieses Spiel bei den verschiedensten Einsätzen schon
unzählige Male getrieben haben, kommt sich Lucy dabei immer noch albern und
gleichzeitig beobachtet vor. Sie mag es nicht, wenn man ihr nachspioniert, auch
wenn es ihre eigene Idee gewesen ist. Und obwohl Marino allen Grund hat, heute
Abend hier zu sein, stört sie seine Anwesenheit.
    Sie überprüft das drahtlose Mikrofon in ihrer
Lederjacke und beugt sich vor, als wolle sie sich die Schuhe binden, damit
niemand am Tresen sie sprechen sehen kann. „Bis jetzt nichts“, meldet sie
Marino.
    Es ist drei Minuten nach zehn.
    Sie wartet. Marino den Rücken zugewandt, trinkt sie
alkoholfreies Bier und übt sich in Geduld.
    Immer wieder ein Blick auf die Uhr. Inzwischen ist
es acht nach

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